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Editorial

Klimaneutral eingeseift

Das Vorwort von Christof Timpe, Sprecher der Geschäftsführung des Öko-Instituts
Christof Timpe

Haben Sie sich schon mal klimaneutral die Hände eingeseift? Eine Zeit lang schien das zu funktionieren, denn eine große Drogeriekette warb auf ihren Produkten mit einem entspre­chenden Label. Doch wie weit war es tatsächlich mit der Klimaneutralität her? Konnten alle aus Herstellung, Transport und Nutzung der Seife entstehenden Emissionen ausgeglichen werden – nachhaltig und langfristig? Ist es überhaupt sinnvoll, Produkte auf diese Weise zu bewerben? Sobald die neue EU-Richtlinie zu grünen Eigenschaften (Green Claims) in Kraft tritt, dürfen Produkte nicht mehr pauschal als „klimaneutral“ beworben werden.

Aber: Der wichtigste Schritt zur Klimaneutralität unserer Gesellschaft ist es, die Treibhausgas­emissionen so weit wie möglich zu senken. Das gelingt durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und den effizienten Einsatz von Energie und Ressourcen. Dabei sind wir alle in der Pflicht: Die Politik muss klare Ziele definieren und bei Bedarf die Märkte regulieren oder Inno­vationen fördern. Aufgabe der Wirtschaft ist es, neue Konzepte zu entwickeln und in nachhal­tige Produkte und Geschäftsmodelle zu investieren, die Zivilgesellschaft muss einen verant­wortungsvollen Lebens- und Konsumstil entwickeln.

Erst in einem nächsten Schritt sollten wir darüber reden, wie wir mit den Emissionen umge­hen, die sich derzeit nicht vermeiden lassen. Bei freiwilligen Klimaschutzbeiträgen, die über den Kauf von Zertifikaten zum Ausgleich dieser Emissionen in Klimaschutzprojekte fließen, müssen wir genau hinschauen. Denn die Qualität auf diesem freiwilligen Kohlenstoffmarkt lässt oft deutlich zu wünschen übrig, wie wir auf den folgenden Seiten zeigen. Hier stellen wir auch Akteur*innen vor, die diese Qualität verbessern und so den Klimaschutz über einen Markt mit Emissionsminderungen wirkungsvoll voranbringen wollen – darunter übrigens auch das Öko-Institut. Noch besser als der Ausgleich verbliebener Emissionen, auch darüber informieren wir in diesem Heft, ist zudem das Prinzip der Klimaverantwortung. Bei diesem wird ein verantwortungsgerechter Preis für die weiterhin verursachten Emissionen bezahlt.

Das klimaneutrale Einseifen ist schon jetzt nicht mehr so einfach möglich: In einem Urteil ge­gen die Drogeriekette hat das Landgericht Karlsruhe im vergangenen Sommer entschieden, dass damit Erwartungen geweckt, aber nicht erfüllt wurden.

Ihr

Christof Timpe
c.timpe@oeko.de