Erhebliche Schäden nicht ausgeschlossen
Christiane Weihe
Die Kernenergie kann einen signifikanten Schaden für Mensch und Umwelt mit sich bringen und kann daher nicht als nachhaltige Technologie eingestuft werden – dies betont das Öko-Institut in Reaktion auf einen Bericht des Joint Research Centre (JRC). Dieser hatte im Auftrag der Europäischen Kommission festgestellt, dass die Kernenergie keinen erheblichen Schaden verursacht und von der EU als nachhaltige Technologie gefördert werden könne, um den Klimawandel zu bekämpfen. Erstellt wurde der Bericht vor dem Hintergrund der europäischen Taxonomie-Verordnung, die Investitionen in eine nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaft lenken soll. „Im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung haben wir den Bericht bewertet“, sagt Dr. Christoph Pistner vom Öko-Institut, „dieser hat die Auswirkungen katastrophaler Unfälle und das Risiko der Verbreitung von Kernwaffen nicht ausreichend betrachtet.“ Ben Wealer von der Technischen Universität Berlin hat zudem die Entsorgung nuklearer Abfälle analysiert.
So bemängeln die Wissenschaftler, das JRC habe nur wenig wissenschaftliche Literatur und wenige Indikatoren zur Risikobewertung schwerer Unfälle herangezogen. „Zwar wurde etwa die maximale Zahl der Todesopfer betrachtet, nicht aber die Zahl der evakuierten oder umgesiedelten Menschen“, so der Leiter des Bereichs Nukleartechnik & Anlagensicherheit, „auch die Flächen, die über Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte kontaminiert wären, sowie die wirtschaftlichen Folgen flossen nicht in die Bewertung ein.“ Auch noch in der jüngsten Vergangenheit habe man gesehen, welch erhebliche Auswirkungen schwere Unfälle in Kernkraftwerken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben können.
Zusätzlich betrachtet der Bericht des JRC praktisch gar nicht die Verbreitung von Kernwaffen, Kernwaffentechnologie und spaltbarem Material, sondern verweist auf bestehende Kontrollsysteme. „Wer die Gefahren der Kernenergie diskutiert, kann dies nicht auslassen, denn natürlich hätte der Einsatz von Kernwaffen katastrophale Auswirkungen“, sagt Pistner, „und die militärische Nutzung ziviler Kerntechnik kann nun mal leider nicht vollständig ausgeschlossen werden.“