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#VerkehrswendeMythen8: LNG ist eine saubere Brückentechnologie zur Klimaneutralität für Lkw

Ob sich flüssiges Erdgas (LNG) als klimafreundlicher Übergangsantrieb für Lkw anbietet, beantwortet Moritz Mottschall.

Wer kennt es nicht? Auf der rechten Spur der Autobahn drängt sich Lkw an Lkw. Viele haben das Gefühl, dass es immer mehr Lkw auf den Straßen gibt. Das Gefühl täuscht nicht! In den letzten zehn Jahren ist der Straßengüterverkehr um 22 Prozent gewachsen. Und in den nächsten zehn Jahre wird von einem weiteren starken Wachstum ausgegangen.

Umso wichtiger ist es, dass in diesem Bereich die Treibhausgasemissionen verringert werden. Und klar ist: Langfristig müssen die Treibhausgasemissionen auch im Straßengüterverkehr auf Null sinken, beispielsweise durch den Einsatz von Lkw mit Elektroantrieb oder Oberleitung.

Um bereits heute einen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen zu leisten, haben in den letzten Jahren immer mehr Spediteure Lkw mit LNG-Motor angeschafft. Dabei können sie durch eine Förderprogramm des Verkehrsministeriums mit jeweils 12.000 Euro unterstützt werden. Bislang hat das Bundesamt für Güterverkehr die Förderung von 1.572 LNG-Lkw bewilligt. Der Bundestag hat im Mai für eine Verlängerung der Mautbefreiung für Erdgas-Lkw bis zum Jahr 2023 gestimmt. Dies entspricht einer zusätzlichen Förderung um rund 60.000 Euro pro Fahrzeug.

Was bedeutet LNG?

LNG steht für „liquified natural gas“, übersetzt „verflüssigtes Erdgas“. Die Idee im Hintergrund: Erdgas verursacht weniger direkte CO2-Emissionen als Diesel. Das liegt daran, dass Erdgas ein besseres sogenanntes C/H-Verhältnis besitzt. Das bedeutet, dass es pro Kohlenstoff Atom (C) besonders viele Wasserstoffatome (H) gibt. Bei der Verbrennung entstehen daher weniger CO2-Emissionen als bei Dieselkraftstoff. Es ist damit klimafreundlicher. Aber diese Schlussfolgerung ist leider ein Mythos. Denn Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, hat noch eine andere Eigenschaft: Es ist ein deutlich stärkeres Treibhausgas als CO2. LNG-Lkw verursachen Methan-Emissionen beispielsweise

  • durch eine unvollständige Verbrennung,

  • durch Entweichen von sogenanntem „Boil-off-Gas“ oder

  • bei LNG-Motoren, welche wie Dieselmotoren nach dem Selbstzünder-Prinzip arbeiten, auch durch dynamische Entlüftung zur Regelung des Gasdrucks, etwa bei plötzlichen Drehmoment- und Drehzahlverschiebungen.

  • Auch beim Tanken,

  • dem Transport des LNG nach Deutschland,

  • der Verflüssigung und der Förderung des Gases

kommt es zu Methan-Emissionen.

 

Diesel vs LNG (flüssiges Erdgas)

Um Diesel- und LNG-Lkw miteinander zu vergleichen, ist es deshalb notwendig, das Treibhauspotential der verschiedenen Treibhausgase wie CO2, Methan und Lachgas vergleichbar darzustellen. Üblicherweise wird dafür die Klimawirksamkeit der Treibhausgase auf jene von CO2 bezogen und die gesamten Treibhausgasemissionen als CO2-Äquivalente (CO2e) ausgerückt.

Klimaschutz bei Lkw: verflüssigtes Erdgas (LNG) als Kraftstoff ungeeignet<script async src="//embedr.flickr.com/assets/client-code.js" charset="utf-8"></script>

Da die verschiedenen Gase unterschiedlich lang in der Atmosphäre verweilen, wird das Treibhauspotential stets auf einen bestimmten Zeitraum bezogen. Der Zeitraum von 100 Jahren hat sich als Standard etabliert, der Zeitraum von 20 Jahren ist hilfreich, wenn es darum geht zeitnahe Effekte zu bewerten, zum Beispiel mögliche Kipppunkte im Erd-Klimasystem.

Bezogen auf einen Zeitraum von 100 Jahren wirkt fossiles Methan 30-mal so stark wie CO2, bezogen auf einen Zeitraum von 20 Jahren sogar 85-mal so stark.

Schaut man sich die gesamten klimawirksamen Emissionen an, so zeigt sich daher leider ein anderes Bild. LNG-Lkw führen heute zu keiner relevanten Verringerung der Treibhausgasemissionen. Lediglich bei LNG-Lkw, die nach dem Diesel Prinzip-mit Selbstzündung arbeiten (High Pressure direct injection; HPDI) können die Treibhausgas-Emissionen unter denen eines Dieselantriebs liegen. Diese neue Technologie wird aktuell jedoch nur von einem Fahrzeughersteller angeboten. Dies gilt zudem nur, wenn der Betrachtungszeitraum von 100 Jahren gewählt wird. Betrachtet man die Wirkung innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren, verursacht ein LNG-Lkw unabhängig von der Motorentechnik deutlich mehr Treibhausgase als ein vergleichbares Dieselfahrzeug.

 

LNG taugt weder zur Brückentechnologie noch zur Langfristlösung

Teilweise werden Erdgasfahrzeuge nicht nur als Brückentechnologie betrachtet, sondern als Langfristlösung für einen klimaneutralen Lkw-Betrieb diskutiert. Wie im konventionellen Dieselfahrzeug müssten dann Kraftstoff aus erneuerbaren Quellen, also Biokraftstoffe oder sogenannte eFuels, eingesetzt werden. Aber auch diese Idee geht nicht auf: Das Potenzial für nachhaltige Biomasse ist zu gering und eFuels mit einem vielfach höheren Strombedarf und voraussichtlich deutlich höheren Kosten verbunden. Zusätzlich gibt es eine Reihe anderer Bereiche, die ebenfalls daraufsetzen und bei denen Alternativen noch schwieriger umzusetzen sind.

 

Mehr Stickoxide als Diesel

Neben den Treibhausgasemissionen lohnt auch ein Blick auf die Emissionen von Luftschadstoffen. Die weit verbreitete Einschätzung, dass Erdgasmotoren sauberer als Diesel sind, geht an der Realität vorbei. Aktuelle Messungen zeigen: LNG-Lkw haben keinen Vorteil und führen teilweise sogar zu höheren Emissionen von Stickoxiden als aktuelle Diesel-Lkw.

LNG-Lkw sparen also keine Treibhausgasemissionen ein und bringen auch keine nennenswerten Vorteile in Hinblick auf Luftschadstoffemissionen. Eine saubere Brückentechnologien hin zu Null-Emissions-Fahrzeugen sind sie deshalb nicht. Statt heute über eine zusätzliche Förderung zu diskutieren, sollten man aus Klimaschutzsicht besser andere Technologieoptionen unterstützen, die tatsächlich einen Klimavorteil besitzen.

Moritz Mottschall ist Experte für nachhaltige Individualmobilität und arbeitet im Bereich Ressourcen & Mobilität am Standort Berlin. Alle bereits veröffentlichten Beiträge unserer Blogserie „Mythen der Verkehrswende“ finden Sie hier: #VerkehrswendeMythen.

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