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Circular Economy bei Kleidung nur mit politischen Instrumenten zu erreichen

Welche politischen Instrumente gibt es, um zirkuläre Geschäftsmodelle in der Bekleidungsbranche zu etablieren? Jennifer Danneck hat sie analysiert.

Welche politischen Instrumente sind nötig, damit zirkuläre Geschäftsmodelle in der Bekleidungsbranche wachsen können? Jennifer Danneck hat das in einem gemeinsamen Projekt mit der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg und dem Öko-Institut untersucht. Im Blog stellt sie die Erkenntnisse aus ihrer Bachelorarbeit vor.

Da nicht alle zirkulären Geschäftsmodelle tatsächlich die Umwelt entlasten, zunächst folgende Erklärung:

  1. Zirkuläre Geschäftsmodelle, die auf nachgelagerte Maßnahmen abzielen, können das Problem des übermäßigen Konsums von Rohstoffen und Energie nicht lösen. Nachgelagerte Maßnahmen sind Recycling, stoffliche und energetische Verwertung sowie Abfallwirtschaft. Recyclingprozesse zum Beispiel führen bei Materialien zu technischen, logistischen und wirtschaftlichen Einschränkungen und damit zum unumkehrbaren Verlust von primären Rohstoffen.

  2. Das Prinzip der Vermeidung ist die Grundlage von zirkulären Geschäftsmodellen, die die Umwelt entlasten. Das bedeutet, unseren Konsum stark einzuschränken: Neue Produkte kauft man erst dann, wenn man sie benötigt.

Um nicht als PR-Aktion zum Greenwashing benutzt zu werden, sondern die Umwelt wirklich zu entlasten, müssen sich zirkuläre Geschäftsmodelle am

  1. Prinzip der Vermeidung orientieren,

  2. gefolgt von Minimierung,

  3. Wiederverwendung und

  4. zum Schluss der Reparatur.

Warum politische Instrumente notwendig sind, um zirkuläre Geschäftsmodelle in der Bekleidungsbranche durchzusetzen

Für meine Bachelorarbeit habe ich drei Betreiber*innen von zirkulären Geschäftsmodellen befragt, die auf den Prinzipien der Vermeidung, Minimierung, Wiederverwendung und Reparatur beruhen. Sie machen jedoch nur einen sehr geringen Anteil der Bekleidungsbranche in Deutschland und weltweit aus. Denn die Mehrheit der zirkulären Geschäftsmodelle in der Bekleidungsbranche lohnt sich derzeit wirtschaftlich nicht. Sie werden „von allein“ den Markt nicht durchdringen können und Produktion und Konsum somit auch nicht transformieren.

„Solange nicht der „gesamte Markt flächendeckend die wahren Kosten der Produkte inklusive der Kosten für Umweltauswirkungen und Kreislaufführung einpreist, wird es immer billigere Produkte geben“, welche von der Mehrheit der Verbraucher*innen eher nachfragt wird, anstatt freiwillig einen höheren Preis zu zahlen (Hypothese 5)“.

Welche Hürden stehen diesen zirkulären Geschäftsmodellen im Weg? Welche politischen Instrumente können diese beseitigen und ihre Kapazität zur Marktdurchdringung erweitern?

  • Der Reparaturservice kann beispielsweise nur angeboten werden, wenn ihn das Hauptgeschäft, der Verkauf von Bekleidung, mitfinanziert.

  • Auch finanzielle Einschränkungen stehen im Weg: Hohe Lohnkosten, zeitaufwändige Bemühungen, um Kleiderspenden zu sammeln.

  • Oft sind zirkuläre Geschäftsmodelle abhängig vom Zugang zu kostenfreiem Material und freiwilligen oder ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen und in einigen Fällen auch vom Lohnverzicht der Gründer*innen.

  • Ob das Geschäftsmodell in größerem Ausmaß funktioniert, bestimmt maßgeblich den zukünftigen Erfolg.

  • Von den Betreiber*innen werden auch unrealistische Preisvorstellungen der Kunden*innen genannt. Denn der Preis von recycelter oder wiederverwendeter Kleidung ist meistens hoch – vor allem im Vergleich zu den niedrigen „Fast-Fashion-Preisen“.

