Energie für Elektro-Lkw: Schnelllader und Oberleitungen können sich sinnvoll ergänzen
Florian Hacker ist Teil eines Forschungsteams, das nun sagt: Beim Ladenetzausbau sollten Schnellladepunkte und Oberleitungen zusammen geplant werden, um die Stärken beider Systeme zu nutzen.
Die Zwischenergebnisse stammen aus der „Begleitforschung Oberleitungs-Lkw in Deutschland (BOLD)“, gefördert mit Mitteln des Bundesumweltministeriums.
Bei einem hohen Anteil von Batterie-Lkw, die auf Schnellladen angewiesen sind, ist mit erheblichen Herausforderungen vor allem hinsichtlich der Ladezeiträume, des Platzbedarfs für entsprechende Ladeparks auf Raststätten sowie der Belastung des Stromnetzes zu rechnen. Eine Oberleitungsinfrastruktur kann auf stark befahrenen Strecken die Skalierbarkeit von Batterieantrieben im Fernverkehr verbessern. Mittelfristig bietet die Teilelektrifizierung von Autobahnen mit Oberleitungen die Möglichkeit, batterieelektrische Lkw während der Fahrt zu laden und den Ausbau von Schnellladestandorten zu reduzieren, insbesondere aufgrund der teilweise geringen Platzverfügbarkeit für Lkw an Raststätten und um auch außerhalb der gesetzlichen Pausenzeiten zu laden.
Eine gewisse Grundausstattung mit Schnellladestationen entlang des Fernstraßennetzes ist aufgrund der anstehenden Markteinführung batterieelektrischer Lkw aus heutiger Sicht in jedem Fall zusätzlich sinnvoll, und damit auch ein zügiger Aufbau einer solchen Infrastruktur in der Einführungsphase elektrischer Lkw.
Szenario bis 2025: Erprobung von Oberleitung und Schnellladern
In den nächsten Jahren werden voraussichtlich beide Infrastrukturen für den Fernverkehr in kleiner Menge ausgebaut werden. In der Markteinführungsphase von Elektro-Lkw wird es in der Breite einfacher und kostengünstiger sein, Schnellladepunkte mit Megawatt Charging System (MCS) zu errichten. Auf Strecken mit einem hohen Anteil von Pendelverkehren können aber auch in dieser Phase einzelne Oberleitungsstrecken attraktiv sein. Hierbei können für eine ausreichende betriebliche Flexibilität zunächst Oberleitungs-Hybridfahrzeuge zum Einsatz kommen, die derzeit in Feldversuchen (ELISA, FESH, eWayBW) erprobt werden. Eine erweiterte Erprobungsphase beider Technologien bis 2025 auf längeren Strecken erscheint sinnvoll. Bereits in dieser Phase könnten Synergien auf Seiten der Fahrzeuge oder des Infrastrukturausbaus genutzt werden, wie beispielsweise ein gemeinsamer Anschluss an das Stromnetz.
Szenario 2025 bis 2030: Ausbau beider Optionen im größeren Maßstab
Ab 2025 bis 2030 könnten MCS und Oberleitungen in größerem Maßstab parallel errichtet werden. Oberleitungen könnten dann zunehmend auch als Ladeinfrastruktur für rein elektrische Lkw verwendet werden, wenn diese mit einem Stromabnehmer ausgestattet werden. In diesem Zusammenhang sollte auch die Möglichkeit einer Nachrüstung von Batterie-Lkw mit Stromabnehmern geprüft werden.
Für den Bau der Oberleitung heißt dies, dass ab 2030 recht schnell eine nennenswerte Auslastung der Oberleitungsinfrastruktur erfolgen könnte und die Phase unterausgelasteter Infrastruktur kurz ausfallen oder übersprungen würde.
Ab 2030: E-Lkw haben zentrale Rolle im Verkehr
Wenn Elektro-Lkw in der zweiten Hälfte der 2030er Jahre dann im Bestand von Lkw im Fernverkehr eine zentrale Rolle einnähmen und ein Basisnetz von MCS in Europa vorhanden wäre, könnte der Ausbau von Oberleitungen in die Breite gehen und sukzessiv das wichtigste Drittel des Europäischen Autobahnnetzes oder ungefähr etwa 25.000 Kilometer entlang der Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-T)-Korridore abdecken. Mit dieser gemischten Infrastruktur wären auch gering ausgelastete Strecken durch MCS für Elektro-Lkw abgedeckt und auf den zentralen Achsen könnte unabhängig von Pausenzeiten dynamisch während der Fahrt geladen, der Bedarf an Stellplätzen für MCS begrenzt und gleichzeitig die Belastung des Mittelspannungsnetzes über längere Strecken verteilt werden.
Kurze Zusammenfassung "Infrastruktur für Elektro-Lkw im Fernverkehr Hochleistungsschnelllader und Oberleitung im Vergleich"
Blogbeitrag des Fraunhofer ISI "Oberleitung und Schnellladen sollten gemeinsam gedacht werden"
Florian Hacker ist stellvertretender Leiter des Bereichs Ressourcen & Mobilität am Öko-Institut am Standort Berlin. Er forscht zu alternativen Antriebskonzepten im Personen- und Güterverkehr auf der Straße.