Jede Reparatur ist ein Beitrag zum Klimaschutz
Der Föhn geht nicht mehr an? Schnell ein neuer vom Discounter. Der Fernseher spinnt? Der kommt morgen zum Recyclinghof. Geht ein Elektrogerät kaputt, wird es oft schnell ausgetauscht. In Bad, Küche und Wohnzimmer kommt dann vielerorts ein neues Billiggerät zum Einsatz.
Doch immer machen sich viele Menschen nicht die Mühe, Elektro- und Elektronikgeräte reparieren zu lassen. Kein Wunder, scheint die Anschaffung eines neuen Gerätes oftmals einfacher und billiger. Doch bei der Frage „Reparatur oder nicht?“ geht es um weit mehr als Bequemlichkeit. Denn durch Reparaturen werden Abfallmengen reduziert und Ressourcen geschont. „Jede Reparatur ist ein individueller Beitrag zum Klimaschutz. Wenn die Haushalte ihre Waschmaschinen, Staubsauger und Laptops länger nutzen, können dadurch hohe Mengen Treibhausgasemissionen eingespart werden“, sagt Sepp Eisenriegler, der schon als „Reparaturpapst“ und „Lobbyist mit Lötkolben“ bezeichnet wurde. Er betreibt in Wien das Reparatur- und Servicezentrum (R.U.S.Z.), das jährlich etwa 12.000 Geräte repariert. „In Elektro- und Elektronikgeräten sind viele wichtige Rohstoffe verarbeitet, deshalb lohnt sich die Reparatur besonders.“
Von einfach bis nicht sinnvoll
Eine Reparatur lohnt sich nicht nur, sie ist mitunter auch einfacher, als viele denken. „Bis zur Corona-Pandemie haben wir ein Reparatur-Café angeboten. Dabei habe ich oft gesehen, dass Menschen sich nicht trauen, zu reparieren – dabei ist das Gerät ja schon kaputt. Und viele Dinge lassen sich unter Anleitung ohne allzu großen Aufwand wieder richten.“ Natürlich gebe es auch die komplizierten Fälle. „Viele billige Elektrogeräte werden so gebaut, dass man sie nicht zerstörungsfrei öffnen kann. Oftmals ist zudem der Akku fest verbaut – und bestimmt damit die Lebensdauer der Geräte, da auch ein Reparaturprofi zu lange brauchen würde, um den Akku auszubauen. Das lohnt sich dann finanziell einfach nicht mehr.“
Zwei Jahrzehnte Reparieren
Sepp Eisenriegler engagiert sich schon seit über zwei Jahrzehnten für das Reparieren. 1998 gründete er R.U.S.Z. als arbeitsintegrativen Betrieb, der etwa Langzeitarbeitslose oder Haftentlassene zu Reparatur- und Recyclingtechnikern ausbildete, um sie für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. „Wir haben ausgediente Elektro- und Elektronikgeräte repariert und weiterverkauft. Eine Pionierarbeit, denn zu der Zeit wollten die Menschen ständig etwas Neues. Aber dennoch eine, die gut angenommen wurde, da sich so auch Haushalte mit sehr geringen Einkommen Großgeräte wie etwa Waschmaschinen leisten konnten.“ Die Initiative wurde vom österreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) gefördert. „Wir hatten eine hohe Erfolgsquote: 75 Prozent der Auszubildenden fanden nach der Station bei uns reguläre Jobs.“ Als sich 2007 die Förderbedingungen jedoch deutlich änderten, privatisierte Sepp Eisenriegler „notwendigerweise“ den Betrieb. „Ich bin eher zufällig zum Unternehmer geworden. Die ersten Jahre waren nicht leicht, denn mit Reparaturen konnte man zu dieser Zeit kein Geld verdienen.““
Mehr Reparaturanfragen, als bewältigt werden können
Seit einiger Zeit jedoch nimmt die Zahl der Reparaturen im R.U.S.Z. zu. „Wir erhalten mehr Anfragen als wir bewältigen können.“ So habe bereits die Corona-Pandemie die Nachfrage erhöht. „Viele Menschen hatten plötzlich viel Zeit, um ihre Dachböden, Kellerabteile und Garagen auszumisten – und sind dabei auf zahlreiche Geräte gestoßen, die sie nicht wegwerfen wollten“, sagt Sepp Eisenriegler, „es kamen sogar welche mit alten Röhrenradios.“
Eine weitere Ursache für das steigende Interesse ist auch der so genannte Reparaturbonus, mit dem Österreich seit 2022 die Reparatur von Elektro- und Elektronikgeräten finanziell fördert. „Dieses Instrument wirkt, ist aber aus meiner Sicht nur eine Übergangslösung“, sagt Eisenriegler. Langfristig müsse es Instrumente geben, die nicht-nachhaltige Billigprodukte vom Markt verdrängen. „Zentral ist aus meiner Sicht hierfür eine Steuer auf die Nutzung von Ressourcen.“
Die gemietete Maschine
Der Reparaturexperte sieht aber auch einen gesellschaftlichen Wandel – vor allem in der jungen Generation. „Das Engagement von Fridays for Future etwa hat viele jüngere Menschen zu uns gebracht.“ Die steigende Nachfrage nach Reparaturen motiviert Eisenriegler, der auch schon für die Umweltberatung Wien tätig war, sein Engagement fortzusetzen und sogar zu verstärken.
„Wir haben vor etwa einem Jahr damit begonnen, ein Franchise-System zu entwickeln, mit dem es möglich sein soll, in der ganzen EU Reparaturdienstleistungen anzubieten“, erzählt er. Und auch abseits vom Reparaturbetrieb sieht Eisenriegler Möglichkeiten, den Ressourcenbedarf zu senken. So hat R.U.S.Z. 2017 das Projekt „Saubere Wäsche“ gestartet, das nach dem Prinzip „Nutzen statt besitzen“ funktioniert: Das Unternehmen bietet das Mieten einer Waschmaschine an, die jährlich überprüft wird. Die Kosten richten sich nach der Anzahl der wöchentlichen Waschgänge. „Mit diesem Projekt wollen wir vor allem das Interesse großer Hersteller wecken, selbst solche Ideen umzusetzen.“
Sepp Eisenriegler war in der Umweltberatung im Bereich Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement tätig bevor er 1998 in Wien das Reparatur- und Servicezentrum, kurz R.U.S.Z, gründete. Darüber hinaus rief er das ReparaturNetzWerk Wien ins Leben, in dem sich zahlreiche Reparaturdienstleister zusammengeschlossen haben.