Roter Teppich, recycelt
Die Internationalen Filmfestspiele Berlin, die am 13. Februar 2025 mit der Weltpremiere von „Das Licht“ beginnen – der Geschichte einer syrischen Haushälterin und einer deutschen Mittelschichtsfamilie – setzen bereits seit vielen Jahren auf Umwelt- und Klimaschutz. Der rote Teppich besteht aus recycelten Materialien, LEDs beleuchten den Berlinale-Palast, das Catering ist komplett vegetarisch. Bereits 2010 hat das Öko-Institut für das Filmfestival einen CO2-Fußabdruck erstellt, im vergangenen Jahr hat die Berlinale ihre Klimabilanzierung erneuert.
Das Engagement der Filmfestspiele spiegelt sich auch an der Beteiligung an der bundesweiten Initiative Culture4Climate wider. Diese setzt sich dafür ein, dass der Kultursektor Klima- und Nachhaltigkeitsziele erreicht. „Er hat dabei eine doppelte Aufgabe. Zum einen, seine eigenen Emissionen etwa in Theatern, Kinos oder Museen zu reduzieren“, sagt Jürgen Sutter, Senior Researcher und Projektleiter von Culture4Climate am Öko-Institut. „Zusätzlich hat die Kultur eine beachtliche Vorbildfunktion, die sie für den Umwelt- und Klimaschutz nutzen und so einen Kulturwandel fördern kann.“ Die erste Aufgabe können Kulturorganisationen in Zukunft noch leichter erfüllen. Denn mit dem so genannten Klimatool hat die Initiative ein kostenloses, einfach zu nutzendes Instrument entwickelt, das sie effektiv beim Klimaschutz unterstützt. „Mit dem Tool können sie CO2-Einsparpotenziale ermitteln und Maßnahmen ableiten“, so Sutter.
Buffet oder Beleuchtung? Ausgewählte Themen
Das Klimatool widmet sich vier unterschiedlichen Themenfeldern und ist nach ihnen strukturiert: Energie, Mobilität, Ernährung und Catering sowie Materialbeschaffung und Ressourcen. „Bei Energie und Mobilität entstehen die meisten Emissionen. So spielt etwa das Mobilitätsverhalten des Publikums eine entscheidende Rolle“, erklärt der Wissenschaftler vom Öko-Institut. „Die beiden anderen Themenfelder haben eine geringere Wirkung, sind dafür aber oft kostengünstig und kurzfristig umsetzbar – wie zum Beispiel ein vegetarisches Catering oder die Umstellung auf LEDs. Maßnahmen mit geringer Klimarelevanz haben wir übrigens nicht aufgenommen.“
Leitungswasser oder LEDs? Gezielte Maßnahmen
Für jedes Themenfeld sieht das Klimatool zudem unterschiedliche Maßnahmen vor – 18 sind es insgesamt. „Dazu zählen kostenintensivere Ansätze wie zum Beispiel eine energetische Sanierung und die Installation einer Solaranlage oder einer Wärmepumpe. Wir haben aber auch viele Maßnahmen integriert, die deutlich billiger und einfacher umzusetzen sind – so etwa ökologischer zu heizen, Leitungs- statt Flaschenwasser anzubieten und Kostüme oder Elektronik zu leihen statt sie zu kaufen.“ Weitere Maßnahmen, zu denen das Klimatool umfassende Informationen zur Verfügung stellt, sind etwa, die Gäste etwa durch ein Kombiticket zu einer umweltfreundlichen Anreise zu motivieren, Lebensmittelabfälle zu vermeiden oder auch Mehrwegsysteme zu etablieren. Zahlreiche wertvolle Maßnahmen hat auch die Berlinale bereits umgesetzt. Sie hat zudem Fahrdienste mit Elektroautos eingerichtet, lässt das Merchandise zu großen Teilen aus Recyclingmaterial produzieren und hat schon 2011 auf Ökostrom umgestellt.
Sanierung oder Solaranlage? Unterschiedliche Potenziale
Das Klimatool informiert nicht nur über die Maßnahmen, sondern zeigt auch ihre konkreten CO2-Einsparpotenziale, die sich unkompliziert berechnen lassen. „Die Nutzenden können so nicht nur relevante Maßnahmen identifizieren und ihre Wirksamkeit analysieren, sondern sie ebenso mit anderen Maßnahmen vergleichen und sehen, was die größte Wirkung hat“, erklärt der Wissenschaftler vom Öko-Institut. „Dafür hinaus enthält das Tool Hinweise, welchen Aufwand die Kulturschaffenden in punkto Kosten, Zeitaufwand oder auch Personaleinsatz erwarten müssen.“
Verändern und Verankern! Ein detaillierter Plan
Im Zuge der einfachen Schritt-für-Schritt-Anleitung ist es zudem möglich, einen individuellen Maßnahmenplan zu generieren und die damit mögliche Emissionsminderung zu berechnen. Darüber hinaus enthält das Klimatool zahlreiche wertvolle Tipps für die Umsetzung. Eine zentrale Rolle spielen dabei Management und Kommunikation. „Gerade die Führungsebene ist beim Klimaschutz in der Pflicht. Sie muss klare Ziele setzen und Veränderungen aktiv vorantreiben. Natürlich in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden und Partnerorganisationen.“
Unterstützen und ermöglichen. Culture4Climate
Die Initiative Culture4Climate unterstützt Akteur*innen der Kulturbranche nicht nur mit dem neuen Klimatool. Sie richtet sich an Kulturschaffende und Verbände ebenso wie an die Kultur- und Umweltverwaltung, unterstützt diese beim Klimaschutz und denkt dabei spartenübergreifend. Von Museen und Kinos über Festivals und Literaturveranstaltungen bis hin zur Bau- und Denkmalkultur wurden alle Kulturbereiche einbezogen. „Unser Projektpartner 2N2K hat im Rahmen von Culture4Climate zum Beispiel so genannte SDG-Tandems umgesetzt, Partnerschaften zwischen Kultur und nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen. Diese sollen einen Wissenstransfer ermöglichen und Lernprozesse in der Kultur verkürzen“, so Jürgen Sutter. „Außerdem haben wir unter anderem an einem Weiterbildungsangebot des Projektpartners KuPoGe mitgewirkt, das die Handlungsfähigkeit von Kulturmanager*innen erhöhen soll.“
Die Initiative Culture4Climate wurde vom Bundesumweltministerium gefördert und gemeinsam mit dem Netzwerk Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur (2N2K) und der Kulturpolitischen Gesellschaft (KuPoGe) umgesetzt.
Jürgen Sutter ist Senior Researcher im Bereich Ressourcen & Mobilität des Öko-Instituts. Hier befasst er sich unter anderem mit Ökobilanzen und Stoffstromanalysen sowie der Erstellung von Corporate Carbon Footprints (CCF) und Product Carbon Footprints (PCF).
Weitere Informationen
Klimatool der Initiative Culture4Climate
Themenseite auf der Website der Berlinale: Nachhaltig handeln