Auf der Suche nach dem Endlagerstandort: der „Zwischenbericht Teilgebiete“
Ende September 2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) den „Zwischenbericht Teilgebiete“ veröffentlicht. Darin werden erstmals Teile Deutschlands von der Endlager-Standortsuche ausgeschlossen. Etwa 54 Prozent des Bundesgebiets bleiben aber im Rennen. Wie dieser Zwischenbericht einzuschätzen ist, schreibt der Geologe Dr. Saleem Chaudry.
Bisher reißt sich niemand darum, die hochradioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken und Forschungsreaktoren unterirdisch zu beherbergen. Doch aus unserer Sicht als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts führt kein Weg an einer Endlagerung des hochradioaktiven Abfalls im geologischen Untergrund vorbei. (Details dazu in unserem Informationsportal „Endlagerung“).
Detaillierte Infos zu jedem Teilgebiet
Alle Teilgebiete, die der Zwischenbericht identifiziert hat, sind auf der Webseite der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) in einer interaktiven Deutschlandkarte dargestellt. Ein Mausklick auf einen Ort öffnet ein Fenster mit weiteren Informationen. Alternativ kann durch die Eingabe von Postleitzahl oder Ortsnamen gesucht werden. Im Infofenster werden die Bezeichnung des Teilgebiets angezeigt sowie
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eine alphanumerische ID,
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der Gesteinstyp,
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eine stratigraphische Zuordnung, das heißt eine Angabe zum Alter des Gesteins sowie
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ein Link zu einer jeweils eigenen Webseite mit Erläuterungen zu dem Teilgebiet.
Was bedeutet Teilgebiet eigentlich?
Teilgebiete sind keine geographischen oder politischen Gebiete: Es gibt kein Teilgebiet „Schwarzwald“ oder Teilgebiet „Landkreis Saarlouis“. Mit dem Begriff werden geeignete Gesteinseinheiten beschrieben, die möglicherweise ein Endlager aufnehmen können. So können auch mehrere Teilgebiete übereinanderliegen. Im Infofenster der BGE-Karte wird das durch den Hinweis „1 von X“ gekennzeichnet, also beispielsweise „1 von 4“. Mit zwei Pfeilen kann man zwischen den verschiedenen Teilgebieten, die einen Ort betreffen, wechseln.
Es wurden insgesamt 90 Teilgebiete benannt. Die kleinsten umfassen nur sechs, das größte 62.885 Quadratkilometer. Für alle gilt: Bisher gibt es nicht genug Informationen, um eines davon als Endlagerstandort festzulegen. Das ist auch noch gar nicht vorgesehen. In Zukunft werden eingehendere Untersuchungen vorgenommen, weitere standortspezifische Daten gesammelt und die vorliegenden Informationen immer wieder aufs Neue bewertet werden. Dazu dienen Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und Abwägungskriterien, die im Jahr 2017 im Standortauswahlgesetz festgelegt wurden.
Der „Zwischenbericht Teilgebiete“
Viele Kriterien konnte die Bundesgesellschaft für Endlagerung im Zwischenbericht Teilgebiete nur pauschal betrachten, weil Detailinformationen fehlen. Trotzdem ist die Fülle an Daten gewaltig: Der Zwischenbericht besteht aus 74 Unterlagen, die dickste ist 96.907 Seiten lang. Das Standortauswahlgesetz sieht vor, dass alle entscheidungsrelevanten Informationen offengelegt werden müssen. Leider sind manche Texte bislang noch geschwärzt, weil sie nicht dem Staat, sondern Privatpersonen oder Unternehmen gehören.
Hier soll das neue Geologiedatengesetz für Klarheit sorgen. Darin werden die Anforderungen definiert, anhand derer die Veröffentlichung von Geodaten zukünftig organisiert werden soll. Es muss abgewartet werden, ob der im Standortauswahlgesetz formulierte Anspruch an ein transparentes Verfahren damit umgesetzt werden kann.
Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen
Apropos Nachvollziehbarkeit: Möchte man wissen, warum beispielsweise der Darmstädter Luisenplatz aus der Standortsuche ausgeschlossen wurde, hilft die interaktive Karte nicht weiter. Denn die weißen Flächen der ausgeschlossenen Gebiete sind nicht mit Informationen hinterlegt. Den Ausschluss kann man jedoch über die beiden Dokumente zur Anwendung der Ausschlusskriterien beziehungsweise der Mindestanforderungen nachvollziehen. Wenn das Gebiet erst bei der Abwägung ausgeschlossen wurde, gibt die Anlage 1B zur Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien Aufschluss.
Wie es weiter geht: Die Fachkonferenz im Februar 2021
Am 17. und 18. Oktober 2020 hat als formelles Beteiligungsformat die Fachkonferenz Teilgebiete zum ersten Mal getagt. In der Fachkonferenz kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger in die Diskussion einbringen. Aufgrund der Pandemie fand die Auftaktveranstaltung allerdings nur virtuell statt. Dort hat die BGE am Samstag ihren Zwischenbericht vorgestellt und Fragen beantwortet.
Am Sonntag dann wurde unter Federführung des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) über die Organisation der Fachkonferenz und den weiteren Verlauf beraten sowie eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des nächsten Termins gewählt.
Dieser findet vom 4. bis zum 7. Februar 2021 in Kassel statt. Darüber hinaus bietet die BGE bereits Online-Sprechstunden zu jedem Teilgebiet an, deren Termine über die Homepage der BGE abrufbar sind. Fragen können Interessierte auch telefonisch 05171 543 9000 und per E-Mail stellen.
Dr. Saleem Chaudry ist Geologe und beschäftigt sich mit der Entsorgung radioaktiver Abfälle im Bereich Nukleartechnik & Anlagensicherheit am Standort Darmstadt.
Weitere Informationen
Das „Informationsportal Endlagerung“ des Öko-Instituts
Interaktive Karte der Bundesgesellschaft für Endlagerung
Der Zwischenbericht Teilgebiete (pdf)
Pressemitteilung des Nationalen Begleitgremiums zur Fachkonferenz
Infoplattform zur Endlagersuche des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung