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Was die Plastik-Strategie der EU bewirken kann/ What the EU plastics strategy can achieve [deu/eng]

Wie wirksam sind die Maßnahmen der EU für weniger Plastikkonsum? Diese Frage beantwortet Piotr Barczak vom European Environmental Bureau (EEB)./ How effective are the EU’s attempts to reduce plastics consumption? This question is answered by Piotr Barczak and Élise Vitali of the European Environmental Bureau (EEB).

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Die EU hat viele Schritte unternommen, um den Plastikverbrauch zu begrenzen und die Recyclingquoten zu verbessern. Élise Vitali und Piotr Barczak sind Abfall-Experten beim European Environmental Bureau (EEB), einem Netzwerk europäischer Umweltorganisationen. Im Interview sprechen sie unter anderem über die Chancen der EU-Einweg-Plastik-Richtlinie, die Mindestquoten für den Einsatz von recyceltem Kunststoff vorgibt sowie bestimmte Kunststoffprodukte verbieten soll.

Piotr Barczak, wo stehen wir in Europa mit Blick auf Plastikrecycling?

Bei den Plastikverpackungen haben wir in Europa derzeit eine Quote von 42 Prozent, die Recyclingrate wächst langsam. Besorgniserregend ist jedoch, dass die Produktion von neuem Plastik wächst und ebenso die Verbrennung von Plastik zur Energiegewinnung.

 

Wie können wir Plastik besser im Kreislauf behalten?

Zum einen müssen wir die Plastiknutzung insgesamt reduzieren. Zusätzlich müssen Plastikprodukte so designt werden, dass sie einfacher zu recyceln sind – das betrifft auch ihre chemische Zusammensetzung. Oftmals besteht Plastikmüll aus verschiedenen Schichten und unterschiedlichen Materialien und Substanzen, so ist er sehr schwer aufzubereiten. Hier braucht es aus unserer Sicht Vorgaben, die die Zahl von Schichten und Materialien begrenzen, aber auch eine bessere Sammlung.

[caption id="attachment_3618" align="aligncenter" width="529"]Piotr Barczak befasst sich beim European Environmental Bureau (EEB), einem Netz-werk von Umweltorganisationen, mit verschiedenen Themen der Plastikvermeidung in Europa. Quelle: privat Piotr Barczak befasst sich beim European Environmental Bureau (EEB), einem Netz-werk von Umweltorganisationen, mit verschiedenen Themen der Plastikvermeidung in Europa. Quelle: privat[/caption]

 

Wie beurteilen Sie die Einweg-Plastik-Richtlinie der EU?

Wir sind sehr glücklich über diese Richtlinie, weil sie unter anderem ein schnelles Prozedere vorsieht, eine breite Unterstützung hat, die Industrie in die Verantwortung nimmt und Anforderungen an das Produktdesign stellt. Das chinesische Einfuhrverbot für Plastikmüll hat dies natürlich beschleunigt. Gleichzeitig sollte die Richtlinie aus unserer Sicht auf weitere Produkte aus Einweg-Plastik erweitert werden, so zum Beispiel Luftballons oder auch Hygieneprodukte.

 

Braucht es zudem strengere Vorschriften für Plastiktüten?

Ja. Viele Länder haben nach wie vor Schwierigkeiten damit, die entsprechende Richtlinie von 2016 korrekt umzusetzen. Auf der Produktebene kommt es vor allem auf die Art der Nutzung an. Eine Plastiktüte muss nicht schlecht sein, wenn ich sie mehrfach benutze. Eine Papiertüte oder ein Baumwollbeutel sind auf der anderen Seite auch nicht nachhaltig, wenn ich sie nur einmal verwende.

 

Wie schätzen Sie den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft ein?

Es ist der ambitionierteste Plan, den die Europäische Kommission jemals veröffentlicht hat, deswegen begrüßen wir ihn natürlich. Dahinter stehen vielversprechende Maßnahmen, die verschiedene relevante Punkte adressieren. So etwa die Reyclingfähigkeit, das Ökodesign und die Abfallvermeidung. Zudem unterstreicht er die Bedeutung der Abfallreduzierung in Sektoren, die Textilien und Elektrogeräte herstellen, das war bislang nicht der Fall, und bezieht etwa die Autobranche sowie Informations- und Kommunikationstechnologien mit ein.

 

Wie kann eine größere Wiederverwendung ermöglicht werden?

Wiederverwendung ist ein Ziel des Plans der Europäischen Kommission. Maßnahmen, die hier unterstützend wirken könnten, sind aus unserer Sicht zum Beispiel überprüfbare, verbindliche und quantitative Ziele für die Wiederverwendung, Beschränkungen für unnötige Einwegartikel, steuerliche Anreize und Gebühren, die obligatorische Kennzeichnung und Bestimmungen für wiederverwendbare Verpackungen und Einwegverpackungen bei der öffentlichen Beschaffung sowie bei öffentlichen Veranstaltungen und dem Vor-Ort-Konsum.

 

Und wie mehr Recycling?

Wir halten eine Mindestquote von rezykliertem Material von 25 Prozent bis 2025 für zielführend – aber nicht nur für Verpackungen, sondern auch für andere Produkte aus Plastik. Ziel ist es, eine Marktnachfrage zu schaffen Eine solche Quote wäre auch ein guter Anreiz, um Plastikmüll nicht länger in so hohem Umfang zu verbrennen. Hilfreich wäre auch, die getrennte Sammlung verschiedener Arten von Haushaltsabfällen zu fördern.

 

Welche Punkte fehlen im Aktionsplan der Europäischen Kommission?

Wir brauchen ein übergeordnetes politisches Ziel für die Reduzierung der Ressourcennutzung, um so den Plastikverbrauch von dieser zu entkoppeln. Zudem muss aus unserer Sicht der Marktwert von Plastik künstlich erhöht werden, etwa über eine Steuer, um seine Wiederverwendung zu erhöhen. Hier müsste allerdings sichergestellt sein, dass dieses Geld zurück ins Abfallmanagement fließt.

 

Welche Anforderungen an die Wirtschaft halten Sie darüber hinaus für sinnvoll?

Es braucht bei den herstellenden Unternehmen volle Transparenz bei der Frage, welche Materialien sie benutzen. Nur so kann die komplette Lieferkette nachhaltiger werden. Das hilft nicht nur Verbraucherinnen und Verbrauchern, sondern vor allem auch den Recyclingunternehmen, die dann genau wissen, welche Art von Plastik sie vor sich haben und ob dieses vielleicht auch giftige Stoffe enthält. Das gilt natürlich nicht nur für Europa, sondern auch für Unternehmen, die in die EU importieren. Hier braucht es eine bessere und größere Marktüberwachung. Transparenz wird letztendlich dem Umweltschutz zu Gute kommen indem sie Nachhaltigkeit zu einem Hauptkriterium für Geschäftstätigkeiten macht.

 

Élise Vitali, Sie sind Expertin für Chemikalien in Kunststoffen. Welche Grenzwerte braucht es aus Ihrer Sicht hier für neues ebenso wie für recyceltes Plastik?

Ich finde es heikel, hier von Grenzwerten zu sprechen. Denn es gibt viele Stoffe, die schon in niedrigen Dosen gefährlich sein können. Daher sprechen wir von Sicherheitsanforderungen. Sie brauchen wir sowohl für neues als auch für recyceltes Plastik. Denn wenn das Plastik mehrfach verwendet werden soll, müssen beide Plastikarten die gleiche Qualität aufweisen – auch mit Blick auf chemische Sicherheitsanforderungen. Sonst wird das so genannte Sekundärmaterial immer das Nachsehen gegenüber neuen Kunststoffen haben. Gefährliche Stoffe und Altchemikalien können einem Recycling im Wege stehen, deswegen brauchen wir die richtigen Sicherheitsanforderungen.

[caption id="attachment_3620" align="aligncenter" width="504"]Élise Vitali arbeitet beim European Environmental Bureau (EEB) als Policy Officer for Chemicals. Quelle: privat Élise Vitali arbeitet beim European Environmental Bureau (EEB) als Policy Officer for Chemicals. Quelle: privat[/caption]

 

Was ist in diesem Zusammenhang das richtige Vorgehen?

Hier braucht es aus unserer Sicht einen schrittweisen Ansatz. Für ein Risikomanagement ist die Nachverfolgbarkeit von potenziell gefährlichen Stoffen wesentlich, damit diese rechtzeitig identifiziert werden können, etwa bestimmte Weichmacher. Zusätzlich braucht es eine Produktpolitik, die verhindert, dass diese Stoffe überhaupt erst in Materialien gelangen.

 

Ein weiteres wichtiges Thema ist Mikroplastik. Wie beurteilen Sie hier das Vorgehen der EU?

Die Europäische Chemikalienagentur ECHA arbeitet derzeit an einer Bewertung, wie Mikrokunststoffe beschränkt werden könnten. Auf dieser Grundlage wird die Europäische Kommission sich Mikrokunststoffen widmen, die Produkten geplant beigefügt wurden. Das ist angesichts ihres Umfangs wirklich bemerkenswert und wir gehen davon aus, dass die ECHA starke Einschränkungen für die Hauptquellen der Verschmutzung durch Mikroplastik vorschlagen wird. Gleichzeitig arbeitet die Industrielobby natürlich daran, die Beschränkung gering zu halten. Wir appellieren dringend an die Kommission, sich davon nicht beeinflussen zu lassen und auf Grundlage der Einschätzung der ECHA einen ehrgeizigen Vorschlag durchzusetzen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christiane Weihe.

Das European Environmental Bureau (EEB) ist ein Zusammenschluss von über 160 Umweltorganisationen aus über 35 Ländern. Auch das Öko-Institut ist assoziiertes Mitglied (Associate Member) des EEB. Élise Vitali ist beim European Environmental Bureau (EEB) Policy Officer für das Thema Chemikalien. Sie hat einen Abschluss in Umweltrecht und war zuvor für das Center for International Environmental Law in Genf tätig.

Piotr Barczak arbeitet seit 2013 für das EEB, wo er für das Thema Abfallpolitik verantwortlich ist. Er hat Geographie mit Schwerpunkt Raumordnung und regionale Entwicklung studiert und war unter anderem für die International Cooperation Unit des polnischen Umweltministeriums tätig.

 

 

English version

What the EU plastics strategy can achieve

Reducing plastics consumption, banning single-use plastic products, cutting down on microplastics and boosting the circular-flow economy – the EU is working at various levels to improve the sustainability of plastics consumption in Europe. For example, it has introduced the Single-Use Plastics Directive, which includes a ban on certain plastic products, and a Circular Economy Action Plan, which aims to maximise plastics recycling and prevent plastics waste. Piotr Barczak and Élise Vitali work at the European Environmental Bureau (EEB), a network of environmental organisations; they are involved in various aspects of plastics prevention in Europe, Barczak as Senior Policy Officer for Waste and Vitali as Policy Officer for Chemicals. In the interview they talk about their view of the European Commission’s measures, ways to raise recycling rates and options to deal with pollutants in plastics.

 

Piotr Barczak, where do we stand in Europe with regard to plastics recycling?

In Europe, 42 percent of plastic packaging is currently recycled and the percentage is gradually increasing. However, worrying trends highlight that virgin plastic production is on the rise and so is the combustion of plastics for energy generation.

[caption id="attachment_3618" align="aligncenter" width="617"]Piotr Barczak befasst sich beim European Environmental Bureau (EEB), einem Netz-werk von Umweltorganisationen, mit verschiedenen Themen der Plastikvermeidung in Europa. Quelle: privat Piotr Barczak befasst sich beim European Environmental Bureau (EEB), einem Netz-werk von Umweltorganisationen, mit verschiedenen Themen der Plastikvermeidung in Europa. Quelle: privat[/caption]

 

How can we improve the retention of plastics in the cycle?

One thing we must do is reduce plastics use. In addition, plastic products must be so designed that they are easier to recycle, and that also includes their chemical composition. Plastics waste often consists of various layers and different materials and substances, which makes it very difficult to process. In our opinion this calls for rules that limit the number of layers and materials, and we also need better collection.

 

How do you view the EU’s Single-Use Plastics Directive?

We are very pleased with this directive, because among other things it lays down a fast procedure, has broad support, holds industry to account and specifies product design requirements. The Chinese ban on imports of plastics waste has of course speeded this up. At the same time, we consider that the directive should be extended to other single-use plastic products such as balloons and hygiene products.

 

Should there also be stricter rules on plastic carrier bags?

Yes. Many countries still struggle to implement correctly the 2016 directive tackling plastic bags. On product level this depends mainly on how the bags are used. A plastic carrier bag is not necessarily a bad thing if it is used repeatedly. A paper or cotton bag is also not sustainable if it is only used once.

