Green Finance
Christiane Weihe
Wir geben Geld für so einiges aus. Für das neueste Elektrogerät, ein schickes Outfit und ein schnelles Auto. Einen großen Teil unseres Vermögens legen wir außerdem auf die hohe Kante: für die Altersvorsorge auf dem Sparkonto oder bei der Lebensversicherung. Doch was fangen die Banken und Versicherer genau mit unserem Geld an? Obwohl grüne Investments oft gute Gewinne versprechen, werden sie nicht ausreichend genutzt. So gaben etwa die deutschen Versicherer – mit über 1,4 Billionen Euro Kapitalanlagebestand im Jahr 2014 der mit Abstand größte institutionelle Anleger – nur einen Bruchteil ihres Kapitals in grüne Projekte. Dabei brauchen Investitionen in den Klimaschutz weltweit betrachtet viele Billionen Dollar. Geld ist für saubere Technologien ebenso notwendig wie für effizientere Wirtschaftsweisen und den Ressourcenschutz. Wie sich die Investitionen in diese Bereiche erhöhen lassen, damit haben sich auch die Wissenschaftler des Öko-Instituts befasst.
PricewaterhouseCoopers beschrieb Green Finance 2013 als „Finanzprodukte und -dienstleistungen, die Umweltfaktoren bei der Kreditentscheidung ebenso berücksichtigen wie beim nachträglichen Monitoring und beim Risikomanagementprozess“. Sie haben das Ziel „ökologisch verantwortliche Investitionen zu fördern und kohlenstoffarme Technologien, Projekte, Industrien und Unternehmen voranzubringen“. Solche Investitionen werden in vielen Bereichen benötigt, so etwa für die Erzeugung und Speicherung von erneuerbaren Energien oder auch für Verkehrsinfrastrukturen. „Es gibt unterschiedliche Berechnungen, wie hoch die Investitionen weltweit sein müssen“, sagt Andreas Hermann vom Öko-Institut, „das Umweltprogramm der Vereinten Nationen geht zum Beispiel davon aus, dass zwischen 2010 und 2050 jährlich ein bis zweieinhalb Prozent des globalen Bruttosozialproduktes zusätzlich investiert werden müssen, wenn weltweit ein grünes Wirtschaften gelingen soll.“ Der höchste Investitionsbedarf wird dabei für die Energieversorgung, den Verkehrssektor, den Gebäudebereich sowie den Tourismus angenommen. Das Umweltprogramm, kurz UNEP, beklagt auch: Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht ausreichend, damit privates Kapital in eine Green Economy fließt. Ein Großteil der Investitionen wird bislang konservativ angelegt. Wenn sich das ändern soll, müssen laut UNEP verlässliche politische Maßnahmen und ein günstiger Regelungsrahmen für grüne Investitionen geschaffen werden.
PRIVATES KAPITAL
Wie sich die Rahmenbedingungen für grüne Investitionen hierzulande verbessern lassen, haben die Wissenschaftler des Öko-Instituts im Projekt „Rahmen für Klimaschutzinvestitionen – Hemmnisse und Maßnahmen“ für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) untersucht. Gemeinsam mit den Projektpartnern von der TU Darmstadt, der Frankfurt University of Applied Sciences, von BCC Business Communications Consulting und dem Ecologic Institut haben sie analysiert, welche rechtlichen Hemmnisse für grüne Investitionen bestehen und wie sich diese beseitigen lassen. Betrachtet wurden unterschiedliche Investitionsbereiche wie „Infrastrukturmaßnahmen im Gebäude- und Verkehrsbereich“, „Energieeffizienz in Unternehmen“ oder „Erzeugung, Transport und Speicherung erneuerbarer Energien“. „Wir brauchen mehr privates Kapital in diesen Bereichen“, sagt Hermann, „private Geldgeber wie Versicherungen spielen eine große Rolle, da ihre Mittel deutlich größer sind als jene des öffentlichen Sektors.