Fellowship-Programm mit Experten für erneuerbare Energien aus Kasachstan und Usbekistan erfolgreich abgeschlossen
Die Zusammenarbeit im Programm ermöglichte es ihnen, ihre Arbeit im Bereich der erneuerbaren Energien (EE) in Zentralasien voranzutreiben, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dezentralen erneuerbaren Energiesystemen lag. Darüber hinaus wurde ein Grundstein für die zukünftige Zusammenarbeit und den Dialog zwischen den involvierten Partnern gelegt. Vorrangiges Ziel des Stipendienprogramms war es, ein usbekisch-kasachisch-deutsches Reallabor-Forschungsprojekt zum Thema dezentrale Stromversorgung zu entwickeln. Die beiden Stipendiaten arbeiteten zusammen mit den Energieexperten Professor Dr. Dierk Bauknecht, David Ritter und Susanne Krieger vom Öko-Institut Freiburg, mit Professor Dr. Monika Gonser, Reallabor-Expertin und Leiterin der Intersectoral School of Governance BW (ISoG BW), und Dr. Sebastian Schiek, Leiter des SPCE-Hub, der internationale Reallaborprojekte koordiniert.
Reallabor-Forschung im SPCE-Hub
Die Reallabor-Methode ist eine relativ neue Forschungsmethode, die von Fachleuten auf diesem Gebiet bereits anerkannt ist. Sie wird vor allem für die Forschung zu technologischen und sozialen Innovationen eingesetzt, einschließlich der Forschung zur Energiewende. Ziel des SPCE-Hub ist es, internationale Forschungseinrichtungen und Praktiker zusammenzubringen, um die Living-Lab-Methode als Instrument für die lokale und internationale Forschung und gemeinsames Lernen zu testen. Der Fokus liegt auf Deutschland, Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan.
Ehrgeizige Ziele für erneuerbare Energien in Kasachstan und Usbekistan
Die Energie- und Stromversorgung in Kasachstan und Usbekistan basiert in hohem Maße auf fossilen Brennstoffen. In Kasachstan werden rund 70 Prozent des Stroms in Kohlekraftwerken erzeugt. Usbekistans Strom- und Energieversorgung basiert hauptsächlich auf Erdgas. Beide Länder haben sich jedoch ehrgeizige Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzt. Usbekistan und Kasachstan wollen den Anteil der erneuerbaren Energien an ihrer Stromerzeugung bis 2030 auf bis zu 40 Prozent bzw. 15 Prozent steigern.
Dezentrale erneuerbare Energiesysteme spielen in den nationalen Strategien zur Energiewende noch eine geringe Rolle. Beide Länder experimentieren jedoch bereits mit dezentralen Ansätzen zur Stromversorgung aus erneuerbaren Energien. Dezentrale erneuerbare Energiesysteme können einen wichtigen Beitrag zur Energiesicherheit, insbesondere in ländlichen Gebieten, leisten und Kosten und Verluste bei der Stromübertragung reduzieren.
Dr. Bahtiyor Eshchanov über spezifische Hindernisse für den Übergang zu erneuerbaren Energien in Usbekistan
Der grüne Übergang ist ein schwieriger Weg, insbesondere für Länder, die sich im Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft befinden. Je früher der Übergang beginnt, umso besser. Deshalb verdient das ehrgeizige Ziel der usbekischen Regierung, bis 2030 Solar-PV-Projekte mit einer Leistung von 7 000 MW und Windprojekte mit einer Leistung von 18 000 MW zu bauen, Lob und Beifall. Das gemeinsame Forschungsteam unter der Leitung des Öko-Instituts ist bestrebt, weitere Möglichkeiten für solche Projekte in der Region auszuloten. Meiner Erfahrung nach gibt es jedoch zahlreiche Probleme, die gelöst werden müssen, damit dieses Übergangsprogramm erfolgreich sein kann. Die drei wichtigsten davon sind:
- Bedarf an privaten Investitionen. Die Rolle des Staates bei der Energiewende muss reduziert und ein liberalisiertes, wettbewerbsfähiges Engagement des Privatsektors im Bereich der erneuerbaren Energien geschaffen werden. Die staatlich gelenkte Energiewende in ihrer derzeitigen Form ist teuer, führt zu hohen Spitzenlasten und erhöht unsere Auslandsverschuldung.
