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Im Fokus

Keine schnellen Lösungen

Die Schweizerische Energie-Stiftung

Christiane Weihe

Am Anfang hört sich alles sehr vertraut an. Der Ausstieg aus der Atomkraft wurde beschlossen. Es wird nach einem Endlager gesucht. Wir haben es mit einer Institution zu tun, die aus der Anti-Atomkraft-Bewegung hervorgegangen ist. Doch nach wenigen Sätzen wird klar: Die Entwicklung in der Schweiz unterscheidet sich in den Details deutlich von jener in Deutschland – etwa mit Blick auf die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungsfindung. „Wir hatten in der Schweiz schon viele Volksinitiativen zum Thema Atomkraft“, sagt Nils Epprecht von der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES), „das führte 1990 – also nach der Katastrophe von Tschernobyl – zur Entscheidung, zehn Jahre lang keine weiteren Atomkraftwerke zu bauen.“ Mit der Katastrophe von Fukushima rückte ein Regierungsbeschluss von 2011 den Atomausstieg näher, die Bürgerinnen und Bürger entschieden sich im Herbst 2016 jedoch gegen feste Ausstiegsdaten.

Im Mai 2017 schließlich sprach sich bei einer Volksabstimmung eine deutliche Mehrheit der Schweizer für den Ausstieg aus. „Klare Termine gibt es aber immer noch nicht, die fünf Atomkraftwerke sollen so lange in Betrieb bleiben wie die Aufsichtsbehörde sie als sicher einstuft“, sagt der Projektleiter Strom & Atom, „obwohl die Werke nur für Laufzeiten von 40 Jahren konzipiert wurden, gehen die Betreiber in ihrer Planung heute von 60 Jahren aus. Und selbst nach 60 Jahren ist es nicht so, dass die AKW dann einfach automatisch vom Netz gehen würden.“ Die SES setzt sich mit ihren acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für eine umwelt- und menschengerechte Energiepolitik ein, finanziert aus Spenden und den Beiträgen ihrer etwas mehr als 5.000 Mitglieder. Sie hat in einem Zusammenschluss verschiedener Institutionen und Parteien bereits viele Volksinitiativen unterstützt, die den Atomausstieg zum Ziel hatten. „Alleine wäre eine solche Initiative gar nicht zu stemmen – man braucht 100.000 Stimmen, um sie in Gang zu bringen.“

Auch beim Thema Endlager unterscheidet sich die Schweiz im Detail übrigens deutlich von Deutschland. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, kurz Nagra, will drei Standorte zur Einrichtung eines möglichen Endlagers in Tongestein untersuchen. Ein Vorgehen, das die SES kritisch begleitet. „Die Nagra gehört den AKW-Betreibern, die ein Interesse daran haben, möglichst schnell und kostengünstig einen Standort zu finden“, sagt Nils Epprecht, „dabei sind noch viele Fragen unbeantwortet – so etwa zur Frage, ob eine Rückholung möglich sein soll.“ Der Experte von der Schweizerischen Energie-Stiftung fordert daher ein Verfahren, das mit der Erforschung aller noch offenen Fragen aus sozial- und naturwissenschaftlicher Sicht beginnt. „Außerdem brauchen wir eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, was wir in der Schweiz überhaupt wollen in Sachen Endlager“, sagt er, „bislang wollten die Beteiligten leider einfach nur eine schnelle Lösung.“