Nachhaltige Bauernregeln zum Globalen Klimastreik
Sechs Milliarden Euro bekommt Deutschland aus dem Brüsseler Agrartopf. Dafür muss mehr Umwelt- und Artenschutz drin sein, als Agrarministerin Klöckner derzeit plant. Das fordert die Geschäftsführerin des Öko-Instituts, Anke Herold anlässlich des Globalen Klimastreiks. Sie sagt: „Die nationale Agrar-Strategie ist ein Kernbestandteil der Klimastrategie und darf nicht einfach durch die Landwirtschaftsministerien entschieden werden.“ Und fordert einen neuen Gesellschaftsvertrag für die Landwirtschaft – ohne Hast.
Die Planung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2023 bis 2027 in der EU gibt den Mitgliedstaaten deutlich größere Spielräume, die landwirtschaftlichen Betriebe für Umweltmaßnahmen zu belohnen. Eine Trendwende für mehr Umwelt- und Artenschutz bringen die neuen Regelungen aus Brüssel – wie in diesem Blog bereits berichtet – leider nicht.
Um immerhin die Spielräume auszugestalten, müssen die Mitgliedstaaten künftig nationale Strategiepläne entwerfen. Die deutsche Umsetzung könnte im Strategieplan so gestaltet werden, dass Deutschland mit den circa sechs Milliarden Euro aus dem Brüsseler Agrartopf Artenschutz, Tierwohl und Naturschutz fördert, sowie Treibhausgasemissionen, Nährstoffüberschüsse und Pestizideinträge reduziert.
Auch die Landwirte wollen eine Trendwende
Nach einer Forsa-Umfrage unter den Bauern und Bäuerinnen zur zukünftigen finanziellen Förderung sind diesen vor allem eine möglichst tierfreundliche Viehhaltung (91 Prozent) und eine möglichst umweltfreundliche Produktion mit hohen Umweltstandards (83 Prozent) wichtig. Die große Mehrheit der befragten Landwirte (87 Prozent) kann sich vorstellen, zukünftig mehr konkrete Maßnahmen für den Naturschutz umzusetzen; zum Beispiel über die Teilnahme an Agrar-Umweltmaßnahmen. Wobei 68 Prozent der Landwirte und Landwirtinnen diese Maßnahmen nur bei angemessener finanzieller Förderung umsetzen möchte.
Klöckner verhindert mehr Klima- und Umweltschutz
Aber noch ehe in Brüssel alle Details für die gemeinsame Agrarpolitik der EU ausverhandelt sind, hat Landwirtschaftsministerin Klöckner bereits drei Gesetzesvorhaben zur nationalen GAP-Umsetzung ausgearbeitet, die vor allem das Ziel haben, mehr Klima- und Umweltschutz in der Landwirtschaft zu verhindern.
Die erste Säule der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sind Direktzahlungen, die an die Fläche gebunden sind.
Landwirtschaftsministerin Klöckner möchte nur 20 Prozent des Budgets der ersten Säule für Öko-Maßnahmen reservieren, möglich wären laut EU bis zu 42 Prozent. Das Umweltministerium möchte dagegen mindestens 30 Prozent der Mittel aus der ersten Säule für Umweltmaßnahmen verwenden, die dann bis 2027 weiter gesteigert werden sollen. Die Umweltverbände fordern einen Anteil von 40 Prozent, um die Höfe beim Umwelt- und Klimaschutz zu unterstützen. Dieser Anteil soll auf 95 Prozent bis 2027 steigen.
Die zweite – auf das Gesamtbudget bezogen – viel kleinere Säule der GAP fördert die ländliche Entwicklung, Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen oder auch den ökologischen Landbau. Es dürfen auch Mittel von der ersten in diese zweite Säule umgeschichtet werden.
Das Landwirtschaftsministerium sieht in seinen Vorschlägen acht Prozent Umschichtungen von Finanzmitteln der ersten Säule in die zweite Säule vor, diese soll dann bis 2027 auf 10 Prozent steigen. Allein um das aktuelle Finanzierungsniveau der Agrarumweltmaßnahmen zu halten, sind mindestens 10 Prozent an Umschichtungen notwendig. Es gibt jedoch viele Beschlüsse, die höhere Finanzmittel in der zweiten Säule voraussetzen: zum Beispiel der Beschluss, den Ökolandbau bis 2030 auf einen Anteil von 20 Prozent der Fläche auszubauen. Auch die Wiedervernässung der Moore, eine Maßnahme, mit der viel CO2 aus der Atmosphäre eingebunden werden kann, könnte aus diesen Mitteln gefördert werden.