 

How do you rate the Circular Economy Action Plan?

It is the most ambitious plan ever published by the EC, so of course we welcome it. Behind it there are promising measures that address a number of relevant points such as recyclability, ecodesign and waste prevention. It also highlights the importance of waste reduction for sectors producing  textiles and electronics, which was not the case previously, and it involves players such as the automotive sector and information and communication technology.

 

How can greater reuse be facilitated?

The EC plan also aims to address reuse. There are certain poilicies and measures that should be introduced to support it such as verifiable mandatory quantitative targets for reuse, restrictions for unnecessary single-use items, fiscal incentives and fees, mandatory labelling, and provisions for reusable and single-use packaging in public procurement as well as in the organisation of public events and on-site consumption.

 

How can greater recycling be facilitated?

We think a minimum quota of 25 percent recycled material by 2025 would be useful – not just for packaging but also for other plastic products. The aim is to create a pull measure, market demand.. A quota of that sort would provide a good incentive to stop combusting plastics waste on such a large scale. Boosting the separate collection of different types of household waste will also help.

 

What points are missing from the European Commission’s Action Plan?

We need an overall policy target for reducing resource use in order to decouple plastics consumption from that. In addition, we believe that the market value of plastics needs to be artificially enhanced, perhaps via a tax, to incentivise its circulation. However, it would be essential to ensure that this money flows back into waste management.

 

What other requirements do you think should be imposed on industry?

Manufacturing companies need to be completely transparent with regard to what materials they use. This is crucial if the whole supply chain is to become more sustainable. It is of help not only to consumers but also – and particularly importantly – to recycling businesses, who then know exactly what type of plastic they are dealing with, including whether it may contain toxic substances. This applies of course not only to Europe but also to businesses that import into the EU. There is a need here for better and more extensive market monitoring. Transparency will eventually benefit environmental protection by making sustainability a core criteria for conducting business.

 

Élise Vitali, you are an expert in chemicals in plastics. In your view, what chemical limits should apply to new and to recycled plastics?

I find it tricky to talk about limits and threshold levels here, since there are many substances that can be hazardous even at low doses. That’s why we talk of safety requirements. We need the same safety requirements for both new and recycled plastics. If plastics are to be repeatedly reused, both sorts must be of the same quality – including in terms of chemical safety requirements. Otherwise the secondary material will always lose out in favour of new plastics. Hazardous substances and existing chemicals can get in the way of recycling, and that’s why we need that the right safety requirements are in place.

[caption id="attachment_3620" align="aligncenter" width="578"]Élise Vitali arbeitet beim European Environmental Bureau (EEB) als Policy Officer for Chemicals. Quelle: privat Élise Vitali arbeitet beim European Environmental Bureau (EEB) als Policy Officer for Chemicals. Quelle: privat[/caption]

 

What is the right way forward in this situation?

We believe that a stepwise approach is needed. For risk management purposes, the traceability of potentially hazardous substances is important, so that they can be promptly identified, this is the case for several plasticisers. We also need a product policy that prevents these substances getting into materials in the first place.

 

Microplastics are another important issue. How do you regard what the EU is doing?

The European Chemicals Agency (ECHA) is currently looking at ways of limiting microplastics. The European Commission will use the Agency’s findings to address the issue of microplastics intentionally added. In view of how widespread microplastics are, this is truly remarkable and we assume that the ECHA will recommend major restrictions on the main sources of microplastic pollution. At the same time, the industry lobby naturally wants to keep restrictions to a minimum. We are therefore urging the Commission not to be swayed by this and to adopt an ambitious proposal, based on the ECHA’s opinion.

Thank you for talking to eco@work.

The interviewer was Christiane Weihe.

The European Environmental Bureau (EEB) is a federation of more than 160 environmental organisations from more than 35 countries. The Oeko-Institut is an associate member of the EEB. Piotr Barczak has worked for the EEB since 2013; his responsibility is waste policy. After studying geography at university, where he specialised in land-use planning and regional development, he worked for various employers, including the International Cooperation Unit of the Polish Environment Ministry. Élise Vitali is Policy Officer for Chemicals at the European Environmental Bureau (EEB). She studied environmental law and previously worked at the Center for International Environmental Law in Geneva.

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