„Den Markt zu Höchstleistungen treiben … das wäre himmlisch!“
Der „Blaue Engel“ wird 2018 40 Jahre alt. 1978 von der Bundesregierung eingeführt, zeichnet er heute mehr als 12.000 umweltfreundliche Produkte aus. Das Öko-Institut entwickelt seit vielen Jahren die Kriterien mit, nach denen das Umweltzeichen vergeben wird. Vom Toaster bis zu Rechenzentren, vom Spielzeug bis zu den Wandfarben – der Blaue Engel gibt Orientierung für umweltfreundlichen Konsum. Wir gratulieren herzlich zum 40. Jubiläum und haben Prof. Dr. Rainer Grießhammer über die Bedeutung des Blauen Engels für den Konsum der Zukunft gefragt. Was hat der Blaue Engel für den Umwelt- und Klimaschutz insgesamt erreicht?
Sehr viel. Er erleichtert den Einkauf von ökologisch guten Produkten, die Informationen werden von vielen Konsumentinnen und Konsumenten wahrgenommen, nicht nur von den „Ökos“. Und der Blaue Engel gibt den Takt vor: Die einmal gesetzten Kriterien fließen in die Produktentwicklung bei vielen Unternehmen ein oder werden einige Jahre später in der Ökodesignrichtlinie der EU übernommen.
Warum braucht ein Staubsauger ein Zeichen, das ihn als umweltfreundliches Gerät auszeichnet?
Der Blaue Engel bezieht alle Kriterien ein, die für Umwelt und Gesundheit wichtig sind. Also nicht nur den Stromverbrauch und eine hohe Saugkraft, sondern auch geringe Lautstärke, den Ressourcenverbrauch, Reparierbarkeit, Langlebigkeit, Ausschluss gefährlicher Chemikalien. Mit dem Blauen Engel ist man auf der sicheren Seite, ein rundum „gutes Produkt“ zu erwerben und spart durch die Langlebigkeit und geringere Stromkosten übrigens auch noch ordentlich Geld.
Welche Rolle spielt das Öko-Institut bei der Entwicklung des Blauen Engels?
Wir beraten die Jury Umweltzeichen und das Umweltbundesamt seit langem zur Produktstrategie und Auswahl einzelner Produktgruppen. Wir entwickeln die Kriterien für diverse Produktgruppen und erörtern, wie soziale Aspekte in das Umweltzeichen integriert werden können. Nicht zuletzt tragen wir mit dazu bei, die Erfahrungen des Blauen Engels ins Ausland zu tragen.
Heute tragen mehr als 12.000 Produkte das bekannte Umweltzeichen – was hat der Blaue Engel noch zu tun?
Leider geht die Arbeit nicht aus. Zum einen kommen immer wieder neue Produkte auf den Markt, wie vor einigen Jahren die Smartphones oder Produkte wie Klimageräte, die global gesehen eine sehr bedeutende Rolle spielen. Hier besteht eine große Herausforderung, Einfluss auf die globaloperierenden Unternehmen ausüben zu können. Zum anderen werden Sozialkriterien wie der Arbeitsschutz immer wichtiger. Ihre Überprüfung etwa im Verlauf des Herstellungsprozesses der Produkte ist jedoch deutlich aufwendiger ist als die ökologischen Kriterien, die im Endprodukt selbst stecken.
Was wünschst Du dem Blauen Engel für die Zukunft?
Der Blaue Engel könnte stärker sogenannte Suffizienz-Kriterien – also „weniger ist mehr“ – berücksichtigen und beispielsweise unnötig große Geräte ausschließen. Und er könnte besonders anspruchsvolle Innovationskriterien für zukünftige Produkte setzen, dafür einen Wettbewerb ausschreiben und so den Markt zu Höchstleistungen treiben. Das wäre himmlisch. Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Mandy Schoßig.
Prof. Dr. Rainer Grießhammer war bis zum Sommer 2018 Geschäftsführer am Öko-Institut. Insgesamt arbeitete er von 1980 bis 2018 am Öko-Institut, seine Arbeitsschwerpunkte waren der produktbezogene Umwelt- und Klimaschutz sowie die Gestaltung nachhaltiger Transformationen.
Grießhammer ist Bestseller-Autor von „Der Öko-Knigge“, war unter anderem zwischen 1992 und 1994 Mitglied der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des Deutschen Bundestags und erhielt 2010 den Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Nach wie vor ist er Professor für nachhaltige Produkte an der Universität Freiburg und berät das Öko-Institut als Senior Adviser.
Weitere Informationen:
Aktionsseite „40 Jahre Blauer Engel“ Themenseite des Öko-Instituts „Orientierung für Verbraucherinnen und Verbraucher – wie helfen Labels?
“ EcoTopTen – Plattform des Öko-Instituts für nachhaltigen Konsum und ökologische Spitzenprodukte