Wie der Umstieg aufs E-Auto wirklich zum Klimavorteil wird
Laut Umweltbundesamt kamen im Jahr 2023 rund 146 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente allein aus diesem Bereich, das entspricht einem Anteil von 22 Prozent an den Gesamtemissionen. Hier gibt es folglich großes Einsparpotenzial. Fast jeder Haushalt kann einen Beitrag dazu leisten und die persönliche Verkehrswende mit der Energiewende kombinieren.
Auf Elektromobilität umsteigen
Die Entscheidung für ein Elektrofahrzeug ist ein wichtiger Weg in Richtung Verkehrswende. Denn klimaschädliche Treibhausgasemissionen müssen gesenkt und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen auf ein Minimum reduziert werden. Die zentrale Technologie dafür liefert die Elektromobilität.
Damit diese aber im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor einen wirklichen Klimavorteil mit sich bringt, müssen Elektrofahrzeuge eine gute Energieeffizienz aufweisen. Zudem müssen erneuerbare Energien für den Ausgleich des erhöhten Strombedarfs zum Einsatz kommen.
Die Ausgestaltung der Elektromobilität ist also wichtig. Hier kann die Politik direkt ansetzen. Es gilt, ein Bewusstsein für nachhaltiges Verkehrsverhalten zu entwickeln und zu fördern, indem Anreize geschaffen und Hemmnisse abgebaut werden.
Käufer*innen von Elektrofahrzeugen haben zunächst einen erhöhten Strombedarf. Dessen Ausgleich wird im Idealfall direkt beim Kauf mitgedacht. Wir gehen davon aus, dass ein Elektro-Pkw jährlich etwa 2.600 Kilowattstunden Strom benötigt, wenn er 14.000 Kilometer gefahren wird. Das entspricht in etwa dem durchschnittlichen Jahresstromverbrauch eines Zwei-Personen-Haushalts.
Wie können Privathaushalte diesen zusätzlichen Verbrauch teilweise oder idealerweise komplett ausgleichen? Dafür gibt es verschiedene Optionen, die sich je nach Ausgangslage mit unterschiedlich hohem Aufwand und hoher Wirkung umsetzen lassen. Dies zeigte unser Pilotversuch zum „Innovativen Klimaschutz in Privathaushalten: Ausgleich des zusätzlichen Strombedarfs der E-Mobilität durch den Ausbau Erneuerbarer Energien und Energieeffizienz“, kurz E-Mob EE. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative.
Erneuerbaren Strom mit Photovoltaik selbst erzeugen
Das größte Ausgleichspotenzial im Projekt bot die Errichtung einer eigenen Photovoltaikanlage. Die Teilnehmer*innen konnten im Schnitt mit 9.167 Kilowattstunden erneuerbarer Stromerzeugung pro Anlage und Jahr rechnen.
Die Umsetzung der Maßnahme kann befördert werden, indem Hilfestellung bei der Prüfung der technischen Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit einer Anlage sowie beim Vergleich von Angeboten geleistet wird.
Um die Wirtschaftlichkeit einer Installation für den eigenen Haushalt zu prüfen, stellen wir den Photovoltaik-Rechner (kurz PV-Rechner), welcher für die Beratung der am Projekt teilnehmenden Haushalte genutzt wurde, zur freien Nutzung zur Verfügung. Für die Verwendung des Tools sind keine tiefgehenden Fachkenntnisse nötig. Alle Eingaben werden übersichtlich erläutert. Der Rechner kalkuliert unabhängig und ohne Vermarktungsangebote. Die eingegebenen Daten werden nicht für wirtschaftliche Zwecke weiterverwendet.
Der PV-Rechner lässt sich übrigens auch ohne Elektroauto für die Wirtschaftlichkeitsberechnung nutzen. Daneben gibt es für Haushalte, die nicht über die erforderliche Fläche verfügen, weitere Optionen.
Einfach Strom sparen
Eine Einschätzung zum eigenen Stromverbrauch und dem Einsparpotenzial, auch für einzelne Haushaltsgeräte, lohnt sich. Die Seite stromspiegel.de bietet dafür ein einfaches Berechnungstool sowie diverse Vergleichszahlen zur Einordnung des eigenen Verbrauchs.
