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Wunsch an die Mehrwertsteuer

1968 wurde die Mehrwertsteuer in Deutschland eingeführt. Hannah Förster gratuliert in ihrer Blogkolumne und schickt Geburtstagswünsche. Ihr erster Wunsch: Pflanzliche Nahrungsmittel weniger besteuern!

Liebe Mehrwertsteuer, aktuell belastest Du die meisten unserer Nahrungsmitteleinkäufe im Supermarkt mit sieben Prozent. Das betrifft tierische Produkte, aber auch pflanzliche Nahrungsmittel sind darunter. Letztere haben meist eine deutlich geringere Klimawirksamkeit als tierische Lebensmittel. Ich wünsche Dir daher zu Deinem 50. Geburtstag, dass Du noch einmal genauer hinschaust, ob Du pflanzliche Produkte nicht mit einem zweiten ermäßigten Steuersatz besteuern kannst. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Du den Mehrwertsteuersatz für pflanzliche Produkte auf fünf Prozent senken würdest? Ein zweiter vergünstigter Mehrwertsteuersatz ist mit dem EU Mehrwertsteuerrahmen vereinbar, und Deutschland nutzt aktuell nur einen, nämlich die sieben Prozent. Das wäre gut, weil Du damit klimafreundliche und gesunde Ernährung begünstigst und einen Beitrag zur Senkung von Emissionen bei der Produktion von Nahrungsmitteln leisten kannst. Was bringt das? Du könntest es uns ein klein wenig einfacher machen mehr pflanzliche Nahrungsmittel zu essen. Wir haben anhand der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2013 grob überschlagen, was das bezüglich der Ausgaben privater Haushalte bedeutet: Die Preise für Pflanzendrinks, Gemüse und Obst und alle Nahrungsmittel, die keine tierischen Produkte beinhalten sinken dann ein wenig. Kunden und Kundinnen können pflanzliche Produkte dann verstärkt nachfragen. Dieser Nachfrageeffekt puffert wiederum die jährlichen Steuermindereinnahmen ab, so dass weniger als zwei Milliarden Euro verloren gehen würden. Das sind im Vergleich zur Bankenrettung Peanuts: Für diese haben wir laut FAZ mehr als 50 Milliarden Euro ausgegeben. Wir finden, das können wir uns als Gesellschaft leisten. Zudem sind pflanzliche Nahrungsmittel gesund – wir sollten laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung ohnehin mehr von ihnen essen. Vielleicht trägt die Senkung also perspektivisch sogar zur Entlastung des Gesundheitssystems bei, wenn wir unsere Ernährungsgewohnheiten verbessern. Und wenn Du so eine Veränderung medial und breitenwirksam begleitest, dann schaffen wir es gemeinsam, dass die Anbieter von Lebensmitteln den Steuervorteil durch Beibehalten des jeweiligen Nettopreises auch an die Konsumenten und Konsumentinnen weitergeben. Und was die Emissionsminderung betrifft: Die Herstellung eines Kilos Gemüse verursacht etwa 35-mal weniger Emissionen als die Produktion von einem Kilo Fleisch. So wird deutlich, dass unser Wunsch bei entsprechender Verhaltensänderung direkt zur Emissionseinsparung beitragen kann. Mitdenken könntest Du auch eine gleichzeitige Erhöhung der Mehrwertsteuer auf tierische Produkte, um die Steuermindereinnahmen zu kompensieren; dazu schreibe ich Dir im kommenden Blogbeitrag. Es grüßt Dich Hannah Förster

Die Volkswirtin Dr. Hannah Förster arbeitet seit 2011 im Öko-Institut. Im Bereich Energie & Klimaschutz befasst sie sich unter anderem mit Fortschrittsmessungen im Bereich Energie- und Klimaziele, mit Treibhausgasemissionsprojektionen, ökonomischen Fragen im Bereich Energie- und Klimapolitik sowie visueller Kommunikation wissenschaftlicher Inhalte als Brückenbau zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Alle Blogbeiträge über die Mehrwertsteuer auf einen Blick:

Einleitung: Happy Birthday, liebe Mehrwertsteuer! Erster Wunsch: Pflanzliche Produkte mit zweitem ermäßigten Steuersatz besteuern Zweiter Wunsch: Tierische Nahrungsmittel normal besteuern Dritter Wunsch: Pflanzlich oder tierisch? Nahrungsmittel unterschiedlich besteuern Vierter Wunsch: Besteuerung öffentlicher Fernverkehr begünstigen Zum Hintergrundpapier „50 Jahre Mehrwertsteuer – Ein Blick durch die Klimaschutzbrille“ des Öko-Instituts

Übrigens - nicht nur wir haben uns Gedanken über die Mehrwertsteuer gemacht, auch andere denken in ähnliche Richtungen:

Broschüre des Umweltbundesamtes zu "umweltschädlichen Subventionen" in Deutschland Politische Forderungen von TransFair e.V. Foodwatch fordert Abschaffung der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse

Weitere Informationen:

Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuergesetz Anlage II Frankfurter Allgemeine: Bankenrettungsblilanz: Steuerzahler haben 50 Milliarden Euro verloren Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2013 Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE

Informationen des Öko-Instituts:

Zum Hintergrundpapier "50 Jahre Mehrwertsteuer - ein Blick durch die Klimaschutzbrille" des Öko-Instituts Studie „Ist gutes Essen wirklich teuer?“ des Öko-Instituts Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile. Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts Infografik „Gesunde Ernährung mit Biolebensmitteln ist bezahlbar

“ des Öko-Instituts Studie „Umweltauswirkungen von Ernährung - Stoffstromanalysen und Szenarien“ des Öko-Instituts  

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