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Erbse statt Schwein

Wo lohnt sich das nachhaltige Handeln?

Christiane Weihe

Zug statt Flugzeug. Fahrrad statt Auto. Bio statt konventionell. Effizienzvorbild statt Energiefresser. Es gibt zahlreiche Wege, nachhaltig zu handeln. So viele, dass Verbraucher*innen oft verwirrt sind, wo ihr Wille zu umwelt- und klimabewusstem Konsum oder eben auch Nicht-Konsum gut aufgehoben ist – und dann mitunter gar nichts tun. Wo also lohnt es sich wirklich, das eigene Verhalten zu hinterfragen und zu ändern? Wo können Verbraucher*innen wirklich einen Unterschied machen? Und lohnt sich das vielleicht sogar für uns selbst?

Im Projekt „Big Points des ressourcenschonenden Konsums als Thema für die Verbraucherberatung – mehr als Energieeffizienz und Klimaschutz“ für das Umweltbundesamt hat das Öko-Institut jene zentralen Punkte definiert, bei denen sich nachhaltiges Handeln besonders lohnt. „Wir haben analysiert, welches die wichtigsten Handlungsfelder und Produktgruppen für einen ressourcenschonenden Konsum sind und wo es relevante Handlungsmöglichkeiten für Verbraucher*innen gibt. Dabei haben wir auch die Schnittmengen mit einem energieeffizienten und klimafreundlichen Konsum betrachtet“, erklärt Senior Researcher Dr. Florian Antony.

Ziel des Projektes war es, Informationen für Verbraucherberatungen bereitzustellen, um diese als Multiplikator*innen zu aktivieren. Der Fokus lag auf acht zentralen Handlungsfeldern, so den drei aus Umweltsicht relevantesten Bereichen Ernährung, Wohnen und Mobilität. So ist etwa die Ernährung für mehr als 20 Prozent unserer Treibhausgasemissionen verantwortlich.

„Wer klima- und ressourcenschonend leben will, sollte zum Beispiel tierische Produkte in der Ernährung reduzieren, auf Flugwaren sowie Gewächshausprodukte verzichten und zu Bioprodukten greifen – das kann die ernährungsbedingte Umweltbelastung halbieren“, sagt der Wissenschaftler aus dem Bereich Produkte & Stoffströme. Auch aufs Wohnen kommt es an. „Wenn auch nicht immer einfach umzusetzen, geht es hier unter anderem darum, die Wohnfläche zu reduzieren. Sich mit langlebigen Produkten einzurichten und effiziente Haushaltsgeräte sparsam zu nutzen, hilft ebenfalls.“ Einen großen Unterschied kann zudem die individuelle Mobilität machen – hier scheint eine Reduktion der Umweltbelastungen um mehr als 50 Prozent möglich. „Dies gelingt durch das Nutzen des öffentlichen Verkehrs sowie den Verzicht auf Flugreisen und ein eigenes Auto.“ Einen wichtigen Unterschied kann es laut der Analyse außerdem machen, weniger sowie qualitativ hochwertige und umweltfreundlich produzierte Kleidung zu kaufen und diese lange zu tragen. Energieeffizienz ist auch beim Kauf von Informations- und Kommunikationstechnologien relevant, neben dem Hebel, die Produkte so lange wie möglich zu nutzen. „Wer die finanziellen Mittel dazu hat, kann außerdem in erneuerbare Erzeugungsanlagen oder nachhaltige Anlageprodukte investieren.“

Umweltkosten internalisieren

Verbraucher*innen treffen ihre Konsumentscheidungen verständlicherweise häufig auf Grundlage der für sie entstehenden Kosten. Viele machen sich jedoch nicht bewusst, dass die meisten Produkte so genannte externe Kosten mit sich bringen, die etwa durch Umwelt- und Gesundheitsbelastungen entstehen. Die externen Kosten sind in der Regel nicht im Preis der Produkte berücksichtigt – sie werden also entweder gar nicht getragen oder müssen von der Gesellschaft getragen werden. „Diese Kosten besser zu verstehen, könnte dabei helfen, Konsumentscheidungen zu beeinflussen“, sagt Dr. Florian Antony. Das Projekt „Internalisierung der externen Kosten von Lebensmitteln“ für das Umweltbundesamt will dazu beitragen, die externen Kosten sichtbarer zu machen. Es beschäftigt sich zudem mit der Frage, inwieweit sich durch eine Internalisierung der Kosten die Umweltwirkungen unserer Ernährung reduzieren lassen. Dafür hat das Projektteam verschiedene Ansätze zur Internalisierung von Umweltkosten betrachtet, so steuerliche Abgaben wie den CO2-Preis oder Entsorgungsgebühren, eine Regulierung etwa durch Verschmutzungslizenzen oder das Emissionshandelssystem. „In Factsheets beschreiben wir die mögliche Ausgestaltung und Wirkung dieser Internalisierungsansätze. So könnte ein Klimakostenaufschlag auf Lebensmittel dazu beitragen, dass Verbraucher*innen in Summe klimafreundlichere Lebensmittel konsumieren.“