Der Stromspiegel erscheint alle zwei Jahre. Entstanden ist er 2014 aus einem breiten Bündnis von Verbraucherorganisationen, Forschungseinrichtungen, Energieagenturen und Wirtschaftsverbänden, darunter auch dem Öko-Institut. Grundlage für die Vergleichswerte sind Verbrauchsdaten echter Haushalte. Zuletzt waren es über 360.000 Daten für den Stromspiegel 2022, die die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online mit dem Online-Rechner StromCheck erhoben hat.
Zum Check des eigenen Verbrauchs braucht es lediglich die letzte Stromabrechnung oder die Angabe zum Jahresverbrauch sowie ein paar einfache Angaben zur Größe und Wohnungsform des Haushalts sowie der Warmwasserbereitung. Der Rechner zeigt dann das Sparpotenzial hinsichtlich Kosten sowie CO2-Äquivalenten an. Daneben gibt es auf der Seite Stromspartipps für den eigenen Haushalt.
In unserem Pilotversuch E-Mob EE haben wir in der angebotenen Stromsparberatung folgende Direktinstallationen in den Haushalten vorgenommen:
- LED-Lampen,
- Schaltbare Steckerleisten,
- Zeitschaltuhren,
- Kühlschrankthermometer sowie
- Strahlregler, Durchflussbegrenzer oder Wasserspar-Duschköpfe, wenn die Warmwasserbereitung mit Strom erfolgte.
Bei den im Versuch teilnehmenden Haushalten wurden so im Schnitt 600 Kilowattstunden pro Haushalt im Jahr eingespart. Das gleicht den erhöhten Strombedarf eines Elektrofahrzeugs zwar nicht vollständig aus, aber es ist eine simple und kostengünstige Option, um Stromsparmaßnahmen im eigenen Haushalt durchzuführen. Weitere Potenziale ergeben sich häufig durch Austausch stromintensiver Alt- oder Zweitgeräte sowie durch bewussteres Verhalten.
In erneuerbare Energien investieren
Eine weitere Option für den Ausgleich des erhöhten Strombedarfs, der mit dem Umstieg auf Elektromobilität einhergeht, ist die finanzielle Beteiligung am Bau neuer Windkraft- oder Solaranlagen.
In unserem Pilotprojekt sind wir von einer Investition in Höhe von 3.000 Euro ausgegangen, die je zur Hälfte in Photovoltaik- und Windkraftprojekte floss. Es hat sich gezeigt, dass auf diesem Weg rein rechnerisch 3.140 Kilowattstunden erneuerbarer Strom pro Jahr erzeugt werden können, was den Verbrauch des Elektroautos mit rund 2.600 Kilowattstunden ausgleichen würde.
Wir haben im Projekt zu folgenden Möglichkeiten einer finanziellen Beteiligung an erneuerbaren Energien beraten:
- Direkte Beteiligung beim Bau einer Photovoltaikanlage im Freundes- und Bekanntenkreis,
- Beteiligung an einer Bürger-Energiegenossenschaft, die in erneuerbare Energien investiert,
- Beteiligung als Kommanditist an einem Wind- oder Solarprojekt,
- Bereitstellung von Mitteln für Kapitalerhöhungen für Aktiengesellschaften, die ausdrücklich in erneuerbare Energiequellen investieren,
- Nachrangdarlehen für Solar- oder Windenergieprojekte,
- Eine Geldanlage in Fonds für erneuerbare Energien oder
- Ein Crowdinvestment zur Finanzierung von erneuerbaren Energien über Internetanbieter.
Die Optionen unterscheiden sich hinsichtlich Transparenz, Flexibilität, Rendite und Risiko. Eine Investitionsentscheidung sollte daher immer mit einer fachkundigen und unabhängigen Beratung einhergehen.
Wie kann es (elektromobil) weitergehen?
