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Studie klärt, was von Small Modular Reactors (SMR) zu erwarten ist

SMRs stecken noch in den Kinderschuhen, in sehr alten

Small Modular Reactors (SMRs) sind Kernkraftwerke mit geringer Leistung, deren Entwicklung bis in die 1950er Jahre zurück geht. Derzeit erfährt das SMR-Konzept wieder größere Aufmerksamkeit, da sie als sichere und klimafreundliche Stromerzeuger propagiert werden.

Was also ist von SMR zu halten? Das Öko-Institut hat gemeinsam mit der TU Berlin sowie dem Physikerbüro Bremen ein wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) erstellt.

Die Wissenschaftler liefern darin einen Überblick der gegenwärtig international unter dem Begriff SMR verfolgten Reaktorkonzepte, eine wissenschaftliche Einschätzung zu möglichen Einsatzbereichen und den damit verbundenen Sicherheitsfragen und Risiken.

SMR: Die Arbeitsdefinition für das Gutachten

31 von insgesamt 136 ermittelten Konzepten betrachten die Wissenschaftler im Detail. „SMR“ ist heute in aller Munde, trotzdem gibt es bis heute keine international einheitliche Definition für diesen Begriff. Die Bandbreite der durch Small Modular Reactors erfassten Konzepte reicht von „heutigen“ Leichtwasserreaktoren mit geringer Leistung bis hin zu andersartigen Konzepten, für die bislang wenig oder keine industrielle Vorerfahrung vorliegt, beispielsweise Hochtemperatur- oder Salzschmelze-Reaktorkonzepte.

Im Gutachten werden SMRs wie folgt definiert: „‘Small Modular Reactors‘ sind Reaktoren, bei denen ein einzelner Reaktor eine elektrische Leistung von weniger als 300 Megawatt elektrisch (MWe) oder eine thermische Leistung von weniger als 1.000 Megawatt thermisch (MWth) aufweist. Dabei kann es sich sowohl um wassergekühlte als auch um sonstige (nicht-wassergekühlte) Reaktorkonzepte handeln.“

Keine realistische Antwort auf die Klimakatastrophe

SMRs werden auch als Lösung für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen der globalen Stromversorgung vorgeschlagen. Hierbei wäre die mit ihnen erzielte Stromproduktion relevant: Heutige neue Kernkraftwerke weisen elektrische Leistungen im Bereich von 1.000 bis 1.600 MWe auf. Die in der Studie betrachteten SMR-Konzepte sehen dagegen geplante elektrische Leistungen von 1,5 bis 300 MWe vor. Entsprechend wäre zur Bereitstellung derselben elektrischen Leistung eine um den Faktor 3 bis 1.000 größere Anzahl an Anlagen erforderlich.

Anstelle von heute etwa 400 Reaktoren mit großer Leistung würde dies also den Bau von vielen tausend bis zehntausend SMR-Anlagen bedeuten. Dabei sind aber Fragen zu Sicherheit, Transport, Rückbau sowie zur Zwischen- und Endlagerung bislang ungeklärt.

Wirtschaftlichkeit: Lohnen sich SMR?

Small Modular Reactors versprechen durch ihre Modularität kürzere Produktionszeiten sowie geringere Produktionskosten. Einzelne Komponenten oder auch der gesamte SMR sollen industriell (massen-)gefertigt und bei Bedarf zu den ausgewählten Standorten zur Installation transportiert werden.

Durch die geringe elektrische Leistung sind bei SMRs die Baukosten – relativ betrachtet – höher als bei großen Atomkraftwerken. Eine Produktionskostenrechnung unter Berücksichtigung von Skalen-, Massen- und Lerneffekten aus der Atomindustrie legt nahe, dass sehr viele SMRs – im Mittel mehrere Tausend – produziert werden müssten, bevor sich der Einstieg in die SMR-Produktion lohnen würde.

Schnelligkeit dank SMR?

Eine weitere wesentliche Begründung für die Entwicklung von SMR-Konzepten ist die Erwartung kürzerer Zeithorizonte, insbesondere geringerer Bauzeiten und unter Umständen auch ein weniger komplizierter Rückbau. Die Betrachtung aktuell im Bau oder in Betrieb befindlicher Anlagen lässt diese Vermutung als nicht empirisch fundiert erscheinen: Planungs-, Entwicklungs- und Bauzeiten übersteigen die ursprünglichen Zeithorizonte in der Regel um ein Vielfaches.

Sicherheitstechnische Anforderungen

Spezielle Einsatzszenarien wie die Modularität, neue Herstellungsverfahren, Materialien und technologische Lösungen für die Sicherheitsfunktionen erfordern vielfach neue regulatorische Ansätze. Bei einer geplanten, weltweiten Verbreitung von SMRs ergeben sich damit vollkommen neue Fragestellungen für die zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden.

Insgesamt könnten SMRs potenziell sicherheitstechnische Vorteile gegenüber Atomkraftwerken mit großer Leistung erzielen, da sie ein geringeres radioaktives Inventar pro Reaktor aufweisen und durch gezielte Vereinfachungen und einen verstärkten Einsatz der Nutzung passiver Systeme ein höheres Sicherheitsniveau anstreben.

Die hohe Anzahl an Reaktoren zur Bereitstellung signifikanter Mengen elektrischer Leistung und ihre geplante weltweite Nutzung werden das Risiko jedoch wiederum um ein Vielfaches erhöhen. Auch verfolgen viele SMR-Konzepte den Anspruch auf reduzierte Sicherheitsanforderungen beispielsweise mit Blick auf die Diversität bei Sicherheitssystemen. Manche SMR-Konzepte fordern sogar den Verzicht auf heutige Anforderungen ein, so im Bereich des anlageninternen Notfallschutzes. Andere verzichten vollständig auf eine externe Notfallschutzplanung.

Im Falle einer weltweitern Verbreitung von Small Modular Reactors steigt die Gefahr der Proliferation – also der Nutzung für militärische Zwecke wie der Herstellung von Kernwaffen.

Studie „Sicherheitstechnische Analyse und Risikobewertung einer Anwendung von SMR-Konzepten (Small Modular Reactors)“ des Öko-Instituts