Nur auf 8 Prozent der Flächen in Deutschland ökologischer Landbau
Beim ökologischen Landbau liegt Deutschland mit knapp 8 Prozent Flächenanteil an der Agrarfläche deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Selbst Tschechien hat inzwischen einen Anteil von 15 und Österreich von 25 Prozent erreicht.
„Nicht-produktive“ Flächen auf Höfen
Daneben gibt es noch den Bereich der sogenannten „Konditionalitäten“. Das sind die Bedingungen, die insgesamt für einen Hof gelten. Die Gesetzesvorschläge aus dem Landwirtschaftsministerium sehen vor, dass drei Prozent der Flächen „nicht-produktive“ Flächen sein sollen. Das Umweltministerium fordert hier mindestens 5 Prozent der Acker- und Dauergrünlandflächen, damit gemeinsam mit den anderen Umweltmaßnahmen insgesamt 10 Prozent der Flächen für die Artenvielfalt zur Verfügung gestellt werden können.
Bevor „Zukunftskommission Landwirtschaft“ Plan vorlegt, will Klöckner Fakten schaffen
Im vergangenen Jahr wurde auch eine „Zukunftskommission Landwirtschaft“ eingerichtet. Bauernverbände, Handel, Wissenschaft und Umwelt- und Verbraucherverbände sollen einen Plan und Maßnahmen für eine ökonomisch tragfähige, sozial verträgliche Landwirtschaft entwerfen, die einerseits die Umweltziele erfüllt und gleichzeitig den Bauern und Bäuerinnen gute ökonomische Perspektiven bietet. Die Zukunftskommission soll entscheidend dabei helfen, die bestehenden Zielkonflikte zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz aufzulösen. Im Sommer soll der Abschlussbericht vorliegen.
Nun möchte Agrarministerin Klöckner Fakten schaffen, lange bevor die Kommission ihre Arbeit beendet hat. Dabei ist es gerade für die nationale Umsetzungsstrategie wichtig, wie die Umweltmaßnahmen im nationalen Strategieplan genau ausgestaltet werden.
Falsche Richtung
Acht Landwirtschaftsminister der Bundesländer aus CDU, SPD, FDP und Linke haben sich gerade auf eine gemeinsame Haltung verständigt, die die Reformvorschlägen von Landwirtschaftsministerin Klöckner weitgehend unterstützt: die Mittel aus der ersten Säule für die Öko-Regelungen sollen bei 20 Prozent gedeckelt werden. Falls die EU am Ende mehr Umweltschutz in der ersten Säule beschließt, sollen sogar Finanzmittel aus den Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule in die erste Säule der Flächenförderung umgeschichtet werden.
Neuer Gesellschaftsvertrag für die Landwirtschaft vonnöten
Wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag für die Landwirtschaft, der
die Agrarsubventionen an ökologische Ziele bindet und
für die Landwirte sichere Einkommen schafft.
Der nationale GAP-Strategieplan muss an den Klimazielen ausgerichtet werden und verstärkt zum Artenschutz beitragen.
Es ist genug Zeit, um die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft abzuwarten und zu berücksichtigen, sonst ist eine entscheidende Chance für einen tragfähigen Kompromiss für die künftige Weichenstellung der Landwirtschaft vertan.
Der nächste Klima-Aktionstag sollte auch dafür genutzt werden, um zu zeigen, dass die nationale GAP-Strategie ein Kernbestandteil der Klimastrategie ist und daher nicht einfach durch die Landwirtschaftsministerien entschieden werden darf!
Anke Herold ist Geschäftsführerin des Öko-Instituts. Sie war Verhandlungsführerin für die EU zum Thema Transparenz unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Ihr Arbeitsschwerpunkt ist die europäische und internationale Klimapolitik, insbesondere die Ausgestaltung des internationalen Klimaregimes.
Kurzstudie des Öko-Instituts im Auftrag von Germanwatch. Sie zeigt, welche Minderungspotenziale hinsichtlich der Emissionen der Landwirtschaft über die GAP mobilisiert werden können.