Spenden

Schlüssel für elektrische Unternehmensflotten: Fünf Ansätze zum Ausbau der Ladeinfrastruktur

Die Elektrifizierung von Unternehmensfuhrparks ist wichtig, um den CO2-Ausstoß des Verkehrs zu senken. Die beiden Wissenschaftler Lukas Minnich und Andreas Hermann, zeigen in ihrem Blogbeitrag, welche Entscheidungen die Politik treffen kann, um den Ausbau der Ladeinfrastruktur für – nicht nur gewerbliche – Pkw voranzutreiben.

Die Bundesregierung setzt vor allem auf die Elektrifizierung, um die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen: Bis 2030 sollen 15 Millionen batterieelektrische Pkw im Bestand sein. Gewerblich zugelassene Fahrzeuge machen einen großen Teil der Neuzulassungen aus, werden kurz genutzt und kommen dann auf den Gebrauchtwagenmarkt. Zudem werden sie im Schnitt mehr gefahren. Somit haben Unternehmen einen großen Einfluss auf die Verkehrswende. Zum 1. Januar 2023 wird jedoch die Anschaffung von elektrischen Fahrzeugen weniger gefördert als zuvor. Vom 1. September an wird sie für gewerbliche Halter ganz gestrichen. Damit werden umso mehr die Rahmenbedingungen entscheidend, um den Verbrennungsmotor aus dem Pkw-Bestand zu verdrängen. Der zentrale Schlüssel dabei: die Ladeinfrastruktur.

Mobilitätsprofile von Unternehmensfuhrparks sind sehr vielfältig und damit auch die Anforderungen an Lademöglichkeiten. Eigentumsverhältnisse und technische Voraussetzungen können große Hemmnisse für die Errichtung von Ladeinfrastruktur auf dem Unternehmensgelände sein und diese im Einzelfall verhindern. In diesen Fällen müssen also Ersatzlösungen bereitstehen. Das kann die Nutzung von öffentlichen Ladesäulen sein oder von Ladeinfrastruktur am Wohnort von Dienstwagennutzer*innen. Im Interesse einer möglichst vollständigen Flottenelektrifizierung sollten somit für alle Ladeorte – am Unternehmensstandort, am Wohnort und öffentlich zugänglich – förderliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Aktuell fühlen sich viele Unternehmen bei dem Thema überfordert: Zuständige mit fachlicher und zeitlicher Kapazität fehlen. (Steuer-)rechtliche Fragen sind ungeklärt oder überkomplex. Oder es scheitert an der Koordinierung der vielen Akteur*innen im Unternehmen, deren Beteiligung bei dem Thema erforderlich ist. Meist mangelt es an Daten zu Mobilitätsgeschehen und Energiebedarfen in der Flotte und sonstigen elektrischen Verbräuchen

Viele Fragen zur Ladeinfrastruktur sind inzwischen geklärt

Zwar gibt es Themen, die geklärt wurden, etwa die Frage, wann eichrechtskonforme Zähler verwendet werden müssen und wann ein öffentlicher Ladepunkt im Sinne der Ladesäulenverordnung vorliegt. Auch die Abgrenzung von Ladevorgängen und die Definition von Letztverbrauchern bei vorliegender EEG-Privilegierung sind inzwischen geklärt: Noch zu Beginn des Projekts „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“ wurde dies als Hemmnis thematisiert und ist nun durch die Aussetzung der EEG-Umlage hinfällig.

Auch der Regierungsentwurf „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ den das Bundeskabinett im Juli 2022 beschlossen hat, stellt Lösungen in Aussicht: zum Beispiel für die Regulierung des gesteuerten Ladens. Der Masterplan soll helfen, neue Potenziale für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu erschließen, etwa durch nächtliches Laden beim Supermarkt. Auch soll der Komfort für die Nutzenden verbessert werden, indem z. B. Echtzeitinformationen zur Belegung von Ladepunkten zur Verfügung gestellt und Möglichkeiten zur Reservierung geschaffen werden. Diese Aspekte sind im Unternehmenskontext, wo Verlässlichkeit und Planbarkeit betrieblicher Vorgänge eine große Rolle spielen, sehr relevant.

