Alte Handys für einen guten Zweck: Urban Mining in Form einer Sammelaktion
Im Rahmen seines Freiwilligen Ökologischen Jahres beim Öko-Institut am Standort Freiburg hat Paul Brummack alte Handys gesammelt, um durch einen Verkauf ihre Nutzungsdauer zu verlängern und den Erlös an „Ärzte ohne Grenzen“ zu spenden. In diesem Beitrag berichtet er von seinem Projekt.
An einem Abend im März diesen Jahres saß ich mit meiner Familie und einer Freundin beim Essen. Dabei kam das Thema unserer Smartphone-Nutzung auf und die Freundin erzählte, dass sie zu Hause noch ihr ehemaliges Handy herumliegen habe. Ihr fehle einerseits die Zeit, es zurückzusetzen und weiterzugeben, andererseits sei es zu wertvoll, um es beim nächsten Wertstoffhof abzugeben. Mir wurde klar, dass sie sicher nicht die einzige Person mit diesem Problem war. Und so entstand die Idee für mein FÖJ-Projekt. Über einen Zeitraum von etwa fünf Monaten sammelte ich Handys in meinem Bekanntenkreis, um ihre Nutzungsdauer durch einen Verkauf zu erhöhen.
Handys als wertvolle Ressource
Fast drei Millionen elektronische Altgeräte sind es, die in Deutschland ungenutzt herumliegen – darunter nicht nur Handys, sondern auch Tablets oder Laptops. Hintereinandergelegt wären diese Geräte länger als der Äquator, zusammen wiegen sie etwa das fünffache des Berliner Fernsehturms. Bei etwa 70 Prozent dieser Geräte handelt es sich um Handys: Von denen besitzen 87 Prozent der Deutschen mindestens eines, ohne es zu benutzen (Bitkom, 2022).
Durchschnittlich etwa 75 Prozent der Emissionen, die ein Smartphone verursacht, entstehen bei der Herstellung. Die Liste der wertvollen Rohstoffe, die in jedem Smartphone stecken, ist lang. Gold, Lithium, Kobalt und Aluminium sind nur einige von vielen. Zwar lassen sich durch Recyclingprozesse zumindest Teile davon zurückgewinnen, häufig aber selbst das nur zu unzureichenden Anteilen (UBA, 2023). Laut der Deutschen Umwelthilfe verbraucht ein Smartphone in der Produktion circa 70 Kilogramm an natürlichen Ressourcen. Ein weiteres Problem: Die katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Produktion, oft spielt auch Kinderarbeit eine Rolle (Amnesty International, 2016).
Kurz: Ein Handy kommt nicht ohne Schaden für die Umwelt. Nun sind elektronische Geräte mit all ihren Vorteilen nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Die negativen Umweltauswirkungen lassen sich jedoch verringern. Möglichst klein halten können wir die Auswirkungen vor allem durch eine Verlängerung der Nutzungsphase.
Die Handysammelaktion
Mein größter Zweifel an dem Projekt war anfangs, ob ich ausreichend Geräte erhalten würde. Aber als mit der Zeit immer mehr Menschen von meiner Idee erfuhren, hatte ich schnell so viele Handys gesammelt, dass das Problem eher war, dass mir die Zeit für das Verkaufen fehlen könnte.
Ich erhielt Handys von Freund*innen, Arbeitskolleg*innen, Nachbar*innen, entfernteren Bekannten, Schüler*innen und Eltern vom Theodor-Heuss-Gymnasium in Freiburg, an deren Nachhaltigkeitstag ich mein Projekt vorstellen durfte, aber auch von Fremden, die über Ebay oder Aufrufe im Internet auf meine Aktion aufmerksam geworden waren.
Vielen Dank an alle, die mir ihr Handy gegeben oder zugeschickt haben!
Verkauf und Spende
Mein Ziel war, zumindest für die hochwertigsten und neuesten Geräte eine neue Besitzer*in zu finden, um ihnen so (datenbereinigt) ein zweites Leben zu schenken und damit ihre Nutzungsphase zu verlängern. In kurzer Zeit wurde deutlich, dass sich für sehr viele Handys eine Abnehmer*in finden lässt
– auch alte Smartphones und Tastenhandys können noch von Menschen gebraucht werden. Sei es als Ersatzteillager oder als Zweithandy.
Der Erlös pro verkauftem Handy lag bei durchschnittlich etwa 15 Euro. Insgesamt habe ich 71 Geräte einer weiteren Nutzung zugeführt, darunter in erster Linie Smartphones und Tastenhandys, aber auch Tablets, iPods, ein Laptop, eine Lampe, ein defekter DVD-Spieler, eine Kamera und ein Akku-Ladegerät. Außerdem einige einzeln verkaufte Ladekabel und Kopfhörer.
Der Erlös aus den Verkäufen beläuft sich auf insgesamt 1.101 Euro. Das Geld spendete ich an die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ die mit ihren Spenden medizinische Nothilfe in über 50 Ländern leistet – an Opfer von Epidemien, Naturkatastrophen oder Kriegen.
Vor einigen Monaten hätte ich niemals mit einer so hohen Summe gerechnet, ich bin begeistert, wie gut alles funktioniert hat.
Handys für Hummel, Biene und Co. – Sammelaktion des NABU
Etwa 100 Handys konnte ich nicht verkaufen.
Diese werde ich an den NABU spenden, der seit 2011 Handys sammelt und von seinem Recyclingpartner dafür Geld für den NABU-Insektenschutzfonds erhält.
Mit Geld aus diesem Fonds werden deutschlandweit Projekte gefördert, die beispielsweise der Umwandlung von Ackerrand- zu Blühstreifen dienen.
Alle Informationen zur Handysammelaktion des NABU sind hier zu finden.
Verantwortung für alte Geräte übernehmen
Die wirksamste Maßnahme, um den ökologischen Fußabdruck eines Handys zu verringern, ist eine möglichst lange Nutzungsphase. Verwende es so lange wie möglich mit einer Schutzhülle, um möglichen Defekten vorzubeugen. Lass es bei einem Displayschaden oder einem schwachen Akku reparieren, statt ein neues zu kaufen. Und wenn ein neues (gebrauchtes) Handy notwendig ist, übernimm unbedingt Verantwortung für das alte: Sorge am besten dafür, dass es weiter verwendet wird oder spende es an eine Organisation wie den NABU. Wie eine guter Umgang mit nicht mehr gebrauchten Geräten aussehen könnte, hat Lucía Gascón Castillero in diesem Blogbeitrag beschrieben.
Tipps, um alte Handys weiterzugeben:
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Smartphones unbedingt auf ihre Werkseinstellungen zurücksetzen
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SIM-Karte oder mögliche SD-Karte entfernen.
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falls möglich, Zubehör wie Ladekabel mitgeben
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Beim Verkauf, das Modell und den Zustand des Handys kurz beschreiben und einige Fotos hochladen
Paul Brummack hat sein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Öko-Institut am Standort Freiburg im Bereich Produkte & Stoffströme verbracht.