Wie vier Unternehmen ihre Unternehmensflotte elektrifizieren
Das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“ ist im Jahr 2019 gestartet und befindet sich im Herbst 2022 in der Schlussphase. Unter der Leitung des Öko-Instituts haben das Thinktank Agora Verkehrswende und die Stiftung Klimawirtschaft mit Unternehmen mit mittleren bis sehr großen Flotten zusammengearbeitet. Die Unternehmen haben sich unterschiedlich ambitionierte Ziele zum Ausbau der Elektromobilität im Fuhrpark gesetzt.
Im Vordergrund stand die Elektrifizierung der Flotten von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Jedoch wurde auch die Vermeidung von Verkehr und die Verlagerung auf klima- und umweltfreundlichere Verkehrsträger betrachtet: Homeoffice, Mobilitätsbudget, Car Policy oder nachhaltige Dienstreisen.
Zum Projektabschluss lassen in diesem Blog einige am Projekt beteiligte Unternehmen die vergangenen Jahre Revue passieren und äußern ihre Gedanken zur weiteren Entwicklung
EnBW: „Vollelektrifizierung der EnBW-Pkw-Flotte bis 2025“
Tobias Rudolph ist Teamleiter Mobilität bei der EnBW AG. Neben der Elektromobilität ist er auch für Mobilitätskonzepte und Geschäftsreisen zuständig. Er treibt die Elektrifizierung der EnBW-Flotte mit etwa 2.300 Pkw und 1.400 leichten Nutzfahrzeugen voran und begleitet in dieser Rolle das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“.
„Ende 2021 waren etwa 30 Prozent der Fahrzeuge im Flottenbestand vollelektrisch unterwegs und nochmals 5 Prozent waren Plug-in-Hybride. Allein von 2020 auf 2021 haben wir einen sehr großen Sprung gemacht.
Grundsätzlich haben wir den Fokus geschärft, bis 2025 nur noch vollelektrische Pkw im Einsatz zu haben. Bei den persönlich zugeordneten Dienstwagen dürfen durch Anpassung der Dienstwagenregelung zum 01.12.2020 nur noch Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb (Hybrid oder vollelektrisch) bestellt werden. Bis 2024 werden wir die Poolfahrzeuge vollelektrisch umgestellt haben. Sobald ein konventionelles Fahrzeug Leasingende hat, wird ein elektrisches nachbestellt.
Aber auch uns stellen Lieferschwierigkeiten vor große Herausforderungen. Im Nutzfahrzeugbereich konnten wir erst einzelne Fahrzeuge auf E‑Antrieb umstellen, da auch hier die Auswahl an vollelektrischen Modellen gering ist.
In der Regel stehen unsere Fahrzeuge zwischen vier und sieben Stunden an derselben Stelle. Dafür ist aus meiner Sicht ein ausgereiftes Wechselstrom(AC)-Ladenetz vollkommen ausreichend; Schnelladen ist nicht notwendig. Wichtig ist dabei, auch immer über Lastspitzen zu sprechen und ein cleveres Lastmanagement einzuführen. Wir haben dies insbesondere an den Standorten gemacht, an denen wir viele Ladepunkte haben. Der größte Standort ist beispielsweise unser Konzernsitz in Karlsruhe mit 116 AC-Ladepunkten. Ohne Lastmanagement wäre dies undenkbar gewesen.“
Gegenbauer Facility Services: „Systematische Elektrifizierung auf Basis von Nachhaltigkeitszielen, Allianzen und Daten“
Peter Oblisz ist Leiter des Fuhrparkmanagements der Gegenbauer Holding SE & Co. KG. Er koordiniert die Elektrifizierung der Gegenbauer-Flotte mit knapp 2.900 Pkw und begleitet in dieser Rolle das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“.
„Wir haben aktuell rund 40 batteriebetriebene Fahrzeuge und Plug-in-Hybride im Einsatz. Den größten Anteil an E‑Fahrzeugen bildet das Segment der Dienstwagenberechtigten mit Privatnutzung.
Der Großteil unserer Flotte besteht aber aus Nutz- und Servicefahrzeugen (kleine Pkw und leichte Nutzfahrzeuge) zur Erbringung unseres Kerngeschäfts. Das besteht aus technischem und infrastrukturellen Facility-Management. Die Fahrzeuge dienen dem Transport von Personen, Werkzeug und Material.
Die Elektrifizierung dieser Fahrzeuge gehen wir systematisch an: Seit Beginn dieses Jahres führen wir eine Machbarkeitsstudie zur Elektrifizierung unserer Flotte und zur Errichtung einer eigenen Ladeinfrastruktur durch. Auf dieser Basis können wir jetzt richtig loslegen: Wir beabsichtigen im ersten Schritt eine Elektrifizierung von rund 100 elektrischen Kleintransportern in Verbindung mit der dazugehörigen Ladeinfrastruktur.