In unserem Projekt konnten wir feststellen, dass rund drei Viertel der befragten Haushalte bereits über den Ausgleich des zusätzlichen Strombedarfs ihres Elektrofahrzeugs nachgedacht hatten.
Wir haben gleichzeitig gesehen, dass die Komplexität der Aufgabe (20 Prozent), die Kosten (17 Prozent) und fehlendes Wissen (13 Prozent) die wichtigsten Gründe waren, warum die Haushalte bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Maßnahmen ergriffen hatten. Bei konkreter Nachfrage gaben 42 Prozent der befragten Haushalte an, wegen des kostenfreien Beratungsangebots am Projekt teilzunehmen.
Wir können nicht davon ausgehen, dass die Motivation für Klimaschutzmaßnahmen auch bei den nächsten – millionenfachen – E-Fahrzeugkäufen in gleichem Maße vorhanden sein wird. Umso wichtiger und wirksamer wäre es, wenn zukünftige Käufer*innen eine „automatische“ Beratung erhalten, um ihnen die individuellen Optionen für den CO2-Ausgleich zu erläutern.
Wir empfehlen daher, die kostenfreien Beratungsangebote auszuweiten und systematisch in bestehende Förderprograme zum Ausbau der Elektromobilität zu integrieren. Idealerweise werden Akteure mit direktem Kontakt zu Elektrofahrzeughalter*innen und -käufer*innen wie Kfz-Zulassungsstellen, Finanzämter, örtliche Netzbetreiber, Wallbox-Anbieter oder Ladesäulen-Betreiber dazu mobilisiert, über die Klimaschutzpotenziale zu informieren.
Kathrin Graulich ist stellvertretende Leiterin des Forschungsbereichs Produkte & Stoffströme und seit 25 Jahren am Öko-Institut beschäftigt. Ihr thematischer Fokus liegt auf ökologischer Produktpolitik und Kreislaufwirtschaft im nationalen und europäischen Kontext.
Der Blogbeitrag erschien zuerst im Blog "transforming economies".
Weitere Informationen
Die Vorstellung des PV-Rechners E-Mob EE auf YouTube
Gerne würde ich ein E-Auto fahren, wenn Sie mir sagen, woher man das Lithium bekommt das die Batterien brauchen - auch für andere E-Artikel.Ich habe oft das Gefühl, dass erst einmal gepowert wird, bevor man wirklich die Probleme abgearbeitet hat. Das zeigt sich auhc vielrorts bei den Heizungen - Photovoltaik , Wärempumpe usw. Ich bin wirklich für eine Veränderung der Lebensweise auf allen Kontinenten - das muss sein ( ich war beruflich im geol. Institut und weiß wovon ich spreche ). Mit freundlichen Grüßen Edeltraud Hendrich
Guten Tag Frau Hendrich, vielen Dank für Ihren Kommentar! Ich hoffe, ich habe Ihre Frage richtig verstanden und versuche eine kurze Antwort: im Jahr 2021 wurde rund 107.000 Tonnen Lithium (natürlich eingebunden in unterschiedlichen Verbindungen, aber rechnerisch bezieht sich die Tonnage auf reines Lithium) weltweit gefördert, davon 52% in Australien, 26% in Chile, 13% in China, 5% in Argentinien und der Rest entfällt auf Sonstige. In Australien werden die Lithiumverbindungen aus Hartgestein (Spodumen) gewonnen (klassischer Bergbau), in Chile aus den Salzseen in der Atacamawüste.
In Europa wird Lithium bislang nur in sehr geringen Mengen gefördert; es gibt allerdings zahlreiche Projekt in unterschiedlichem Stadium, die aufgrund der Nachfrage für Batterien der E-Mobilität dies ändern wollen. Im Oberrheingraben (Deutschland + Frankreich) gibt es Projekte Tiefengeothermie mit der Gewinnung von Lithium zu verbinden. Die großtechnische Umsetzung ist nicht vor 2026 zu erwarten. für weitere Informationen: https://www.oeko.de/publikation/bedarf-strategischer-rohstoffe-fuer-den-pkw-und-lkw-sektor-in-deutschland-bis-2040/ Mit besten Grüßen Matthias Buchert