#CircularEconomy_7: Mehr Mehrweg – eine Lösung für unser Verpackungsproblem
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„Wir überlegen, in Zukunft überhaupt keine Einwegbecher mehr für Kaffee to go anzubieten“, hat neulich ein Gastronom an einem Runden Tisch zu Mehrweg gesagt, bei dem ich unsere Arbeiten zum Thema für das UBA vorgestellt habe. Hintergrund ist die Meinung: „Solange es Einwegbecher gibt, wird sich die Mehrheit der Kundschaft immer für die Einweglösung entscheiden. Und eigentlich wollen sich die Kundinnen und Kunden gar nicht entscheiden müssen und einfach nur Kaffee haben.“ Er, der Gastronom, wolle ihnen also die Entscheidung abnehmen. Mit der Ankündigung, dass die Gastronomie überlegt, nur noch Mehrwegbecher anzubieten, hatte ich nicht gerechnet. Am Runden Tisch wurde auch nach der Intension der Kommune gefragt, sich in Sachen Verpackungsreduktion dem Beispiel Tübingen anzuschließen: Dort wurde mit einer Verpackungssteuer ein ökonomisches Instrument zur Reduzierung des Verpackungsabfalls eingesetzt. Ich habe den Tonfall bei dieser Frage so verstanden, dass der fragende Gastronom sich das sogar wünschen würde.
Sind einige Gastronominnen und Gastronomen weiter als die Verbraucherschaft? Eher bereit, etwas zu ändern?
Eventuell weiter als die Politik: In unserer Hypothese 4 schreiben wir „Politik traut sich nicht an den Konsumverzicht heran“ – in dem Fall heißt Konsumverzicht Einwegverpackungsverzicht. Wir schlagen im Beitrag zur Hypothese 4 vor, dass wir mit wirtschaftlichen und fiskalischen Instrumenten wie Steuern, Abgaben, finanziellen Förderungen und Subventionen eine absolute Reduzierung des Materialverbrauchs ankurbeln können. Tübingen hat dazu einen Anstoß gemacht, wurde aber letztes Jahr noch von der Pandemie und einer Klage von einer großen Fast Food Kette ausgebremst. Seit 1. Januar 2022 gilt die Regel nun. Die Kommunen schielen alle auf Tübingen und die Klage und trauen sich keine weiteren Vorstöße. Weitere Initiativen gibt es nicht.
Eventuell geht die Gastronomie auch weiter als die Verbraucherinnen und Verbraucher: Einer der anwesenden Gastrobetriebe, der schon ein Mehrwegsystem nutzt, sagte, dass etwa ein Drittel der Speisen, die mitgenommen werden, bei ihnen in Mehrweg ausgegeben werden. Das scheint viel, heißt aber gleichzeitig auch, dass 70 Prozent dafür (noch) nicht bereit sind. Damit Mehrwegsysteme in der Gastronomie noch erfolgreicher werden können, braucht es aus meiner Sicht deutlich mehr standardisierte Verpackungen und vielleicht sogar zentrale Stationen etwa an Bahnhöfen, an denen sie alles, was Mehrweg ist, zurückgegeben werden kann. Steigt die Anzahl der Orte, wo ich ein und dieselbe Mehrwegverpackung nutzen kann, steigt gleichzeitig die Bereitschaft, es auch zu tun. Und die Bereitschaft ist ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg von Mehrweg. Wenn jedoch jedes Café seinen eigenen To-Go-Becher initiiert, den man nur dort zurückbringen kann, werden nur echte Stammkundinnen und Stammkunden ihn nutzen.
Aber: Wenn schon in einem Fall 30 Prozent der Speisen in Mehrweg mitgenommen wurden, gibt die sogenannte „25-Prozent-These“ Hoffnung: In einer Gruppe konnten 25 Prozent mit der Oppositionsmeinung – „ich will meine Speise zum Mitnehmen in Mehrweg“ – den Rest der Gruppe (75 Prozent) – „Boa, Mehrweg ist anstrengend“ – von ihrer Meinung überzeugen.
Noch keine Lösung für Pizza und überbackene Gerichte
Für Pizza und überbackene Gerichte scheint es auf dem Markt der Poolanbieter für Mehrwegverpackungen noch keine Lösungen zu geben. Eine heiße, in Plastik verpackte Pizza wird auf dem Weg zu den Kundinnen und Kunden zu Matsch. Bisher ist nur das Mehrwegangebot eines Anbieters geeignet, am Automaten zurückgegeben zu werden. Die Gastronomiebranche geht davon aus, dass in diesen Fällen sehr bald Innovationen der Mehrwegsystemanbieter zu erwarten sind.
