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#Nachgefragt… bei Prof. Mayer-Tasch, Ehrenmitglied des Öko-Instituts

Für die Zukunft ist die externe Sicht auf die Arbeit des Öko-Instituts unverzichtbar. Diese Sicht liefern schon seit den ersten Tagen des Instituts die Professoren Peter C. Mayer-Tasch, Eckard Rehbinder und Udo E. Simonis. Zuerst im Kuratorium, seit 2021 sind sie Ehrenmitglieder des Öko-Institut e.V. Wir haben bei ihnen #nachgefragt

Was ist der größte Unterschied am Öko-Institut früher und heute?

Auch in den Anfängen war im Institut – neben Bekennermut, Tatendrang und der Überzeugung „Jetzt oder nie“ – schon respektabler Sachverstand und Augenmaß am Werk, die Arbeitsbedingungen aber noch sehr limitiert. Dank der ständigen Erhöhung des Problemdrucks und der sich daraus ergebenden Erweiterung des Auftragsvolumens und der daraus resultierenden Forschungskapazitäten konnten die an dieser Umweltfront Kämpfenden ihr learning by doing ständig intensivieren, so dass sich das Öko-Institut heute – soweit ich dies beurteilen kann – als eine wohlstrukturierte Forschungseinrichtung mit erstaunlicher Professionalität und Reichweite darstellt.

Was möchten Sie der heutigen Generation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitgeben aus Ihren Erfahrungen?

Aus meiner Erfahrung als Rechts- und Politikwissenschaftler würde ich den am Institut Forschenden auch weiterhin dringend raten, sich nie an – wenn vielleicht auch noch so bedeutsamen – Einzelergebnissen festzubeißen, sondern sie stets mit rivalisierenden Ergebnissen innerhalb und außerhalb des Hauses abzugleichen. Zwar mag es als „Weckruf“ zuweilen hilfreich sein, dramatisch klingende Einzelergebnisse „durchsickern“ zu lassen.

Die Überzeugungskraft des Institutes lässt sich aber auf Dauer nur garantieren, wenn die aus den eigenen Forschungsergebnissen resultierenden Handlungsempfehlungen zumindest für die jeweilige Regierungsmehrheit konsensfähig werden – und überdies auf weitgehende gesellschaftliche Resonanz hoffen dürfen.

Worauf kommt es in der künftigen Klimafolgen- und Klimaanpassungsforschung an?

Genau darauf kommt es meines Erachtens an: sich in der Klimafolgen- und Klimaanpassungsforschung, vor allem aber in deren Präsentation nach Außen, nicht in Detaildiagnosen und Detail-Therapiepostulaten zu verlieren, sondern stets „konzertierte“ Erkenntnisse zu erstreben und zu vertreten. Dazu gehört auch die Berücksichtigung ästhetischer Belange bei der klimatechnologischen Aufrüstung, was vielfach vernachlässigt wird, aber von vielen Menschen schmerzlich empfunden wird.

Was ist aus Ihrer Sicht der größte Mythos beim Klimaschutz?

Ein irreführender Mythos ist es, zu glauben, dass sich die Klimakrise allein oder auch nur hauptsächlich durch umwelttechnologische Fortschritte (z.B. Elektromobilität) bewältigen lässt. Bewältigen lässt sie sich – wenn überhaupt – nur, wenn die ganze Weltgesellschaft eine große innere Umkehr vollzieht, sich – allen bisherigen anthropologischen Tendenzen zum Trotz – auf einen leidenschaftlichen Überlebenswillen besinnt und alle sich für das individuelle und kollektive Leben ergebenden Verhaltensänderungen vollzieht. Deutschlands Aufgabe kann in diesem Zusammenhang weniger quantitativ als qualitativ (Vorbildfunktion) gewertet werden.

Wenn Sie Bundeskanzler wären, welche Entscheidung würden Sie morgen zum Klimaschutz treffen?

Bei der anstehenden Regierungsbildung würde ich ein Klima-Ministerium etablieren, dessen Ressortchef(in) eine suspensives Veto gegen alle markant klimaschädlichen Vorlagen anderer Ministerien einlegen könnte, das nur durch eine Zweidrittelmehrheit des Kabinettes (aus verfassungsrechtlichen Gründen einschließlich der Stimme des Bundeskanzlers) überstimmt werden könnte.

Im Übrigen würde ich unter Inanspruchnahme meiner Richtlinienkompetenz sofort ein Tempolimit von maximal 130 Kilometern pro Stunde auf den Entscheidungsweg bringen. Was in den kapitalistischen USA möglich war, müsste auch bei uns trotz des Stellenwertes der Autoindustrie möglich sein.

Was können wir von der Covid-19-Pandemie für den Klimaschutz lernen?

Wie die Klimakrise zeigt auch die Corona-Pandemie, dass es sich bei der Herrschaft des Menschen über die Natur um eine große Illusion handelt und die „Rückeroberung“ bis hin zur denkbaren Beseitigung eines nicht konvivialen Parasiten Mensch mit atemberaubender Geschwindigkeit erfolgen kann, wenn dieser seinen Stellenwert im Ökosystem weiterhin falsch einschätzt.

Prof. Dr. Peter C. Mayer-Tasch ist seit 1971 Professor für Politikwissenschaft und Rechtstheorie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. 1971 bis 2003 war er Mitglied des Direktoriums des Geschwister-Scholl-Instituts, meist geschäftsführend. 1984 gründete er die Forschungsstelle für Politische Ökologie. 2002 bis 2010 war er Rektor der Hochschule für Politik München, deren Lehrbereich „Politische Theorie“ er auch danach noch mit Prof. Dr. Ulrich Weiss leitete sowie deren Diplom-Prüfungswesen bis Ende 2019.

Prof. Mayer-Tasch ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher auch aus dem Bereich der Politischen Ökologie, unter anderem: Umweltschutz-Politik des peripheren Eingriffes (1974), Die Bürgerinitiativbewegung (5. Aufl. 1985), Die verseuchte Landkarte (1987), Transit. Das Drama der Mobilität (1990), Politische Ökologie (1999), Meer ohne Fische (2007), Welt ohne Wasser (2009), Der Hunger der Welt (2011), Die unerschöpfliche Kraft des Einfachen (2016), Natur denken (2. Aufl. 2019), Zeitenwende. Zur Dialektik sozialer und ökologischer Gerechtigkeit (2020). Zuletzt: Die Kraft der Zuversicht (2021).

Heute betreibt Prof. Mayer-Tasch die Philosophische Praxis „Boethius“ in Schondorf am Ammersee. 

 

Weitere Informationen

Peter Cornelius Mayer-Tasch bei Wikipedia

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