Weiterverschenken: Präsente aus zweiter Hand an Weihnachten
Nur 24 Prozent der Befragten hatten dabei die Umwelt, die Gesundheit oder langfristig auch ihren Geldbeutel mit auf dem Schirm. Knapp über ein Drittel finden es „okay“, Gebrauchtes oder Aufbereitetes zu verschenken. Für 39 Prozent kommt das allerdings gar erst nicht in Frage. Aber wollen wir der Umwelt diesen Konsum wirklich antun? Kann man überhaupt umweltfreundlich schenken?
Vor dem Recycling liegen Weiternutzen, Reparieren und Wiederaufbereiten
Unser Rohstoffverbrauch steigt. Die vom Menschen gemachte Umweltzerstörung wächst. Was tun? Bereits im Umlauf befindliche Rohstoffe können so eingesetzt werden, dass wir weniger Neuwaren produzieren müssen. Wie kann das gelingen? Ganz einfach, indem Produkte länger verwendet werden. Beschädigte Produkte können repariert und instandgesetzt werden. Und wenn sie dann irgendwann wirklich einmal kaputt sind, kann man sie immer noch recyclen. Doch welche Möglichkeiten zur Aufbereitung gebrauchter Waren gibt es eigentlich?
Die Reparatur kennen wir alle. Defekte Teile werden ausgetauscht, damit das Gerät wieder funktioniert. Damit das gelingt, müssen wir jemanden finden, die sich mit dem Gerät auskennt und es reparieren kann. Wer geübt ist, kann sich selbst versuchen. Man findet im Netz zahlreiche Plattformen, die Gebrauchsanweisungen und Videos dazu bereitstellen, beispielsweise IFIXIT. Manchmal bleiben Gebrauchsspuren bestehen, die nicht jedem gefallen. Gerade an Weihnachten sind wir sehr darauf bedacht, dass die Geschenke perfekt aussehen. Vielleicht können wir auch mal ein Auge für die Umwelt zudrücken. „Ich habe seit vielen Jahren eine klassische Spiegelreflexkamera, die nicht mehr auslösen will“, sagt Tobias Sautter. Warum also nicht mal an eine Reparatur denken?
Refabrikation ist vielleicht noch nicht so bekannt. Manchmal hört man auch das englische Wort „Remanufacturing“. Hier bereiten die Hersteller oder andere Unternehmen das Produkt oder dessen Bestandteile zu funktionsfähigen neuen Geräten auf. Dafür wird das Produkt komplett auseinandergebaut, die Einzelteile werden gesäubert und geprüft. Fehlerhafte sowie Verschleißteile werden in einem standardisierten Prozess ausgetauscht, sodass das Produkt nach der Montage der Qualität eines Neuprodukts entspricht. Eine solche Aufbereitung bietet sich vor allem an, wenn hohe Ansprüche die Geräte gestellt werden. Sie sind vor allem im Verkehr, der Medizin und der Fertigungsindustrie zu finden. Wir werden sie eher nicht auf unserem Wunschzettel finden.
Das ist schon eher bei der Generalüberholung der Fall. Sie wird auf Englisch „Refurbishing“ genannt. Auf Deutsch hört man manchmal auch das Wort „Instandsetzung“. Sie liegt irgendwo zwischen der Reparatur und der Fabrikation. “Meine Spiegelreflexkamera ließ sich nicht mehr reparieren. Also machte ich mich auf die Suche nach einem Ersatzgehäuse. Es war nicht schwer onlineeines in tollem Zustand zu finden“, sagt Tobias Sautter. Dadurch hat er die Kamera mehr als repariert da sie für ihn immer noch dieselbe ist. Wenn er sie jetzt noch sauber macht und sicherstellt, dass sie funktioniert, hat er sie generalüberholt. Würde er die Kamera nun als ein völlig neues Produkt ansehen, hätte er sie als neues Gerät wiederaufgearbeitet.
Für generalüberholte Geräte gibt es zahlreiche Marktplätze im Netz. Manche Unternehmen teilen den optischen Zustand in Klassen wie „sehr gut“, „gut“, „mit Gebrauchsspuren“ oder ähnliches ein. In Sachen Funktion sollten sich solche Klassen hier aber in nichts nachstehen.
Wiederaufbereitung mit Hindernissen
Was so einfach und sinnvoll klingt, ist in der Praxis aber oft schwierig. Rechtlich begeben wir uns manchmal auf dünnes Eis. Wer blickt schon bei Gewährleistung oder Herstellerverantwortung durch? Häufig beziehen sich diese nur auf neue Produkte und lassen uns bei der Weiterverwendung im Regen stehen. Kennen Sie die Rechte und Pflichten von Wiederverkäufer*innen und Käufer*innen von Gebrauchtwaren?
