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Bereit oder nur bewusst?

Umweltbewusstsein und Konsumverhalten sind eng verzahnt. Marlene Münsch, Projektmanagerin bei ConPolicy, war beteiligt an der qualitativen Forschung in der Umweltbewusstseinsstudie und nennt hier einige wesentliche Erkenntnisse aus der Untersuchung.

bewusster Umwelt- und Klimaschutz bei Verbraucher*innen

Was wir denken

Anhaltende Trockenheit, Niedrigwasser oder Dürren. 85 Prozent der Deutschen spüren diese Folgen der Klimakrise. Mehr als zwei Drittel halten daher auch Anpassungsmaßnahmen wie etwa den Umbau von Wäldern für erforderlich. Gleichzeitig befürworten sie es, die Wirtschaft umwelt- und klimafreundlich umzubauen – 72 Prozent sehen etwa eine hohe Relevanz bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft. Doch muss die Transformation sozial verträglich geschehen. Denn mehr als drei Viertel befürchten, dass die Kluft zwischen Arm und Reich durch den Umbau der Wirtschaft wächst.

Dies alles zeigt die Umweltbewusstseinsstudie 2022, die ConPolicy – Institut für Verbraucherpolitik gemeinsam mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) für das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt durchgeführt hat. Sie erscheint alle zwei Jahre und basiert auf einer repräsentativen Befragung von etwa 2.000 Bürger*innen. „Das Umweltbewusstsein in Deutschland ist seit vielen Jahren recht stabil auf hohem Niveau“, sagt Marlene Münsch, Projektmanagerin bei ConPolicy.

 

In einigen Dimensionen hat das Umweltbewusstsein aber auch abgenommen. Bei der Frage, ob jede*r Einzelne Verantwortung dafür trägt, dass wir nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen, ist die Zustimmung zum Beispiel deutlich gesunken.
Marlene Münsch
Projektmanagerin bei ConPolicy

Was wir zu tun bereit sind

Die Umweltbewusstseinsstudie blickt auch auf die Frage, in welchen Bereichen die Menschen bereit sind, sich in Zukunft klimafreundlicher zu verhalten, sofern sie das nicht heute schon tun. So sind etwa 21 Prozent der Befragten in Zukunft bereit, energieeffiziente Geräte zu kaufen, 18 Prozent würden weniger tierische Produkte konsumieren und 15 Prozent die Heiztemperatur senken. „Sehr wenig Zustimmung gibt es hingegen bei der Reduzierung der Wohnfläche – das würden nur vier Prozent tun. Dabei ist gerade das ein wirksamer Hebel, denn wer auf mehr Fläche wohnt, der konsumiert häufig auch mehr.“

Bei einigen umweltfreundlichen Verhaltensweisen ist das tatsächliche Handeln sogar gesunken. „Die Menschen verzichten deutlich seltener aus Klimaschutzgründen auf Flüge und beziehen häufig weniger Ökostrom als noch zwei Jahre zuvor“, so Münsch. „Das muss man aber natürlich auch vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung sehen. Die aktuelle Erhebung fiel zum Beispiel auf das Ende der Corona-Pandemie, als die Menschen sich gefreut haben, endlich wieder reisen zu können.“

In einer Vertiefungsstudie zum Verbraucherengagement zur Umweltbewusstseinsstudie, die 2024 erschienen ist, hat sich Marlene Münsch mit zahlreichen Möglichkeiten beim Konsum beschäftigt, nachhaltiger zu handeln – und der Bereitschaft, dies auch zu tun. „Wir sehen zum Beispiel, dass weniger als ein Viertel der Befragten oft bis immer gebrauchte Dinge kauft, obwohl es immer mehr Angebote und spezialisierte Plattformen dafür gibt. Und auch zum Reparieren oder Reparieren lassen sind Menschen deutlich weniger bereit als noch vor ein paar Jahren.“ Die Ursachen dafür sind vielfältig, so die Projektmanagerin. „Zum einen ist gerade bei kleineren Dingen die Reparatur oft teurer als ein Neukauf und oft gibt es auch kein Wissen dazu, welche Stellen überhaupt Reparaturen anbieten. Da ist der schnelle Ersatz meist deutlich einfacher. Zum anderen fehlen vielen Menschen heute auch die Fähigkeiten, Dinge selbst zu reparieren – das war früher viel stärker in der Gesellschaft verankert.“

Attraktiv ist für viele Befragte auf der anderen Seite das Nutzen von Sharing-Angeboten, so etwa Car-Sharing. „Die Nutzung von Car-Sharing ist in den letzten Jahren stark angestiegen und hat vor allen Dingen in Städten noch Wachstumspotenzial. Viele Menschen könnten sich vorstellen, zukünftig erstmalig Gebrauchsgegenstände zu leihen oder Car-Sharing zu nutzen.“ Zudem versucht die überwiegende Mehrheit der Menschen, langlebige und qualitativ hochwertige Produkte zu kaufen. „Leider fehlt es hier oftmals noch an guten Kennzeichnungen beispielsweise für Langlebigkeit oder Reparierbarkeit, die den Verbraucher*innen hierbei eine wirkliche Orientierung bieten.“ Ein ähnliches Problem sieht Münsch bei Mehrwegverpackungen zur Mitnahme von Essen. „Auch sie finden bei den Befragten in der Theorie einen großen Anklang. Doch bislang informieren Restaurants und Einzelhändler nicht ausreichend, so dass viele diese Option nicht kennen. Ein wirkungsvoller Ansatz wäre hier auch, Essen in Mehrweg günstiger anzubieten.“

Was wir dann auch wirklich tun

Bei der Frage nach dem Umweltbewusstsein und dem Handeln für die Umwelt stellt sich immer auch die Frage nach der sozialen Erwünschtheit. Nur wenige Menschen würden wahrscheinlich zugeben, dass ihnen die Umwelt vollkommen egal ist. Gleichzeitig gibt es viele methodische Wege, damit die Befragten eine ehrliche und nicht die sozial erwünschte Antwort geben. „Das gelingt etwa durch neutrale Formulierungen, gegenteilig formulierte Aussagen oder über eine Liste von unterschiedlichen Themen, die ihnen wichtig sind, und in der Umweltschutz dann neben dem Bildungswesen oder dem Gesundheitssystem eben nur ein Thema ist, das dann im Vergleich zu den anderen beurteilt wird.“

Marlene Münsch ist Projektmanagerin bei ConPolicy – Institut für Verbraucherpolitik. Hier war sie unter anderem beteiligt an der qualitativen Forschung in der Umweltbewusstseinsstudie und hauptverantwortlich für die Konzipierung, Umsetzung und Analyse der Erhebung „Einstellungen und Engagement von Verbraucher*innen in der Nachhaltigkeitstransformation. Vertiefungsstudie zur Umweltbewusstseinsstudie 2022“.

Weitere Informationen

Porträt von Marlene Münsch im Magazin eco@work, Ausgabe 04/2024

Studie auf der Website des Umweltbundesamtes: Umweltbewusstsein in Deutschland 2022. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage

Studie auf der Website des Umweltbundesamtes: Einstellungen und Engagement von Verbraucher*innen in der Nachhaltigkeitstransformation. Vertiefungsstudie zur Umweltbewusstseinsstudie 2022

Porträt Marlene Münsch © Barbara Dietl

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