  • Geschäftsmodelle, die Bekleidung vermieten, anstatt sie zu verkaufen, haben Schwierigkeiten den Preis so festzulegen, dass das Mieten der Bekleidung über mehrere Monate attraktiver gegenüber dem Kauf ist.

  • Die große Preisdiskrepanz ist darauf zurückzuführen, dass zirkuläre Geschäftsmodelle – im Gegensatz zu konventionellen Fast-Fashion-Konzepten – anstreben, die sozialen und ökologischen Kosten zu internalisieren. Das führt zu höheren Preisen, was die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zirkulärer Geschäftsmodelle in Deutschland in der bestehenden linearen Wirtschaftsweise maßgeblich eingeschränkt.

Hauptverantwortung der Politik: Etablierung zirkulärer Geschäftsmodelle durch politische Instrumente

Die ambitionierte Umsetzung der Circular Economy – nicht nur in der Bekleidungsbranche – muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette

  • auf ökonomischer Ebene mittels zirkulärer Geschäftsmodelle,

  • auf der persönlichen Ebene mittels Verhaltensänderungen der Konsument*innen und

  • auf politischer Ebene erfolgen.

Auf der politischen Ebene liegt die größte Transformationskraft und demnach die Hauptverantwortung

Ökonomische politische Instrumente

Die befragten Expert*innen und Betreiber*innen zirkulärer Geschäftsmodelle in Deutschland sehen in

  • einer reduzierten Mehrwertsteuer,

  • Lohnsubventionen und

  • Start- bzw. Übergangsfinanzierung

ein großes Potenzial zur Förderung. Durch diese können den Betreiber*innen bisher fehlende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, die sowohl für zusätzliches Personal als auch für mehr Materialien, Maschinen und Lagerräume verwendet werden können. Dies begünstigt die Vergrößerung des Geschäftsmodells, was von den Expert*innen als maßgebliche Hürde für die erfolgreiche Etablierung ihrer Geschäftsmodelle angesehen wird

Aufnahme der Sozial- und Umweltkosten in die Berechnung der Preise

Die Befragten prognostizieren, dass sich zirkuläre Geschäftsmodelle durch politische ökonomische Instrumente auch qualitativ weiterentwickeln. Im Zuge eines finanziell lohnenden Reparaturservices konnte so ein „Repair-Index“ entwickelt werden, der Auskunft über die Reparaturfähigkeit der Kleidungsstücke gibt.

Würde künftig der „wahre Preis“ der Kleidung bezahlt werden, ergäben sich weitere gesellschaftliche Vorteile gegenüber dem jetzigen Zustand: Beziffern lässt sich das über die so genannten Ökosystemdienstleistungen“. Diese sind Nutzen oder Gewinn, den die menschliche Gesellschaft aus Ökosystemen zieht und maßgeblich die Lebensqualität der*s Einzelnen mitbestimmen.

Wissenschaftler*innen haben den globalen wirtschaftlichen Nutzen von Ökosystemdienstleistungen (ÖSD) auf 125 bis 145 Billionen US-Dollar für das Jahr 2011 berechnet. Diese Summe muss aufgebracht werden, um die ÖSD künstlich - sofern möglich - zu ersetzen. Stellt man die Summe dem im Jahr 2019 weltweit erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukt von 86,6 Billionen US-Dollar gegenüber, wird deutlich, dass unabhängig von moralischen Überlegungen, die Wahrung der ÖSD langfristig kostengünstiger ist, als diese künstlich auszugleichen.

Dies rechtfertigt nicht nur die Förderung zirkulärer Geschäftsmodelle in der Bekleidungsbranche durch ökonomische Instrumente, sondern verdeutlicht auch die politische Verantwortung, die bisher ausgelagerten Kosten in die Produkte einzupreisen.

Jennifer Danneck absolvierte ihren Bachelor an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Im Rahmen ihrer Bachelorarbeit hat sie in Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut zu zirkulären Geschäftsmodellen in der Bekleidungsbranche geforscht.

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