Bei Smartphones oder Computern sind Ihre Daten sehr wichtig. Stellen Sie sich vor, sie gäben ein Gerät, das Sie nicht mehr brauchen in die Wiederverwendung und finden die Daten dann später im Internet. Undenkbar! Der Horror! Damit das nicht passiert, muss der Wiederaufbereitende sicherstellen, dass alle persönliche Daten und unternehmensinternen Informationen für immer gelöscht wurden, bevor das Produkt in den Wiederverkauf geht. Größter IT-Anbieter für generalüberholte IT-Hardware im europäischen Raum ist AfB. Das gemeinnützige IT-Unternehmen erhält oftmals früh ausrangierte Produkte, löscht alle Daten und bereitet die Produkte danach wieder auf. Und das zu hohen Qualitätsstandards.
Produkte aus zweiter Hand?
Mittlerweile ist die Generalüberholung keine Seltenheit mehr. Für Elektronikartikel wie Laptops, Smartphones und Gaming-Zubehör, aber auch Haushaltgroß- und Küchenkleingeräten ist das gang und gäbe. Fast alle großen Händler wie Mediamarkt/Saturn, Amazon oder galaxus bieten solche Produkte an. Daneben gibt’s auch Anbieter wie refurbed oder backmarket, die nur mit instandgesetzten Waren handeln.
Im Textilbereich gibt es firmenübergreifende Secondhand-Händler wie momoxfashion, Zalando oder Sellpy. Hier können Verbraucher*innen Textilien einsenden. Diese werden geprüft und ähnlich wie im klassischen Secondhand-Laden zum Wiederverkauf angeboten. Beim Verkauf gibt’s eine Provision. Das hat den Vorteil, dass die Produkte je nach Gebrauchszustand kategorisiert und nach Sparte sortiert werden – wohingegen man im Laden eher stöbert. Der Nachteil ist, dass sie zuerst zum Anbieter und dann zum Zweitkunden versendet werden müssen. Diese Transportwege sind für den CO2-Fußabdruck (Product Carbon Footprint) der Produkte relevant. Leider sind Wiederaufbereitung oder Reparatur hier jedoch selten. Dafür müssen die Verbraucher*innen schon eine Schneiderei finden, können Online-Services wie die Repair Rebels oder Online-Selbstreparatur-Anleitungen wie von Vaude nutzen. Manche Firmen wie Armed Angels haben eigene Reparatur-Angebote. Bedauerlicherweise sind Textilien heutzutage oft so billig, dass sich das finanziell nicht zu lohnen scheint.
Bei Schmuck rechnet sich die Aufbereitung schon eher. Grund dafür ist der hohe Produktwert der verwendeten Materialien. Die GoldRetter oder Refurbished Jewelry sind zwei Anbieter mit der Spezialisierung auf hochwertigen Schmuck.
Für gebrauchte Möbel gibt es Anbieter wie cocoli oder used-design. Die meisten funktionieren als Marktplatz und bieten Secondhand-Ware zum Weiterverkauf an. Der Fokus liegt hier auf Designer- und preisintensiveren Produkten wie Couchen, Tischen oder Schränken. Das Start-up Revive aus Köln bereitet die angekauften Designstücke entsprechend auf. Aufbereitete Vintage-Lampen und Uhren gibt es bei JØLG.
Produkte für ein kleineres Budget sind unter anderem im Zweite-Chance-Markt von IKEA erhältlich, in dem Ausstellungsstücke, Auslaufmodelle und zurückgekaufte Möbel günstiger angeboten werden. Daneben finden sich online bei fast allen Baumärkten praktische Tipps und Tricks, wie gebrauchte Möbel auf Vordermann gebracht oder durch Upcycling umgenutzt werden können.
Selbst ausprobieren
Secondhand ist im Trend! Ergebnisse der Statista Consumer Insights zeigen, dass im Vergleich von 2021 zum Jahr 2023 der Kauf an Secondhand-Produkten in vielen Konsumgüterbereichen zugenommen hat. Liegt es daran, dass sie umweltfreundlicher sind? Oder kostengünstiger? Vermutlich beides – probieren Sie es doch mal aus!
Vielleicht hilft dabei auch das Kompetenzzentrum Nachhaltiger Konsum (KNK), das beim Umweltbundesamt (UBA) angesiedelt ist. Dort gibt es auch die UBA-Umwelttipps, auch für umweltfreundlichere, fairere und günstigere Weihnachten.
Tobias Sautter (geb. Schleicher) ist Senior Researcher am Öko-Institut. Bei der Erstellung des Blogbeitrags wurde er von Ashleigh McLennan, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Öko-Institut, unterstützt. Beide forschen zur Kreislaufwirtschaft und globalen Wertschöpfungsketten im Bereich „Produkte & Stoffströme“ am Standort Freiburg.