Weiterhin stehen Unternehmen jedoch beim Aufbau von Ladeinfrastruktur Hindernisse im Weg. Wir präsentieren fünf konkrete Ansätze, die die Rahmenbedingungen erleichtern würden.

1.    Nicht-öffentliche Ladeinfrastruktur am Wohnort und Unternehmensstandort gezielt fördern

Auch wenn es aufgrund der vielen Hemmnisse oft in Frage steht: Wo private Ladeinfrastruktur möglich ist, sollte sie auch geschaffen werden. Fangen wir mit dem Wohnort von Dienstwagennutzer*innen an:

Erstens kann Laden dort ein Komfortvorteil gegenüber dem Tanken eines Verbrenners sein: Das Fahrzeug wird ohne zusätzliche Wege während der Standzeiten unkompliziert geladen.

Zweitens, so berichten Unternehmensvertreter*innen, besuchen manche Dienstwagenfahrer*innen aufgrund von Homeoffice nur noch selten das Unternehmensgelände. Somit kann die dortige Ladeinfrastruktur kaum genutzt werden – auch wenn sich hier die Frage stellt, ob dann ein Dienstwagen überhaupt nötig ist.

Drittens, weil jeder Ladepunkt zählt: Fahrzeuge, die größtenteils zuhause geladen werden können, blockieren nicht den Schnellladehub für andere Nutzer*innen.

Und viertens, weil am Wohnort häufig Photovoltaik-Dachanlagen vorhanden sind oder installiert werden können. Der Sonnenstrom kann hier – eventuell mit Speicher –direkt genutzt werden. Diese dezentrale Nutzung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Verteilnetz nicht ausgebaut werden muss.

Die Kosten für Ladepunkte am Wohnort sind differenziert zu betrachten: Die Beschäftigtenbefragung im Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“ hat ergeben, dass heute etwa zwei Drittel der Befragten, die bereits über einen heimischen Ladepunkt verfügen, selbst Kosten von maximal 2.000 Euro getragen haben. Inklusive Förderung hat aber auch jeder vierte Ladepunkt mehr als 5.000 Euro gekostet. Kosten in dieser Höhe können die Entscheidung für ein Elektroauto verhindern. Gut möglich, dass bisher überwiegend in „einfachen“ Konstellationen Ladeinfrastruktur zuhause aufgebaut wurde. Wenn zukünftig die Potenziale voll ausgeschöpft werden sollen, könnten die teuren „Härtefälle“ einen höheren Anteil haben.

Wenn also die oben genannten Vorteile von Heimladepunkten zum Tragen kommen sollen, sollten diese weiterhin bzw. wieder gefördert werden. An die Stelle der – inzwischen ausgelaufenen – Förderung nach dem Gießkannenprinzip sollte eine spezielle Förderung für Standorte mit begründbaren erheblichen Mehrkosten treten: und zwar dort, wo Ladepunkte besonders teuer werden durch lange Kabelwege, Tiefbauarbeiten, einem unzureichenden Hausanschluss, grundstücksinternen Elektroinstallationen oder einem aufwendigen Lastmanagement.

Wie die Befragung im Porjekt zeigt, treten diese Hindernisse in Mehr- und Einfamilienhäusern ähnlich häufig auf. Eine kategorische Einschränkung auf bestimmte Gebäudetypen oder Eigentumsverhältnisse ist also nicht sinnvoll. Um bei einer solchen Förderungen Mitnahmeeffekte zu vermeiden, könnte man die Einstufung als Härtefall mittels einer standardisierten Checkliste überprüfen.

2.    Steuerliche Fragen zwischen Arbeitgeber und Fahrzeugnutzer*in vereinfachen

Am Wohnort stellt sich die Frage, wie die Kosten für die Installation von Ladeinfrastruktur und die Energiekosten zwischen Arbeitgeber und Dienstwagennutzer*innen abgerechnet werden und wie das steuerlich zu behandeln ist.

