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Perspektive

Zu teuer, zu kurz gedacht

Die Entlastungspakete der Bundesregierung

Wer wenig verdient, ist durch die Energiekosten schon lange stark belastet. Diese Situation hat sich im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine noch einmal verschärft, denn die Gas- und Strompreise sind deutlich gestiegen. Die Bundesregierung hat 2022 über 100 Milliarden Euro für drei Entlastungspakete bereitgestellt, um finanzielle Belastungen abzumildern. Darüber hinaus wurde im September 2022 ein wirtschaftlicher Abwehrschirm mit Finanzmitteln in Höhe von bis zu 200 Milliarden Euro verkündet, der die Folgen für Verbraucher*innen und Unternehmen abfedern soll. Doch wie sinnvoll sind die darin vorgesehenen Maßnahmen wirklich? Können sie gezielt den besonders Betroffenen helfen? Diesen Fragen sind wir im Auftrag des Umweltbundesamtes und des Bundesumweltministeriums gemeinsam mit dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft nachgegangen. Und eine Antwort direkt vorweg: Es hätte deutlich besser laufen können.

Zwar sind die Maßnahmen durchaus geeignet, um die einkommensschwächsten Verbraucher*innen zu entlasten. Und es gibt einige zielgerichtete Maßnahmen, die vor allem jene Menschen unterstützen, die besonders von der Energiekrise betroffen sind – so etwa der Heizkostenzuschuss für Beziehende von Wohngeld. Doch unterm Strich wird das Geld viel zu stark nach dem Gießkannenprinzip verteilt: Es profitieren auch jene Haushalte, die durch die höheren Energiepreise eben nicht maßgeblich zusätzlich belastet werden. Das macht die Entlastungspakete zu teuer und zu ineffizient. Und: Es wurde zu stark auf eine kurzfristige Kostenreduktion gesetzt und zu wenig an nachhaltige Wirkungen gedacht – auch mit Blick auf Klimaeffekte.

Nach unserer Analyse wäre es billiger und effizienter gewesen, besonders betroffene Verbraucher*innen gezielt zu entlasten, etwa über eine direkte Einkommensunterstützung. Wie das funktionieren kann, macht uns Österreich vor: Hier gibt es direkte Zahlungen an die Bürger*innen. Jene, die besonders wenig haben, erhalten mehr. Hierzulande gibt es einen solchen Weg bislang nicht, obwohl die Entlastung – etwa auch von Familien mit Kindern – so deutlich einfacher und günstiger erreicht werden kann.

Die so eingesparten Mittel könnten dann in Maßnahmen fließen, die den Menschen und dem Klimaschutz zu Gute kommen. So etwa in eine verbesserte Energieeffizienz, höhere Energieeinsparungen oder einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. Dies hilft, die Emissionen zu senken und gleichzeitig – wir denken da zum Beispiel an die Gebäudesanierung, den Austausch von Heizungen oder den Ausbau von Mobilitätsangeboten – den Alltag der Menschen zu verbessern und ihre Kosten zu reduzieren. Auch hier lohnt es sich, gezielt vorzugehen: Werden Haushalte mit geringen Einkommen unabhängiger von fossilen Energieträgern, sind sie langfristig vor hohen Kosten geschützt.

Zahlreiche der in Deutschland getroffenen Entlastungsmaßnahmen hingegen zielen darauf ab, den Preis für Energie aus fossilen Quellen zu senken, und schaden dem Klimaschutz zum Teil sogar. So die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas, die verschobene Erhöhung der CO2-Bepreisung, der Tankrabatt oder die erhöhte Pendlerpauschale. Maßnahmen wiederum, die ebenfalls nicht gezielt einkommensschwächere Haushalte unterstützen.

Die Strom- und Gaspreisbremse entlasten Bürger*innen, die Strom und Gas verbrauchen. Dadurch, dass nur ein Grundbudget vergünstigt abgegeben wird, bleibt der Anreiz zum Energiesparen erhalten. Trotzdem handelt es sich um eine weitere Maßnahme, bei der das Geld „mit der Gießkanne“ und ganz besonders auch an Haushalte mit hohem Einkommen verteilt wird.

Die Energiekrise ist nicht vorbei. Was ist, wenn die Energiepreise auch im Jahr 2023 nicht sinken? Entlastungspakete im gleichen Tempo zu schnüren, wird sich auch Deutschland nicht leisten können. Bisher sind wir hierzulande sehr privilegiert. Es ist keinesfalls selbstverständlich, dass sich ein Land solche Entlastungen seiner Bürger*innen überhaupt leisten kann oder möchte, wie sich im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten sehr deutlich zeigt. In Zukunft sollten nur solche Maßnahmen zum Einsatz kommen, die nur jene Verbraucher*innen entlasten, die es tatsächlich brauchen. Solche, die langfristig wirksam sind und auch dem Klima helfen. Solche, die den Energieverbrauch senken statt ihn billiger zu machen. Mit solchen Maßnahmen können wir auch mehr als einen Winter gut überstehen.

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Dr. Katja Schumacher, stellvertretende Leiterin des Bereichs Energie & Klimaschutz, und Senior Researcher Dr. Johanna Cludius sind Volkswirtschaftlerinnen und widmen sich am Öko-Institut Instrumenten der Energie- und Klimapolitik. Sie befassen sich mit Verteilungswirkungen von Energiespar- und Effizienzmaßnahmen auf private Haushalte, aber auch die Evaluation und Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels sowie weitere europäische und nationale energie- und klimapolitische Maßnahmen stehen in ihrem Fokus.