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Im Fokus

„Wir müssen Vertrauen schaffen und die Menschen einbinden“

Im Interview: Prof. Dr. Klaus Töpfer (Nationales Begleitgremium)

Christiane Weihe

Kein Verfahren hinter verschlossenen Türen, keine Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg – die Suche nach einem Endlagerstandort steht im Zeichen von Transparenz, Fairness und Beteiligung. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das so genannte Nationale Begleitgremium (NBG), dessen Einrichtung die Endlagerkommission empfohlen hat: Das NBG besteht aus Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Bürgervertreterinnen und -vertretern und soll den Prozess der Standortauswahl vermittelnd begleiten sowie eine angemessene Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen. Im Interview mit eco@work spricht Prof. Dr. Klaus Töpfer, einer der Vorsitzenden des Nationalen Begleitgremiums, über dessen Aufgaben und Ziele. Der ehemalige Bundesumweltminister und Direktor des UN-Umweltprogramms berichtet auch über die Erfahrungen der bisherigen Arbeit.

Prof. Töpfer, welche Aufgaben hat das NBG seit seiner konstituierenden Sitzung im Dezember 2016 übernommen?

Zu Beginn haben wir unter erheblichem Zeitdruck den Gesetzentwurf für das Standortauswahlgesetz dahingehend geprüft, ob er den Vorgaben der Endlagerkommission entspricht. Diese unsere Analyse hat durch Empfehlungen an den Umweltausschuss des Bundestages zu wichtigen Änderungen geführt – auch in Bezug auf die Rolle des Nationalen Begleitgremiums selbst und das Verbot des Exports der hochradioaktiven Abfallstoffe. Ein großer Teil der Arbeit besteht aber nach wie vor für uns darin, belastbare Strukturen für das NBG zu schaffen und uns damit fit zu machen für die Zeit, in der konkrete Standortüberlegungen geäußert werden. Es gilt, Vertrauen und Glaubwürdigkeit durch Transparenz und strikte Unabhängigkeit zu erarbeiten.

Gab es bereits direkte Kontakte mit der Öffentlichkeit?

Ja, natürlich. Alle Mitglieder des Gremiums sehen im Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern die wichtigste, zentrale Aufgabe. Wir haben zum Beispiel im September 2017 einen Informationsbesuch der Schachtanlage Asse II durchgeführt. Dabei ging es darum, uns selbst ein Bild der Anlage zu machen, vor allem aber auch darum, mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen. Wir haben dort sehr lange und lehrreiche Gespräche mit der Begleitkommission Asse darüber geführt, welche Erfahrungen sie in der Vergangenheit im Verhältnis zu den anderen Akteuren gesammelt hat. Daraus leiten wir Konsequenzen für unsere eigene Arbeit ab, wie man welche Fehler vermeiden kann. Darüber hinaus stehen unsere Sitzungen ja allen Interessierten offen.

Was ist für Sie die zentrale Rolle des NBG?

Die Menschen frühzeitig in die Entscheidungsfindung einzubinden. Die Zeit, in der Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg getroffen wurden und für die dann „Akzeptanz“ erarbeitet werden sollte, ist vorbei. Dafür müssen wir Vertrauen in der Gesellschaft insgesamt und bei betroffenen Bürgerinnen und Bürgern schaffen. Sie müssen in das Verfahren der Standortauswahl von Anfang an eingebunden sein. Dafür müssen wir beweisen, dass wir in der Lage sind, die Voraussetzungen für echte Beteiligung zu schaffen. Das ist auch für uns ein kontinuierlicher Lernprozess.

Was sind die wichtigsten Anforderungen an das NBG auf diesem Weg?

Ehrlichkeit und Transparenz sind ebenso zentral wie die Bereitschaft, zuzuhören. Damit wir wissen, was die Menschen brauchen, um sich beteiligen zu können und zu wollen. Außerdem ist es wesentlich, dass wir jeden Zeitdruck ablehnen, der stets die Verdächtigung begründet, dass nicht allen Überlegungen und Einwänden nachgegangen wird. Natürlich ist es wichtig, einen Zeitplan zu haben – auch mit Blick auf die Zwischenlager, in denen der hochradioaktive Abfall bis zur Einrichtung eines Endlagers gelagert wird. Aber wenn wir die beste Lösung finden wollen, müssen wir uns dafür die angemessene Zeit nehmen und den Menschen den Raum geben, sich als Mitwirkende an diesem Entscheidungsprozess zu sehen.

Warum haben Sie persönlich diese Aufgabe übernommen?

Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Auch, weil ich in meiner Zeit als Bundesumweltminister im Zentrum des Konflikts um das geplante Endlager in einem Salzstock bei Gorleben stand. Aber ich bin der festen Überzeugung: Wir müssen uns um die Hinterlassenschaften der Kernenergienutzung kümmern. Dieses Verfahren ist vernünftig, es ist sinnvoll. Zu dieser gesellschaftlichen Herkulesaufgabe will ich einen Beitrag leisten.

Wie sehr gehören bisherige Konflikte wie jener um Gorleben zur Arbeit des NBG?

Sehr stark. Die Art, wie wir mit der Vergangenheit umgehen, wie wir ihre Lasten und menschlichen Verletzungen aufarbeiten, zeigt ganz deutlich, wie glaubhaft wir darin sind, den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christiane Weihe.