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Arbeit / Aktuell

Der Realitäts-Check

Christiane Weihe

Reallabore sind besondere Projekte: In ihnen werden neue Ansätze erprobt, es wird mit Dienstleistungen und Technologien experimentiert – und das unter realen Bedingungen. Derzeit arbeitet das Öko-Institut in mehreren Reallaboren daran, zukunftsfähige Lösungen für eine nachhaltige Transformation zu finden. „Man kann dabei sehr kleinteilig arbeiten – bis hin zur Zusammenarbeit mit einzelnen Wohnprojekten“, sagt Dr. Manuela Weber aus dem Bereich Ressourcen & Mobilität, „ein zentraler Bestandteil ist immer, lokale Akteurinnen und Akteure einzubeziehen und von ihren Erfahrungen zu lernen.“

Im Projekt „Zukunft im ländlichen Raum gemeinsam gestalten (ZUGG)“ arbeitet das Öko-Institut gemeinsam mit dem Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz (TGZ) noch bis Juni 2024 daran, wie die Brandenburger Kleinstädte Perleberg und Wittenberge als Zukunftsorte entwickelt werden können. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sollen unter anderem neue Ansätze und Methoden erprobt werden, wie neue Dienstleistungen und Angebote getestet sowie Bürgerinnen und Bürger aktiviert und beteiligt werden können. „Ziel ist es dabei unter anderem, gemeinsam mit ihnen passende Angebote für die Nah-Mobilität sowie Ideen für die Neubelebung der Innenstädte zu entwickeln“, so die Wissenschaftlerin.

Ähnlichen Fragen widmet sich das Projekt „MobiQ – Nachhaltige Mobilität durch Sharing im Quartier“, das gemeinsam mit der Hochschule für Technik Stuttgart und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen noch bis Februar 2024 durchgeführt und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert wird. „Der Fokus liegt dabei auf quartiersbezogenen und nachbarschaftlich getragenen Mobilitätskonzepten“, sagt Weber, „in drei Reallaboren wird praktisch erprobt, wie die Bürgerinnen und Bürger gemeinsam ihre Mobilität organisieren und dabei unter anderem auch Verkehrsmittel teilen können.“

Mit einer nachhaltigen Transformation von Quartieren in so genannten Schwarmstädten, die durch einen starken Zuzug gekennzeichnet sind, beschäftigt sich das Öko-Institut auch im Projekt „Transformative Strategien einer integrierten Quartiersentwicklung“ (TRASIQ 2). Noch bis Juni 2022 widmen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dem Martinsviertel und Kranichstein-Süd in Darmstadt. „Dabei knüpfen wir an das Vorgängerprojekt TRASIQ 1 an und nutzen zum Beispiel das dabei entwickelte Beteiligungsformat der Planungsforen“, erklärt die Expertin. „Neben der Frage der Nutzung des öffentlichen Raums im Sinne einer nachhaltigen Mobilität stehen dabei auch eine effiziente Nutzung des Wohnraums sowie eine klimafreundliche Wärmeversorgung durch Fernwärme im Fokus.“ Auch das in TRASIQ 1 entwickelte, webbasierte Analysetool zur integrierten Bewertung der Quartiersentwicklung wird als Planungshilfe auf kommunal-politischer Ebene weiterentwickelt eingesetzt. Eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit sei in Bestandsquartieren schwieriger, da hier nicht neu geplant werden könne und auch die Alltagsroutinen der Bewohnerinnen und Bewohner durchbrochen werden müssen. „Ziel ist es, diesen Herausforderungen zu begegnen und Maßnahmen zu entwickeln, die auch auf andere Städte übertragen werden können.“ Das Projekt wird gemeinsam mit der Wissenschaftsstadt Darmstadt, dem Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) und der Agentur Team Ewen durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Auch die Wissenschaft könne in solchen Projekten viel lernen. „Etwa, welche neuen Ideen es gibt, wen man einbinden sollte und wie dies erfolgreich geschieht.“ Bei allen Reallaboren ist für die Wissenschaftlerin ein weiterer Punkt besonders wichtig: Wie können ihre Ergebnisse übertragen werden? „Man gewinnt lokale Erkenntnisse, von denen andere Kommunen wie auch die Forschungsgemeinschaft profitieren können“, sagt sie, „deswegen ist es wichtig, dass man nicht isoliert arbeitet, sondern sich mit der Gesellschaft, Politik und Wissenschaft austauscht.“