Dass der Arbeitgeber die Installation bezahlt, ist eher selten: In der im Projekt befragten Gruppe von Beschäftigten mit Ladepunkt im Privatbesitz bekam weniger als jede*r Vierte dabei einen Zuschuss vom Arbeitgeber.

Kompliziert ist die Frage, wie im Betrieb die Stromkosten abgerechnet werden: Die Befragung hat gezeigt, dass meistens die Beschäftigten die heimische Stromrechnung zahlen und sich dann die Kosten vom Unternehmen erstatten lassen. Dies geschieht etwa gleich oft nach individuellem Verbrauch oder mittels einer Pauschale.

Alternativ ist ein Modell denkbar, in dem der Arbeitgeber Eigentümer des Ladepunkts ist, der Verbrauch auf die Kilowattstunde genau durch ein zentrales Backend abgerechnet wird und das Unternehmen direkt die Rechnung zahlt. Das ist für Dienstwagennutzer*innen komfortabel, bietet einen Anreiz zum heimischen Laden und ähnelt der Lösung aus der verbrennungsmotorischen Welt, in der der Dienstwagen meistens mit einer Tankkarte ausgestattet ist. Diese Lösung wurde aber nur bei 15 Prozent der Befragten gewählt, möglicherweise weil sie relativ teuer ist.

Die drei Lösungen unterscheiden sich in mess-, eich- und steuerrechtlichen Aspekten, die in der Rubrik „Ladeinfrastruktur“ (Abschnitt 5.6) erläutert werden. Die steuerlichen Fragen rund um die Installations- und Stromkosten bei Ladepunkten am Wohnort von Dienstwagennutzer*innen sind durch das Finanzministerium im Schreiben vom 29. September 2020 grundsätzlich geklärt worden. Diese Regelungen sind allerdings nicht einfach zu verstehen, besonders, wenn Firmen keine spezialisiertes Personal für diese Themen haben. Zusammen mit technischen Hemmnissen und Kostenrisiken kann dies dazu führen, dass Unternehmen von Ladeinfrastrukturaufbau am Wohnort absehen.

Unser Lösungsvorschlag: Fallbeispiele für typische Konstellationen der Kostenabrechnung zwischen Arbeitgeber und Dienstwagennutzer*in und deren steuerliche Behandlung würden das Verständnis deutlich erleichtern. Diese könnten zum Beispiel das Bundesfinanzministerium oder die NOW zur Verfügung stellen.

3.    Gesetze für nicht-öffentliche Ladeinfrastruktur konkretisieren

In den letzten Jahren wurden im Bereich Ladeinfrastruktur gesetzliche Neuerungen wie das GEIG (Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität oder kurz Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz) und das WEMoG (Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften oder kurz Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz) umgesetzt. Sie enthalten Rechte und Pflichten für Immobilieneigentümer*innen und Mieter*innen und können im Kontext der Unternehmensmobilität sowohl das Laden am Unternehmensstandort tangieren als auch das Laden am Wohnort. Ob die Gesetzesänderungen einen spürbaren Schub zur Förderung der Ladeinfrastruktur erzeugt haben, lässt sich aber noch kaum bewerten.

Erst eine längere Anwendung des WEMoG wird klären: Schaffen die darin getroffenen Regelungen und Erläuterungen darin getroffenen Regelungen und Erläuterungen ausreichend Klarheit in Hinblick darauf, wer die Kosten für nötige hausinterne und -externe Ertüchtigungsmaßnahmen am Stromnetz zu tragen hat? Entfaltet es ausreichend Durchsetzungskraft, um es Miet- bzw. Eigentümerparteien zu ermöglichen, die Installation von Ladeinfrastruktur am Wohnort auch gegen Widerstände durchzusetzen?

Für das GEIG lassen sich heute schon konkrete Verbesserungsvorschläge formulieren: Für eine bessere Wirkung müssen die Bedingungen zur Anwendung der Vorgaben angepasst und Begrifflichkeiten und Fristen konkretisiert werden.