Denn das Thema Ladeinfrastruktur haben wir in den letzten Monaten für eine Vielzahl exemplarischer Standorte untersucht und Konzepte entwickelt: Welche Verbräuche sind bei vollelektrischer Flotte zu erwarten? Welche Lastpeaks entstehen? Welche eigene Stromerzeugung durch Fotovoltaik ist leistbar? Wo müssen zusätzliche Trafos aufgebaut werden? Wie können Ladepunkte effizient ausgenutzt werden, zum Beispiel nachts durch Pool- und Servicefahrzeuge und tagsüber durch Dienstwagen?“
R+V: „Von der Pionierarbeit zur kompletten betrieblichen Mobilitätswende“
Hannes Davieds ist Leiter Mobilitätsmanagement und Vorstandsfahrdienst bei der R+V Allgemeine Versicherung AG. Neben der Elektrifizierung der Dienstwagenflotte im R+V Konzern mit aktuell ca. 800 Pkw und einigen leichten Nutzfahrzeugen begleitet in dieser Rolle das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“.
„Neben einem E-Dienstwagen haben Dienstwagenberechtigte mittlerweile oftmals auch private E-Autos. Die von Gesetzgeber zulässige pauschale Erstattung ist leider nicht kostendeckend.
Bei der eingesetzten Ladeinfrastruktur am Wohnort ist es daher erforderlich, dass sich diese auch getrennt nach dienstlich und privat abrechnen lässt. Aus diesen beiden Gründen ist für uns die Methode billing@home die ideale Lösung.
Der Dienstwagennutzer schafft sich seine Heimladelösung selbst an, die alle Voraussetzungen für die Abrechnung mit billing@home erfüllt. So kann zuhause dienstlich und privat geladen werden. Verlässt ein Nutzer das Unternehmen, so endet lediglich die Erstattung des dienstlich geladenen Stroms.
Bereits seit Februar 2022 können bei R+V keine Plug-in-Hybride (PHEVs) mehr bestellt werden. Wir stellen gerade fest, dass einige unserer „Piloten“ schon vorzeitig auf ein reinelektrisches Fahrzeug (BEV) umsteigen wollen und andere den PHEV hauptsächlich aus Gründen der besseren Versteuerung gewählt haben.“
Telekom: „‘Elektrifizierte‘ Servicetechniker*innen und innovative Mobilitätsangebote“
Norbert Wikowsky ist Leiter Umwelt & Nachhaltigkeit bei der Telekom MobilitySolutions (TMS). Er koordiniert die Elektrifizierung der Telekom-Flotte mit fast 19.000 Pkw und begleitet in dieser Rolle das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“.
„In der Dienstwagenflotte (sog. User Chooser) konnten wir mit dem größeren höherwertigen Angebot an Elektromodellen mit höheren elektrischen Reichweiten jetzt auch ein Angebot starten. Um die Akzeptanz zu testen und die erforderlichen Prozesse aufzusetzen, haben wir zunächst einen Piloten mit 50 vorkonfigurierten Elektrofahrzeugen und 25 Diesel-Plug-in-Hybriden konzipiert. Die Nachfrage war überwältigend.
Um Dienstwagenfahrer*innen ein Regelangebot an Elektromodellen anbieten zu können, waren eine Reihe von Vorarbeiten nötig: von den entsprechenden Verhandlungen mit den Lieferanten, über Kalkulationstabellen zur Mobilitätsrate und Logistikprozessen bis zu umfangreichen IT-Anpassungen in unseren Konfigurationsportalen.
Aktuell sind 34 verschiedene Elektromodelle, fast ausschließlich reine Elektrofahrzeuge (BEV), unterschiedlicher Hersteller bestellbar. Fast 40 Prozent aller Neubestellungen sind elektrifizierte Antriebe. Wir streuen außer Diesel-Plug-in-Hybriden (PHEV) aus ökologischen Gründen keine weiteren PHEV in die Flotte ein. Aufgrund der Lieferverzögerungen der Hersteller haben wir derzeit einen hohen Anteil bestellter, jedoch noch nicht ausgelieferter Fahrzeuge.
Aus unserer Sicht stellt der einfache und bequeme Zugang zur Ladeinfrastruktur ein wesentliches Erfolgskriterium für die Elektromobilität dar. Daher haben wir uns von Anfang an für einen Anbieter entschieden, mit dem an den meisten Ladestellen in Deutschland und europäischen Ausland bargeldlos geladen werden kann.
Außerdem haben wir für das Laden zuhause einen Anbieter gefunden, der in Zusammenarbeit mit unserem Telekom Service eine attraktive, mitarbeiterfinanzierte Heimladelösung mit einer smarten Wallbox anbietet, mit der Fahrer*innen von Telekom-Fahrzeugen die heimischen Ladungen automatisiert erstattet bekommen.“
Lukas Minnich ist Senior Researcher im Bereich Ressourcen & Mobilität am Standort Darmstadt. Seine Forschungsschwerpunkte sind alternative Antriebe, vor allem Elektromobilität, und die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land. Er leitet das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“ seit 2019.