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Im Fokus

Zusammenarbeit über Grenzen hinweg

Elektroschrott in Ghana

Christiane Weihe

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich in der Agenda 2030 auf 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung geeinigt. Die Sustainable Development Goals (SDGs) greifen unterschiedliche Facetten sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit auf: Sie befassen sich mit Armut und Bildungsfragen ebenso wie mit sauberer Energie, nachhaltigem Konsum und nachhaltiger Produktion. Ihre Grundlage ist ein klarer Aufruf zur Zusammenarbeit: Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft – so die Leitprinzipien der Agenda 2030. Teil dieser globalen Partnerschaft muss es aus Sicht des Öko-Instituts auch sein, in Kooperationen mit Entwicklungs- und Schwellenländern Lösungen für globale Herausforderungen zu entwickeln, etwa mit Blick auf eine nachhaltige Abfallwirtschaft. Seit 2009 arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher zum Beispiel in unterschiedlichen Projekten zum Thema Elektroschrott in Ghana.

„Ghana ist eines jener afrikanischen Länder, die sich sehr stark entwickeln“, sagt Andreas Manhart vom Öko-Institut, „das Land bietet zudem gute Voraussetzungen für Projekte in Richtung Nachhaltigkeit: Es gibt eine demokratisch gewählte Regierung, eine funktionierende Verwaltung und eine freie Presse.“ Gleichzeitig hat Ghana große Herausforderungen etwa mit Blick auf die Abfallwirtschaft zu bewältigen (siehe hierzu auch Interview mit Desmond Appiah auf Seite 14). Insbesondere in der Regenzeit seien immer wieder katastrophale Zustände zu beklagen. „Im Juni 2015 kam es bei einer Überschwemmung – die Abflüsse waren durch Müll verstopft – durch ausgetretenen Treibstoff zu einer Explosion in der Hauptstadt Accra, bei der mindestens 150 Menschen starben“, erklärt Manhart. Aber auch jenseits solcher katastrophalen Einzelereignisse ist die Situation in vielerlei Hinsicht problematisch: „Denn die meist ungeregelte Entsorgung und Verwertung von Abfällen hat zahlreiche überaus problematische Folgen für Menschen und Umwelt – ein Beispiel ist die unsachgemäße und damit gefährliche Verwertung von E-Schrott und Batterien“, so der Senior Researcher vom Öko-Institut. Und das ist gerade der Abfallstrom, der weltweit mengenmäßig die größten Zuwachsraten aufweist.

Sustainable Recycling Industries

Seit bereits fast zehn Jahren berät das Öko-Institut die ghanaische Politik und Verwaltung mit Blick auf Elektro- und Elektronikschrott und mögliche Wege hin zu mehr Nachhaltigkeit. „Hier ist inzwischen sehr viel in Gang gekommen“, so der Senior Researcher vom Öko-Institut, „so haben das ghanaische Umweltministerium MESTI und die ghanaische Umweltschutzbehörde EPA im Februar 2018 Leitlinien für ein umweltgerechtes E-Schrott-Management veröffentlicht. Der Sektor soll sich Schritt für Schritt verbessern.“ An der Ausarbeitung war im Rahmen des Projektes „Sustainable Recycling Industries (SRI)“ auch das Öko-Institut beteiligt – gemeinsam mit dem Ghana National Cleaner Production Centre und dem ghanaischen Mountain Research Institute sowie in Zusammenarbeit mit vielen lokalen Partnerinnen und Partnern. „SRI ist ein Programm des Schweizerischen Staatssekretariats für Wirtschaft SECO für Entwicklungs- und Schwellenländer wie Kolumbien, Peru, Indien oder eben auch Ghana“, erklärt Manhart, „Ziel ist es, in diesen Ländern nachhaltige Recyclingprozesse aufzubauen und dabei kleine und mittlere Betriebe zu integrieren. Ein wichtiger Bestandteil des Projektes ist die enge Zusammenarbeit mit Regierungsorganisationen sowie der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft vor Ort.“ Teil von SRI waren unter anderem auch Fortbildungsveranstaltungen für Auditoren und für Recycler in Ghana – so zum Beispiel zum Kunststoffrecycling oder zur fachgerechten Entsorgung von Blei-Säure-Batterien.

Die nun verabschiedeten Leitlinien enthalten verbindliche Mindeststandards für Betriebe, die E-Schrott sammeln und recyceln. „Dieser Ansatz überzeugt vor allem, weil er Anforderungen an Recyclingbetriebe stellt, die auch in Europa üblich sind, gleichzeitig aber die wichtigen Akteurinnen und Akteure des informellen Sektors nicht außen vor lässt. Denn viele Menschen bestreiten in Ghana ihren Lebensunterhalt mit einfachen Sammel- und Recyclingtätigkeiten“, verdeutlicht der Wissenschaftler, „wenn sie sich offiziell als E-Schrott-Sammler registrieren lassen wollen, gibt es nun vergleichsweise geringe Anforderungen.“ Wichtig sei zudem, dass die informellen Sammler und Recycler offiziell als Teil der Verwertungskette anerkannt werden und dass sie durch die Registrierung Vorteile erfahren – „Hier sind erste Ansätze in der Entwicklung.“ – und dass die Fortbildungsaktivitäten fortgesetzt werden. „Sinnvoll sind zum Beispiel Trainings zu sehr speziellen Schrottarten wie dem Glas von Fernsehmonitoren oder Photovoltaikmodulen sowie die Etablierung von festen Fortbildungen, für die langfristig keine internationalen Experten und Expertinnen mehr notwendig sind“, sagt Manhart.

Keine einfachen Lösungen

Projekte wie dieses zeigen das Potenzial für eine nachhaltige Entwicklung in Ghana. Doch der Experte vom Öko-Institut warnt auch: Es ist noch ein langer Weg zu gehen. „Es gibt zum Beispiel immer wieder windige Geschäftemacher, die scheinbar einfache und gewinnbringende Lösungen versprechen, aber eigentlich nur am Verkauf ihrer Maschinen interessiert sind“, sagt er, „doch die unbequeme Wahrheit ist nun mal: Abfall ist in erster Linie ein Problem und keine Goldgrube. Und eine vernünftige Abfallwirtschaft braucht eine zusätzliche Finanzierung – etwa über Herstellerabgaben oder Abfallgebühren.“

Ziel ist es in der Projektarbeit für den Senior Researcher daher auch, die Grundlagen für eine nachhaltige Abfallwirtschaft in Ghana weiter zu verbessern. „Wir begleiten die Regierung bei ihrer Arbeit und werden uns weiterhin in verschiedenen Projekten einbringen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Zivilgesellschaft zu stärken, so etwa über eine systematische Unterstützung von Umweltgruppen“, erklärt Manhart, „Für eine nachhaltige Abfallwirtschaft braucht es die Zusammenarbeit aller Akteurinnen und Akteure – eine Erkenntnis, die für Deutschland ebenso gilt wie für Ghana.“

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Wie können auch in weit verzweigten, globalisierten Produktionsketten Sozial- und Umweltstandards gewährleistet werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Andreas Manhart im Bereich Produkte & Stoffströme, für den er seit 2005 tätig ist. Der Fokus des Geographen liegt dabei vor allem auf Recycling, Rohstoffen sowie elektrischen und elektronischen Produkten. Dabei arbeitet er sowohl zu Fragen der Primärgewinnung von Rohstoffen aus Bergbau und Plantagen als auch zu Recycling von Abfällen wie Altbatterien und E-Schrott.