Mehrwegverpackungen eins der wichtigsten Instrumente gegen den Verpackungsmüll
Ich bin der Meinung, dass gerade in Deutschland, wo die Menge an Verpackungsabfällen steigt, anstatt zu sinken, Mehrwegverpackungen eins der wichtigsten Instrumente gegen den Verpackungsmüll sind – nicht nur für Speisen und Getränke to go. Darauf müssen wir uns einfach einstellen. Mehrweg mag keine neue Idee sein, aber es ist eine, die innovative Lösungen für unser Müllproblem in sich trägt und dabei hilft, Plastik zu vermeiden. Und die sich auf lange Sicht auch aus Kostengründen lohnt. Mehrweg ist eine Idee, die nicht mit Verboten und Beschränkungen arbeitet, sondern mit neuen Angeboten, die Stück für Stück näher an den Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind, und so hoffentlich möglichst bald zu einem alltagspraktischen Teil unseres Lebens werden können.
Clara Löw forscht zu nachhaltigen Materialien und Produkten im Institutsbereich „Produkte & Stoffströme“ in Freiburg.
english version
#CircularEconomy_7: More reuse – a solution to our packaging problem
Clara Löw sees a reuse system as one of the most important ways of tackling packaging waste – not just for takeaway food and drinks, but for everything. In the long term this is also cheaper than our present single-use system.
“We are considering no longer offering any disposable cups for takeaway coffee”, said a caterer recently at a Round Table on Reuse at which I presented our work on the subject for the Federal Environment Agency (UBA). The underlying thought is: “As long as disposable cups are available, the majority of customers will go for the single-use option. And actually the customers don’t want to have to decide – they just want coffee.” So he, the caterer, would like to relieve them of the decision. I hadn’t been expecting the announcement that the catering industry is considering offering only reusable cups. On the subject of reducing packaging, a question was also asked at the Round Table about the municipality’s plans for following the example of Tübingen: the city has introduced a packaging tax as an economic tool for reducing packaging waste. From the tone of the question I gathered that the caterer making the enquiry would actually welcome this.
Are some caterers ahead of the consumers? More ready to change things?
They may perhaps be ahead of the politicians. In our Hypothesis 4 we state that policymakers don‘t dare tackle the subject of cutting consumption: in this case, cutting consumption means doing away with disposable packaging. In our blog on Hypothesis 4 we suggest that economic and fiscal measures such as taxes, levies, financial incentives and subsidies could kick-start an absolute reduction in raw material use. Tübingen set the ball rolling but its plans were halted last year by the pandemic and a lawsuit brought by a major fast-food chain. The rules have now been in force since January 2022. All the local authorities are now keeping a close eye on Tübingen and the lawsuit, and are not daring to make any further moves. No other initiatives are in place.
The catering industry may also be doing more than the consumers: one of the hospitality businesses present said that about a third of the takeaway food that is bought from them is provided using their reuse system. That sounds a lot, but it means that 70 per cent of customers are not (yet) ready for this. In my view, what is needed if reuse systems are to become more widespread in the catering industry is significantly more standardised packaging and perhaps even central hubs at places such as railway stations where all reusable items can be returned. An increase in the number of places where the same reusable packaging can be used also increases people’s willingness to engage with the system. And willingness is key to the success of the principle of reuse. If each café introduces its own takeaway cup that can only be returned there, it is only the real regulars who will use it.
But if there is already a case in which 30 per cent of takeaway food is dispensed in reusable packaging, the “25% thesis” gives grounds for hope: the 25 per cent of a group who held an opposing opinion – “I want my takeaway food in reusable packaging” – were able to convert the rest of the group (75 per cent) – “Crikey, reusing things is hard work” – to their point of view.
Still no solution for pizza and baked foods
It appears that the pool providers of reusable packaging do not yet have any solution for pizzas and baked foods. A hot pizza packed in plastic turns to mush en route to the customer. At present it is only reusable items from one provider that are suitable for being returned via a machine. The catering industry assumes that the providers of reuse systems can be expected to come up with innovations in these areas very soon.
Reusable packaging is one of the key ways of tackling packaging waste
I believe that especially in Germany, where the quantity of packaging waste is increasing rather than decreasing, reusable packaging is one of the key tools for tackling packaging waste – and not just for takeaway food and drinks. We just need to get used to it. Reuse may not be a new idea, but it is a concept that can yield innovative solutions to our waste problem and hence help reduce plastic use. And in the long term it is also worthwhile on cost grounds. Reuse is an idea that works not with bans and restrictions but with new offers that become progressively more aligned to the needs of consumers and thus will hopefully soon become an established part of our everyday lives.
Clara Löw conducts research into sustainable materials and products in the Institute’s Sustainable Products & Material Flows division in Freiburg.