Gemeinsam mit INFRAS haben die Wissenschaftler*innen zudem Kosten skizziert, die durch Umweltbelastungen in der Lebensmittelproduktion entstehen – etwa durch die Belastung von Böden und Gewässern oder den Verlust von Biodiversität. Alleine durch den Konsum von Fleisch und Milchprodukten entstehen hierzulande externe Kosten in Milliardenhöhe – bei Rindfleisch werden diese auf 8,3, bei Schweinefleisch auf 5,1 und bei Käse auf 4,8 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Es wäre wünschenswert, wenn die Preise, die wir für Lebensmittel bezahlen, auch die mit der Herstellung dieser Lebensmittel verbundenen Umweltwirkungen zukünftig besser abbilden, als dies bislang der Fall ist. „Die Betrachtung von Umweltkosten und ihre Internalisierung liefert zudem ein weiteres wichtiges Argument für eine stärker pflanzenbetonte Ernährung.“

Nachhaltig im Alltag

Für jene Menschen, die im Alltag auf Umwelt- und Klimaschutz achten wollen, hat das Öko-Institut im Zuge der Energiekrise 2022 neun einfache Tipps zusammengestellt, wie sie im Haushalt Energie sparen können. „Allein das Senken der Raumtemperatur um ein Grad bringt eine Ersparnis von 720 Kilowattstunden (kWh) oder 115 Euro im Jahr. Wer einen Tag in der Woche nicht duscht, spart jährlich 280 kWh und damit 45 Euro ein“, erklärt Dr. Florian Antony. Ein ähnlich hohes Potenzial – nämlich 240 kWh und 38 Euro – hat ein Sparduschkopf mit Perlator. „Auch effiziente Haushaltsgeräte lohnen sich. So lassen sich mit einem neuen Geschirrspüler der Effizienzklasse A 90 kWh sowie rund 33 Euro einsparen.“

Ein besseres Leben

Nachhaltig zu handeln, betont der Senior Researcher vom Öko-Institut zum Abschluss, kann sich nicht nur für Umwelt und Klima lohnen – sondern auch für uns selbst. „Die Debatte über nachhaltiges Verhalten ist oft eine Debatte über Verluste. Über Dinge, die wir nicht mehr kaufen, essen oder machen sollen. Doch Nachhaltigkeit kann viele positive Veränderungen für alle Menschen mit sich bringen. So etwa, wenn wir uns mit unseren eigenen Bedürfnissen auseinandersetzen und sie hinterfragen. Etwa damit, ob der Konsum uns wirklich befriedigt oder ob wir nur Dingen hinterherjagen, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Hierfür ein Bewusstsein zu entwickeln, schafft Freiräume.“ Gleichzeitig könne nachhaltiges Verhalten ein positives und stärkendes Gefühl der Selbstwirksamkeit mit sich bringen. Dr. Florian Antony rät Verbraucher*innen dazu, einfach mal anzufangen, statt auf die perfekte Lösung zu warten, die wahrscheinlich sowieso niemals kommen wird. „Dabei dürfen wir gerne ambitioniert, zugleich aber auch pfleglich mit uns selbst umgehen. Man muss nicht immer alles auf einmal richtig machen. Es geht aber schon darum, sich auf den Weg zu machen. Und dann wird man feststellen, dass es viele gute Chancen gibt, einen Unterschied zu machen.“

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Nachhaltiger Konsum steht im Mittelpunkt der Arbeit von Dr. Florian Antony. Der Biologe bewertet im Bereich Produkte & Stoffströme Prozesse und Technologien, erstellt Ökobilanzen und Stoffstromanalysen. Darüber hinaus widmet sich der Gruppenleiter Nachhaltige Ernährungssysteme & Lebensweisen unter anderem Unternehmensklimabilanzen sowie dem Umwelt- und CO2-Fußabdruck von Produkten.

Ansprechpartner am Öko-Institut