“ Zum Vergleich: Den gut 1,4 Billionen Euro der Versicherer stand im Jahr 2014 ein (Gesamt-)Bundeshaushalt von insgesamt 295,4 Milliarden Euro gegenüber. Doch vom Geld der Versicherungswirtschaft fließt derzeit nur ein Bruchteil – weniger als ein Prozent – in den Klimaschutz. „Im Projekt für das Bundesumweltministerium haben wir unterschiedliche Rechtsgebiete daraufhin untersucht, ob sie Investitionshemmnisse enthalten und welche Möglichkeiten für Anreize vernachlässigt werden“, so der Wissenschaftler. Das Projektteam legte seinen Fokus auf das Kapital- und Investmentrecht, das Handels- und Gesellschaftsrecht sowie das Bilanz- und Steuerrecht. Grundlage der Analyse waren insbesondere Interviews mit zwanzig hochrangigen Vertretern aus unterschiedlichen Gruppen, so etwa Privatinvestoren, Kreditinstituten, Versicherungen, Unternehmen oder Ratingagenturen. „Eine wichtige Rückmeldung aus den Interviews war: Auf dem Markt ist aufgrund des niedrigen Zinsniveaus ausreichend Anlagekapital vorhanden, Instrumente zur Kapitalbündelung gibt es ebenso – aber es fehlt an geeigneten Projekten“, erklärt der Wissenschaftler vom Öko-Institut. Dann fügt er hinzu: „Das Projekt muss natürlich zum Investor passen. Einzelne Windräder sind viel zu klein für einen Versicherer.“
Nach den Erkenntnissen der Studie ist nicht in allen Rechtsgebieten die gleiche Zahl von Hemmnissen für Klimaschutzinvestitionen zu finden. Ein großes Hemmnis besteht etwa im Bilanzrecht: das Fehlen eines einheitlichen Klimaschutzreportings. „Gäbe es hier klare Vorgaben, hätten Investoren deutlich bessere Entscheidungsgrundlagen für ihre Investitionen“, so Hermann, „das würde Investitionen auf jeden Fall befördern.“ Denn: Aussagekräftige Kennzahlen und einheitliche Ratingstandards könnten die Kosten senken, die Investoren bei der Suche geeigneter Anlageobjekte entstehen. „Darüber hinaus wäre es sinnvoll, das Klimaschutzreporting breiter zu verankern, mehr Unternehmen zu integrieren“, sagt der Wissenschaftler. Ein weiteres Hemmnis liegt in fehlenden Anreizen im Steuerrecht, in Bezug auf Körperschafts-, Gewerbe- und Einkommensteuer. So lassen sich mit Absetzungsmöglichkeiten Klimaschutzinvestitionen besser fördern als mit Steuerbefreiungen oder Freibeträgen. Sinnvoll wäre daher zum Beispiel eine Neufassung von § 7d des Einkommensteuergesetzes, durch die sich klimaschützende Wirtschaftsgüter verstärkt absetzen ließen. Auch mit Blick auf die energetische Gebäudesanierung bietet der bestehende Rechtsrahmen durchaus Anknüpfungspunkte – auch wenn die bisherigen Gesetzgebungsinitiativen in diesem Bereich gescheitert sind. Vorbild für eine rechtliche Regelung der Absetzbarkeit in diesem Bereich können laut der Studie die Paragrafen 7h und 7i des Einkommensteuergesetzes sein, die eine erhöhte Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen in städtebaulichen Entwicklungsbereichen und Sanierungsgebieten bzw. von Baudenkmälern regeln.
Nicht jedes Rechtsgebiet muss aber verändert oder erweitert werden, um grüne Geldanlagen zu fördern. „Es gibt auch Gebiete, in denen kaum Hemmnisse bestehen – so etwa das Handelsrecht“, sagt Andreas Hermann. Vorhandene Barrieren in anderen Rechtsgebieten müssen jedoch abgebaut werden. Denn Investitionen in den Klimaschutz sind gleichzeitig Investitionen in unsere Zukunft. Weit mehr als jene in das neueste Smartphone, ein schönes Kleid oder einen rasanten Zweisitzer. Christiane Weihe