- Es braucht mehr Ausbildung, Lehre und Forschung für erneuerbare Energien. Man kann sagen, dass es in Usbekistan keine konsequente Ausbildung von Fachkräften im Bereich der erneuerbaren Energien gibt. Derzeit werden 2000 MW Solar-PV-Kapazität und über 200 MW Windkapazität installiert und von internationalen Unternehmen wie Masdar (UEA) und Acwa Power (Saudi-Arabien) betrieben, ohne dass der usbekische Arbeitsmarkt einen Beitrag dazu leistet. Es gibt keine modernen Lehrbücher und keine der über 200 Universitäten des Landes bietet Programme an, die die für den Sektor der erneuerbaren Energien erforderlichen Fähigkeiten und Qualifikationen vermitteln.
- Es braucht einen passenden Rechtsrahmen. Der derzeitige Regulierungs- und Rechtsrahmen ist unausgereift und hat ein Umfeld geschaffen, in dem das Land Gefahr läuft, sich zu einem Friedhof aufgegebener Technologien für erneuerbare Energien zu entwickeln. Fehlende Normen und Vorschriften haben u.a. zur vollständigen Zerstörung von installierten PV-Anlagen durch Sandstürme oder Feuerschäden aufgrund unsachgemäßer Installation geführt.
Dr. Bahtiyor Eshchanov unterstützt das Forschungsprojekt
Derzeit befinden sich alle zentralasiatischen Länder an einem ähnlichen Ausgangspunkt für die Entwicklung erneuerbarer Energien. Daher können die Ergebnisse eines solchen Pilotprojekts auf die anderen Nachbarländer übertragen werden. Unter diesem Gesichtspunkt kann das Projektteam versuchen, mehr potenzielle Partner und Interessengruppen in den zentralasiatischen Ländern zu erreichen.
Dr. Bahtiyor Eshchanov über das Potenzial von Reallabor-Projekten
Reallabor-Ansätze werden zu einer Diversifizierung der Stakeholder bei dezentralen Projekten für erneuerbare Energien führen, indem sie die Hausbesitzer, die zu Prosumenten werden, die lokalen Verwaltungsorgane, Finanzinstitute, Stromverteilungs- und -übertragungsunternehmen und viele andere Interessengruppen einbeziehen, indem sie ihre Interessen aufeinander abstimmen. Die transdisziplinäre Methode kann zudem dazu beitragen, das Bewusstsein der verschiedenen Interessengruppen, einschließlich der direkten und indirekten Nutznießer von dezentralen erneuerbaren Energieprojekten, zu stärken. Nicht zuletzt können Reallabor-Projekte zur Entwicklung von Normen und Vorschriften für eine bessere Konstruktion, den Betrieb und die Wartung von dezentralen erneuerbaren Energietechnologien führen.
Dr. Abylaikhan Soltanayev über den Übergang zu erneuerbaren Energien in Kasachstan
Die Umstellung auf saubere Energien stellt Kasachstan vor große Herausforderungen, da Kohle nach wie vor die wichtigste Energiequelle ist und über 66 Prozent der gesamten Stromerzeugung ausmacht. Trotz dieser Abhängigkeit macht Kasachstan Fortschritte bei der Erreichung seiner Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien, denn der Anteil an der gesamten Stromerzeugung beträgt inzwischen 5,92 Prozent. Dies lässt jedoch immer noch eine beträchtliche Lücke zwischen den aktuellen Erfolgen und den ehrgeizigen Zielen des Landes von 15 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 und 50 Prozent bis 2050 offen. Ausgehend von meiner Erfahrung gibt es vor allem drei zentrale Herausforderungen, die dem Fortschritt entgegenstehen:
- Abhängigkeit von fossilen Energien und veraltete Infrastruktur: Der kasachische Energiesektor ist stark von Kohle und Wärmekraftwerken abhängig, was den Ausbau der erneuerbaren Energien vor strukturelle Herausforderungen stellt. Das nationale Stromnetz, das in erster Linie für zentralisierte und fossile Energie konzipiert wurde, muss erheblich modernisiert werden, um variable erneuerbare Quellen wie Solar- und Windkraft zu integrieren. Diese Einschränkung ist besonders akut in abgelegenen Gebieten, die ein beträchtliches Potenzial für erneuerbare Energien bergen, aber über keine gute Netzanbindung verfügen.
