Zurück aus Paris
Die Klimaverhandlungen in Paris im Dezember 2015 waren lange mit Spannung erwartet worden. Denn zäh war es bis dahin, viele Misserfolge säumten den Weg. Mein Kollege Martin Cames schrieb an dieser Stelle vor zweieinhalb Jahren über die hohen Erwartungen an die UN-Klimakonferenz in der französischen Hauptstadt, über die Notwendigkeit, endlich neue Verpflichtungen zur Minderung der Treibhausgasemissionen zu beschließen. Er war damals optimistisch, dass es in Paris gelingen wird, eine Einigung zu erzielen. Heute können wir sagen: Er war es zu Recht. Die Konferenz in Paris war ein Erfolg, den ich als Mitglied der deutschen Delegation miterleben durfte. Die Weltgemeinschaft hat sich auf ein neues Abkommen geeinigt.
Darin ist übrigens nicht nur das Ziel festgelegt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Nach langen Diskussionen und der Überwindung vieler Widerstände ist ein noch größerer Schritt gelungen: Die Staaten haben sich darauf geeinigt, Anstrengungen für eine maximale Erderwärmung von 1,5 Grad zu unternehmen. Dabei soll jedes Land Minderungsziele definieren – über die so genannten Intended Nationally Determined Contributions (INDCs), also die geplanten Klimaschutzbeiträge der einzelnen Länder. Jedes Land hat selbst festlegt, welchen Beitrag es leisten will.
188 Staaten haben solche INDCs vorgelegt – die Staaten mit INDCs sind für über 95 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zum Vergleich: Beim Kyoto-Protokoll deckten die Staaten mit Minderungszielen nur 12 Prozent der globalen Emissionen ab. Es ist ein großer Erfolg, dass nun so viele Staaten Minderungsziele haben und an Strategien und Maßnahmen arbeiten, um ihre Emissionen zu reduzieren. Während die meisten Entwicklungsländer bisher nur einzelne Minderungspolitiken und -maßnahmen festlegt hatten, umfassen nun circa 85 Prozent der INDCs Ziele für das gesamte Land. Allerdings haben nur 63 Staaten absolute Emissionsminderungsziele oder -begrenzungen und viele Entwicklungsländer haben die Emissionsreduktion in Bezug auf eine Business-as-usual-Projektion der Emissionen festgelegt, was größere Unsicherheiten beinhaltet. Langfristig sollen für alle Staaten absolute Reduktionsziele gelten.
Leider reichen die im Rahmen der INDCs vorgelegten Emissionsminderungen nicht aus, um das 2-Grad-Ziel nicht erreichen. Das wird auch im Text des Abkommen ganz ehrlich so festgestellt. Ich denke dennoch, dass die Einigung ein Erfolg ist. Warum? Nun, zum einen engagieren sich weit mehr Länder als bislang für den internationalen Klimaschutz. Zum anderen werden Klimaziele stets sehr konservativ angesetzt – niemand will sich auf etwas verpflichten, das er später nicht umsetzen kann. Daher erwarte ich, dass insgesamt mehr erreicht wird, als jetzt in den INDCs steht. Drittens sollen die Staaten alle fünf Jahre ihre Ziele überarbeiten und steigern. Aktuelle Entwicklungen zum Beispiel bei den regenerativen Energien stimmen mich ebenfalls optimistisch: Noch nie wurden global so viele zusätzliche erneuerbare Kapazitäten installiert wie 2014 und die in den INDCs vorgesehenen Maßnahmen werden erneuerbare Energien und Energieeffizienz sowie die Bekämpfung der Entwaldung weltweit erheblich vorantreiben.
Eine weitere gute Nachricht ist, dass das Abkommen eine verbesserte Transparenz und Überwachung der Emissionen und Minderungsanstrengungen aller Staaten vorsieht. Bisher fehlen von wesentlichen Emittenten wie China regelmäßige offizielle Emissionsdaten, welche nun alle Länder mindestens alle zwei Jahre vorlegen müssen und diese werden auch für alle Staaten überprüft.
Wir haben jetzt einen neuen Meilenstein, von dem aus wir zu einem kohlenstoffarmen Wirtschaften weltweit aufbrechen können. Denn missverstehen Sie mich nicht: Die Arbeit fängt jetzt erst an. Konkrete Regeln müssen erarbeitet, das Abkommen oder auch ‚Paris Agreement‘ muss von mindestens 55 Staaten ratifiziert werden, die für mindestens 55 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Auch Deutschland muss aktiv werden. Seinen Klimaschutzplan 2050 gewissenhaft überprüfen, den Kohleausstieg vorantreiben, in Europa über das 40-Prozent-Minderungsziel bis 2030 diskutieren. Es ist eine Zeit des Aufbruchs, jetzt ist die Zeit für neue Forderungen und Vorschläge. Denn im Abkommen von Paris steckt das klare Bekenntnis zu einem ambitionierteren Vorgehen. Anke Herold