Beispiel 1: Die Pflicht zur Installation von Leitungsinfrastruktur bei Bestandsgebäuden (Abschnitt 4 des GEIG) gilt bisher nur bei „größeren Renovierungen“. Dies ist der Fall, wenn 25 Prozent der Gebäudehülle renoviert werden (nach § 2 Abs 5 GEIG). Der Gesetzgeber sollte prüfen, ob die Pflichten in Abschnitt 4 GEIG auch bei weiteren Anlässen greifen muss, etwa bei größeren Änderungen an der Gebäudeelektrik oder beim Parkplatzbau. Dies könnte bei der Installation von Ladepunkten und Technik sinnvoll sein. Dazu müsste § 2 Abs. 5 GEIG geändert werden.

Beispiel 2: Bei gemischt genutzten Gebäuden (§ 11 GEIG) sollten Formulierungen wie „überwiegende Art der Nutzung“ oder „nicht unerheblicher Teil der Gebäudenutzfläche“ konkretisiert werden: entweder im Gesetz oder durch untergesetzliche Regelungen.

Beispiel 3: Das GEIG regelt für Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen innerhalb des Gebäudes oder mit mehr als 20 an das Gebäude angrenzenden Stellplätzen, dass nach dem 1. Januar 2025 ein Ladepunkt errichtet wird (§ 10 Abs. 1 GEIG). Die Formulierung „nach dem 1.1.2025“ lässt offen, bis wann diese zu bauen sind oder, ob die Pflicht sogar bis zum 1.1.2025 zu erbringen ist. Diese Unklarheit ist misslich, da die Nichterfüllung der Pflicht mit einem Bußgeld geahndet werden kann.

Zudem sollte das GEIG über die Vorschläge im Masterplan II der Bundesregierung hinaus überarbeitet werden. Die Ausbauziele müssen – beispielsweise in Anlehnung an die Vorschläge der Europäischen Kommission – erhöht werden. Den Bundesländern sollte die Möglichkeit gegeben werden, ambitioniertere Vorgaben zu machen (Länderöffnungsklausel); das fehlt bisher im Masterplan.

Konkretisierungsbedarf besteht auch bei den gesetzlichen Grundlagen für intelligentes Laden.  Unternehmen können durch zeitvariables Laden und perspektivisch auch durch Rückspeisung aus dem Fahrzeug ins Netz (Vehicle-to-Grid) Kosten sparen. Der Eigenverbrauch von Erneuerbaren Energien kann maximiert, der Netzanschluss geringer dimensioniert und Kosten für die Netzentgelte reduziert werden. Gleichzeitig kann dadurch die Netzstabilität verbessert werden.

In der Praxis spielen zeitvariables Laden und Vehicle-to-Grid aber noch keine große Rolle, weil die Unternehmen davon noch nicht finanziell profitieren können. Flottenbetreiber, die sich heute mit dem Thema beschäftigen, stehen vor Unsicherheiten, die ein proaktives Handeln verhindern: Bringt die Zukunft eher das zeitvariable Laden oder eher dezentrale Speicher? Falls ersteres: Welches Instrument wird einen netzdienlichen Rollout ermöglichen? Direkte Steuerung durch die Netzbetreiber oder zeitvariable Netzentgelte?

Der gesetzliche Rahmen sollte intelligentes Laden fördern, um einen zügigen und effizienten Ausbau der Ladeinfrastruktur zu gewährleisten. Hierzu sind die Anerkennung von E-Fahrzeugen als mobile Speicher (fehlende Rechtsverordnung zur Umsetzung des § 14a EnWG), Klärung von Haftungsfragen in Bezug auf die Fahrzeugbatterie, Förderung für stationäre Speicher und flexible Stromtarife wichtige Schlüssel (siehe hierzu Studie Szenarien und regulatorische Herausforderungen für den Aufbau der Ladeinfrastruktur für elektrische Pkw und Lkw"  des Öko-Instituts (S. 90ff.), Drucksache 20/2580 des Deutschen Bundestages (S. 213ff.),

Stellungnahme zum Entwurf des Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz–SteuVerG" von Agora Verkehrswende, Agora Energiewende und Regulatory Assistance Project (RAP)).

