Chinas neue Rolle im internationalen Rohstoffsektor
Der westliche Blick auf China ist nach wie vor getrübt, die Berichterstattung ist häufig einseitig und nicht immer gerechtfertigt. Die Gründe dafür finden sich in den wirtschaftlichen, politischen und auch kulturellen Unterschieden der verschiedenen Akteure. Dr. Doris Schüler wirbt für den Mut zum Perspektivwechsel und fordert den verstärkten Dialog.
Welche Rolle spielt China für die globalen mineralischen Rohstoffströme?
Rund die Hälfte des globalen Rohstoffbedarfs entfällt auf China, doch nur einen Teil davon kann es aus eigenem Abbau decken. Die überwiegende Mehrheit der benötigten Ressourcen muss das Land importieren. Europa dagegen bezieht aus China zwar wenige unverarbeitete mineralische Rohstoffe, wohl aber große Mengen an Zwischen- und Fertigprodukten. Gerade deshalb müssen alle europäischen Bemühungen um verantwortungsvolle Lieferketten immer berücksichtigen, dass ein relevanter Teil der europäischen Rohstoffströme über China läuft, wie wir im STRADE Policy Brief 02/17 herausgearbeitet haben.
Was wissen wir über aktuelle Entwicklungen im heimischen Bergbau Chinas?
China befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel hin zu mehr Umweltschutz. Der Kampf des Landes gegen die Luftverschmutzung und der Vorstoß in Richtung erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge werden regelmäßig in den internationalen Medien dargestellt. Der Rohstoffsektor steht für westliche Beobachter dagegen im Hintergrund, obwohl auch dieser sich im Umbruch befindet. Einerseits haben umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen mit dem Ziel der ökonomischen Konsolidierung zur Schließung vieler kleiner und ineffizienter Minen geführt. Andererseits strebt China als Umweltschutzmaßnahme eine zunehmende Zahl von „Green Mines“ an. Noch steht dieser Prozess ganz am Anfang – die Herausforderungen an Umwelt, Gesundheit und Sicherheit sind enorm. Insbesondere für die zahlreichen kleinen Bergwerke mit geringer Technologie, geringer Ressourceneffizienz und fehlenden technischen und finanziellen Ressourcen. Zudem: Es gibt kaum englischsprachige Berichterstattung über Chinas heimischen Bergbau und nur sehr wenige Kooperationsprojekte mit internationalen Partnern. Es scheint, dass China diesen strategischen Sektor bewusst abschottet und in Eigenregie modernisiert.
Wie entwickelt sich der chinesischen Auslandsbergbau?
Chinas internationale Bergbauaktivitäten hatten in der Vergangenheit einen sehr schlechten Ruf. Das pauschale Urteil, dass sich chinesische Bergbauunternehmen nicht um lokale, soziale und ökologische Belange kümmern, muss jedoch differenzierter betrachtet werden. Natürlich gibt es nach wie vor etliche Negativbeispiele im chinesischen Auslandsbergbau. Allerdings wächst die Zahl der ausländischen Minen, die von chinesischen Betreibern ähnlich gut oder sogar besser als von westlichen Unternehmen betrieben werden. Ein positives Beispiel ist das chinesische Unternehmen Huayou Cobalt, das als Reaktion auf eine kritische Studie von Amnesty International kurzfristig umfangreiche Aktivitäten für einen verantwortungsvollen Bergbau in der Demokratischen Republik Congo umgesetzt hat. Auch besteht seitens der chinesischen Regierung ein großes Interesse daran, die langfristig angelegte und strategisch hochrelevante Seidenstraßeninitiative (Belt & Road Initiative) nicht mit einem schlechten Ruf zu überschatten, was zu Akzeptanzproblemen in den Partnerstaaten führen könnte. Deshalb hat China erste Richtlinien zum chinesischen Auslandsbergbau erlassen. Sie befinden sich derzeit noch in der Einführungsphase und sind noch nicht verbindlich. Die erfolgreiche Umsetzung wird wesentlich von der Unterstützung und dem Druck der Zentralregierung und der lokalen chinesischen Botschaften in den Bergbauländern abhängen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist, mit dem welchem Druck die lokale Bevölkerung und die lokalen und globalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf eine Einhaltung von guten Umwelt- und Sozialstandards drängen.
