Schau, was kommt draußen vorbei

© olaser @istock.com
Christiane Weihe
Ist es ein Fahrrad oder ein Bus? Ein Fußgänger oder ein Lastwagen? Wer in einer Straße mit hoher Verkehrsbelastung wohnt, für den hat die Antwort auf diese Fragen eine hohe Bedeutung. Aber auch Stadtplaner*innen profitieren von Straßenverkehrszählungen – sie können damit etwa die Wirkung verkehrslenkender Maßnahmen überprüfen. „Das Tracking von Verkehr ist allerdings oft sehr teuer und aufwendig“, sagt Kris Vanherle, Mitgründer und Geschäftsführer des belgischen Unternehmens Rear Window. „Wir wollen es einfach und bezahlbar machen und im Sinne von Citizen Science gleichzeitig Bürger*innen einbeziehen.“ Also hat das Unternehmen, eine Ausgründung von Transport and Mobility Leuven (TML), Telraam entwickelt: ein kleines Gerät, das jede*r am heimischen Fenster anbringen und so die Verkehrsteilnehmer*innen zählen kann. Für die neue Version S2 kam auch künstliche Intelligenz zum Einsatz. „Sie hilft uns zum Beispiel dabei, die Verkehrsteilnehmer noch genauer zu unterscheiden. Telraam kann jetzt sagen, ob da ein Fahrrad oder ein Moped vorbeikommt, ein Lkw oder ein Bus – das ging vorher nicht“, so Vanherle. „Außerdem sind die Anbringung und die Nutzung noch einfacher und intuitiver geworden.“
Auch in Deutschland hängen schon Telraam-Geräte in den Fenstern. Eingesetzt werden sie etwa von Bürgerinitiativen in Berlin, die städtische Quartiere ohne Kfz-Durchgangsverkehr – so genannte Superblocks – schaffen wollen und Verkehrsdaten für ihre Argumentation brauchen. Für Kampagnen für sicherere Straßen kam Telraam außerdem schon an die Fenster. „Lokale Behörden haben Telraam etwa in Belgien bereits im Rahmen so genannter Schulstraßen genutzt, die vor Schulbeginn und nach Schulende temporär für den Verkehr gesperrt werden – vor allem für eine höhere Sicherheit. Telraam kann wertvolle Erkenntnisse liefern, wohin sich der Verkehr in diesen Zeiten verlagert und ob es eine veränderte Anreise etwa der Schüler*innen gibt. Das hilft auch dabei, Konflikte mit Anwohner*innen zu entschärfen.“
Für die nächste Version wünscht sich Kris Vanherle eine noch stärkere Einbeziehung von Bürger*innen – etwa für die Interpretation der erhobenen Verkehrsdaten. Dann wäre Telraam nicht mehr nur ein zählendes Fenster – „ik tel“ und „raam“ bedeuten auf Niederländisch „ich zähle“ und „Fenster“, „Telraam“ ist außerdem das Wort für „Abakus“ – sondern eines, das noch weitere Informationen liefert. Telraam ist übrigens keine Gefahr für Datenschutz oder Privatsphäre. „Das Gerät speichert oder verschickt keine Bilder, es zählt einfach nur. Dank KI jetzt noch genauer.“
Weitere Informationen
Telraam
Kris Vanherle
Co-Gründer und Geschäftsführer
Diestsesteenweg 71
3010 Leuven
Belgien
Web: https://telraam.net
Mail: kris.vanherle@telraam.net