4.    Ladehubs auf Einzelhandelsparkplätzen zulassen und nachts nutzbar machen

Unterschiedliche Hemmnisse können die Errichtung von Ladeinfrastruktur am Wohnort und auf dem Unternehmensgelände und somit die „Grundversorgung“ der zu elektrifizierenden Fahrzeuge verhindern: In der Beschäftigtenbefragung gaben die Befragten für den Wohnort als häufigstes Hemmnis die Kosten an, gefolgt vom elektrischen Anschluss und baulichen Hemmnissen.

Die Beschäftigtenbefragung zeigte, dass die Verfügbarkeit von privaten Stellplätzen in Mehrfamilienhäusern und im innerstädtischen Bereich besonders gering ist. Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur wird besonders an diesen Orten als Ersatzlösung gebraucht. Der flächendeckende Aufbau von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum (Straßenrand) erscheint aktuell nicht als präferierte Lösung.

Stattdessen könnten öffentlich zugängliche Stellplätze auf Privatgeländen, beispielsweise auf Supermarktparkplätzen, eine Hauptrolle spielen. Aber können diese Lademöglichkeiten auch für das nächtliche Laden zugänglich gemacht werden? Dies würde deren Auslastung erhöhen, den Komfort für die Nutzenden verbessern und böte aufgrund der langen Standzeiten mehr Flexibilitäten für gesteuertes Laden. Dazu muss aber die bauleitplanerische und baurechtliche Einordnung geklärt werden. Möglicherweise ist eine Anpassung von BauNVO und BImSchG erforderlich. Mehr Klarheit würde schon bringen, ob Ladehubs wie konventionelle Tankstellen zu behandeln sind. So sind konventionelle Tankstellen im Sinne der BauNVO als störende Gewerbebetriebe eingestuft und daher nicht zulässig in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten sowie Kleinsiedlungsgebieten. In Misch-, Gewerbe- und Industriegebieten wären sie hingegen grundsätzlich zulässig. Die störende Eigenschaft liegt vor allem in den An- und Abfahrten der Kund*innen.

In diesem Zusammenhang ist zu diskutieren, ob eine solche Gleichstellung mit Tankstellen gerechtfertigt ist. Schließlich sind an Ladehubs keine vergleichbaren Geruchsbelästigungen zu erwarten, keine Anlieferungsvorgänge mit Tanklastwagen und keine Sicherheitsrisiken beim Befüllen. Insbesondere aber könnten auch die besonders störenden nächtlichen An- und Abfahrten (z. B. zwischen 22 und 6 Uhr) durch Festsetzung in der Baugenehmigung beschränkt werden (z. B. mittels einer Ein- und Ausfahrtsschranke zum Parkplatz).

Ein solcher Ladehub könnte dann dennoch den Zweck erfüllen, Anwohner*innen mit E‑Fahrzeugen eine verlässliche Versorgung zu bieten, insbesondere in innerstädtischen Gebieten. Diese könnten ihre Fahrzeuge abends an der Ladestation abstellen und diese morgens mit vollem Akku wieder nutzen. Die im Masterplan II vorgesehene Studie zu (Lärm-)Immissionen von Ladehubs sollte auch dieses Anwendungsmodell berücksichtigen.

Aufgrund der vorhandenen Unterschiede ist also zu hinterfragen, ob Ladehubs bauplanungsrechtlich wie Tankstellen einzustufen sind. Sinnvoller wäre es, Ladestation explizit in die BauNVO aufzunehmen. Dabei sollte auch konkretisiert werden, wie über die Zulässigkeit eines Ladehubs entschieden wird, wenn kein Bebauungsplan vorliegt, also keiner der genannten Gebietstypen festgeschrieben ist. Denn viele der Gebiete, in denen ein besonders hoher Bedarf bestünde, Ladepunkte auf Parkplätzen von Supermärkten oder ähnlichen Einrichtungen nachts freizugeben, befinden sich in diesem sogenannten unbeplanten Innenbereich.