Wie geht China mit verantwortungsvollen Lieferketten um?
Hier steht China noch ganz am Anfang. Vorreiter sind chinesische Unternehmen entlang der Lieferketten von Konfliktmineralien und Kobalt, die an westliche Kunden mit entsprechenden Anforderungen an eine „saubere Lieferkette“ liefern und deshalb sowohl das US-amerikanische Dodd-Franck-Gesetz als auch zukünftig die Konfliktmineralienverordnung der Europäischen Union einhalten müssen. China steht hier im Dialog mit der EU und hat in enger Zusammenarbeit mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in kurzer Zeit eigene Richtlinien entwickelt. Weitere Projekte gibt es in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem britischen Gegenstück, dem Department for International Development (DFID). Es bleibt jedoch abzuwarten, wie China mit den westlichen Forderungen nach unabhängiger Prüfung durch Drittparteien umgehen wird. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass die Forderungen nach nachhaltigen Lieferketten bisher nicht oder kaum aus der chinesischen Gesellschaft kommen, sondern von außen an China herangetragen werden. Es wird vermutlich noch einige Zeit brauchen, bis die chinesische Zivilgesellschaft verantwortungsbewusste Lieferketten einfordert. Da die Handelsströme global vernetzt sind, spielt die internationale und multilaterale Zusammenarbeit eine zentrale Rolle. Die von China initiierte „Responsible Cobalt Initiative“ und die kürzlich gestartete „Global Battery Alliance“ sind Beispiele für neue Kooperationen. Beide Initiativen haben internationale Mitglieder aus westlichen und östlichen Ländern mit Mitgliedern aus verschiedenen Stufen der Wertschöpfungsketten.
Welche Perspektiven gibt es für eine chinesisch-europäische Kooperation in der Rohstoffpolitik?
China ist zu einem wichtigen Partner im internationalen Dialog zu nachhaltigen Wertschöpfungsketten bei mineralischen Rohstoffen geworden. Dieser Dialog muss trotz großer Herausforderungen wie Sprachbarrieren, unterschiedlicher wirtschaftlicher und politischer Systeme, unterschiedlicher Transparenzansätze, fehlender Informationen und kultureller Unterschiede fortgesetzt werden. Dazu gehören aus Sicht der Europäischen Union auch unzureichende chinesische Verpflichtungen für Transparenz sowie Defizite in der Ausgestaltung der Belt & Road Initiative hinsichtlich ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit und Miteigentum der Partnerländer. Trotz dieser Differenzen sollte Europa jedoch das hohe Potenzial Chinas für eine schnelle Transformation nicht unterschätzen. Ein starker politischer Wille vorausgesetzt, können chinesische Unternehmen in relativ kurzer Zeit bedeutende Veränderungen vornehmen und soziale und ökologische Themen ganz oben auf die Tagesordnung setzen, wie die jüngsten Bemühungen des Unternehmens Huayou Cobalt um eine verantwortungsvolle Kobaltbeschaffung zeigen.
Wie hat das Öko-Institut bisher zum Thema „China & europäische Rohstoffpolitik“ gearbeitet?
Im STRADE Policy Brief 03/18 beleuchtet das Öko-Institut die aktuellen Entwicklungen in China zu verantwortungsvollem Bergbau und zu verantwortlichen Lieferketten von mineralischen Produkten. Außerdem veranstalteten wir im September 2017 in Peking den Stakeholder-Workshop "Cooperation on sustainable raw materials for China and Europe" gemeinsam mit den Partnern des europäischen Forschungsprojekts STRADE (Strategy Dialogue on Sustainable Raw Materials for Europe). Zuvor nahm das STRADE-Team an der China Mining Exhibition and Conference 2017, Chinas größter Konferenz zur Mineralgewinnung, teil. Die Zusammenarbeit mit chinesischen Organisationen und Experten wird das Öko-Institut sicherlich in kommenden Projekten, insbesondere wenn nachhaltige internationale Lieferketten im Fokus stehen, fortsetzen.
Dr. Doris Schüler forschte in dem Gebiet der "Nachhaltigen Ressourcenwirtschaft" und ist Projektleiterin im europäische Forschungsprojekt STRADE.
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