- Reformbedarf und Engagement des privaten Sektors: Obwohl das jüngste Wachstum der Wind- und Solarkapazitäten ermutigend ist, sind die meisten erneuerbaren Energie--Projekte nach wie vor groß angelegt und zentralisiert, wobei dezentrale Systeme wie Solarenergie auf Dächern nur in begrenztem Umfang einbezogen werden. Die derzeitigen politischen Rahmenbedingungen bieten nur minimale Anreize für kleine Projekte, so dass private Investitionen für die Expansion entscheidend sind. Ohne politische Reformen zur Förderung privater Investitionen, insbesondere in kleinere EE-Projekte, wird die finanzielle Belastung für die Regierung hoch bleiben, und der Sektor läuft Gefahr, von ausländischen Entwicklern für Großprojekte abhängig zu werden. Geplante Projekte mit internationalen Unternehmen, darunter Acwa Power, Masdar und Total Eren, sollen in den nächsten fünf Jahren EE-Installationen im Gigawatt-Bereich ermöglichen. Bei diesen Projekten fehlt es jedoch weitgehend an lokalem Engagement, was die Notwendigkeit eines politischen Wandels unterstreicht.
- Lokale Expertise und Arbeitskräfte. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften im kasachischen EE-Sektor ist eine große Herausforderung. Nur wenige Universitäten, wie die Technologisce Universität Almaty (AUES) mit ihrem Bachelor-Studiengang in Erneuerbaren Energietechnologien und die Deutsch- Kasachische Universität (DKU) mit ihrem Master-Studiengang in Strategischem Management für erneuerbare Energien und Energieeffizienz bieten eine entsprechende Ausbildung an. Die fehlende Unterstützung für Bildungsinitiativen seitens des Energieministeriums hat dazu geführt, dass man sich auf ausländische Spezialisten verlassen muss, denen es oft an regionalem Fachwissen fehlt. Dies hat dazu geführt, dass einige neu in Betrieb genommene EE-Anlagen aufgrund unzureichender Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten Probleme mit dem Betrieb oder dauerhafte Schäden aufweisen, während andere Projekte auf Eis liegen bleiben. Der Aufbau qualifizierter einheimischer Arbeitskräfte durch gezielte Bildungsprogramme ist entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung der EE in Kasachstan.
Dr. Abylaikhan Soltanayev über die potenzielle Rolle von Reallaborforschung für Kasachstans Energiewende
Living Labs könnten eine transformative Rolle spielen, indem sie kollaborative Plattformen bereitstellen, auf denen dezentrale Energielösungen in realen Umgebungen getestet werden. Sie binden lokale Gemeinschaften ein und fördern die öffentliche Akzeptanz. Diese Labore können auch dazu beitragen, neue Regulierungsstandards und bewährte Verfahren zu entwickeln, die auf Kasachstan zugeschnitten sind, und so sichere und widerstandsfähige EE-Lösungen hervorbringen. Darüber hinaus bieten sie praktische Schulungen zu EE-Technologien an und tragen so zur Entwicklung lokaler Arbeitskräfte bei.
Um den Übergang zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen, muss sich Kasachstan auf die Strategien konzentrieren, die die dezentrale Energieerzeugung unterstützen, in die Netzmodernisierung investieren sowie die Entwicklung von lokaler Expertise durch Bildungsinitiativen und Partnerschaften fördern. Die Einrichtung von Living Labs wird bei der Erprobung dezentraler Energielösungen, der Schaffung eines rechtlichen Rahmens und der Förderung der öffentlichen Akzeptanz eine wichtige Rolle spielen. Dieser vielschichtige Ansatz wird eine solide Grundlage für Kasachstans nachhaltige Energiezukunft schaffen und dazu beitragen, die ehrgeizigen EE-Ziele des Landes zu erreichen.
Dr. Bahtiyor Eshchanov ist Energieökonom mit Sitz in Taschkent, Usbekistan Erverfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Forschung, Lehre und Veröffentlichung in den Bereichen Energiewirtschaft und erneuerbare Energien. Er schloss sein Studium an der Königlichen Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm ab und promovierte an der Freien Universität Brüssel. Bevor er an die angesehene Neue Universität Usbekistan kam, war Dr. Eshchanov als Universitätsdozent und Forscher an der Neuen Universität Usbekistan und am Greater Eurasia Research Center (GEAR) tätig.
Dr. Abylaikhan Soltanayev ist Ingenieur und Wissenschaftler, spezialisiert auf Energietechnik mit Schwerpunkt erneuerbare Energien. Er ist Leiter der Ausbildungsprogramme für erneuerbare Energien und Wasserkraft an der Universität für Energietechnik und Telekommunikation in Almaty und wissenschaftlicher Koordinator an der Deutsch- Kasachischen Universität. Er ist Absolvent der City University of London und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Lehre, Forschung und Erprobung von Technologien für erneuerbare Energien. Er arbeitet eng mit Projekten zusammen, die von USAID, dem OSZE-Sekretariat, dem deutschen Auswärtigen Amt, der UNIDO und anderen unterstützt werden.
Das Programm wurde vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) mit Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert.
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