5.    Öffentliche Ladeinfrastruktur koordinierter ausbauen und nutzer*innenfreundlicher gestalten

Die öffentliche Ladeinfrastruktur wird insgesamt aktuell nur mit gebremstem Tempo ausgebaut und kann daher weniger als nötig zum Zwischenladen oder als Ersatzlösung für die Grundversorgung von Flottenfahrzeugen genutzt werden. Das Verfahren zur Ausschreibung des Deutschlandnetzes beinhaltet zwar viele Elemente, die die flächenhafte Verfügbarkeit von Schnellladern fördern und diese nutzer*innenfreundlich gestalten sollen. Flottenbetreiber ziehen aber in Zweifel, ob das Verfahren geeignet ist, um für einen schnellen Hochlauf zu sorgen

Daten zu installierter und geplanter Ladeinfrastruktur, öffentlich und privat, verbessern die Ausbauplanung und sollten von Betreibenden verpflichtend bereitgestellt werden. Das öffentliche Normal- und Schnellladenetz soll unter Berücksichtigung von privater Ladeinfrastruktur zusammen gedacht und regional geplant werden. Eine bundesweite Vereinheitlichung und Vereinfachung der Genehmigungsprozesse, möglichst in Form einer „One-Stop“-Lösung, einer Anlaufstelle, die alle Schritte des Genehmigungsprozess betreut, sind erforderlich (siehe hierzu Studie  Szenarien und regulatorische Herausforderungen für den Aufbau der Ladeinfrastruktur für elektrische Pkw und Lkw" des Öko-Instituts, S. 73ff.).

Nachdem die Standardisierung von Steckern, Bezahl- und Zugangssystemen in den letzten Jahren weitgehend erfolgt ist, ist aus Sicht der nutzenden Flotten ausschlaggebend, dass Echtzeitinformationen öffentlich zugänglich sind: Daten zur Echtzeit-Verfügbarkeit und Adhoc-Preis sowie die Reservierbarkeit von Ladepunkten (s. Masterplan Ladeinfrastruktur II, Maßnahmen 8-13) sollten verpflichtend sein.

Fazit: Die Politik kann und muss jetzt entscheidende Weichen stellen!

Da Unternehmensflotten einen großen Einfluss auf die Verkehrswende haben, muss die Politik alles daransetzen, dass die Ladeinfrastruktur schnell und koordiniert flächendeckend ausgebaut wird: am Unternehmensstandort, an den privaten Wohnorten der Mitarbeiter*innen und im öffentlichen Raum. Die fünf konkreten Vorschläge zeigen die große Bandbreite der Ansatzpunkte:

  • Förderung für nicht-öffentliche Ladepunkte: Intelligent designt für besonders kostenintensive Ladepunkte auf dem Firmengelände und am Wohnort.

  • Steuerliche Regelungen anhand von gängigen Beispielen verdeutlichen: Klarheit über mögliche Konstellationen der Kostenabrechnung zwischen Unternehmen und Dienstwagennutzer*in sowie deren steuerliche Behandlung.

  • WEMoG beobachten, GEIG konkretisieren, Stromnetz flexibilisieren: Gesetze konkretisieren für nicht-öffentliche Ladeinfrastruktur am Firmenstandort und privaten Wohnort.

  • Klärung, wie Ladehubs nach BauNVO einzustufen sind: Prüfen, ob Ladehubs auf Einzelhandelsparkplätzen durch Gesetzesänderungen generell für die nächtliche Nutzung zugelassen werden können, bei vorliegendem Bebauungsplan und im unbeplanten Innenbereich.

  • Öffentliche Ladeinfrastruktur koordinierter ausbauen: Daten zu Bestand und Planung vollständig und zentral bereitstellen, Deutschlandnetz schnell aufbauen, Genehmigungsprozesse vereinfachen und standardisieren.

 

Lukas Minnich ist Senior Researcher im Bereich Ressourcen und Mobilität. Der Senior Researcher Andreas Hermann forscht im Bereich Umweltrecht & Governance. Beide arbeiten im Büro Darmstadt.

Keine Kommentare

Neuer Kommentar

* Pflichtfelder