Nutzungsszenarien ehemaliger Deponien
Im Zuge des Ausstiegs aus der Kernenergie und dem damit verbundenen Rückbau von Kernkraftwerken werden in den nächsten Jahren mehrere tausend Tonnen Bauschutt auf den Abfalldeponien in Baden-Württemberg erwartet. Doch können diese Flächen eines Tages wieder für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Verkehr, Wohnen und Freizeit freigegeben werden? Durch die Berechnung verschiedener Nachnutzungsszenarien konnte das Öko-Institut im Auftrag des Umweltministeriums von Baden-Württemberg diese Frage beantworten.
„Ob Bauschutt als radioaktiver Abfall endzulagern ist, konventionell entsorgt oder wiederverwertet werden kann, legen Freigabewerte der Strahlenschutzverordnung fest“, beschreibt Christian Küppers, Leiter der Strahlenschutz-Gruppe am Öko-Institut, die gesetzlichen Vorgaben. „Mit den Freigabewerten sollen aktuelle aber auch langfristige, radiologische Risiken für die Bevölkerung ausgeschlossen werden.“ In den Vorschriften zur Freimessung und Freigabe der Abrissmaterialien von Kernkraftwerken ist festgelegt, dass für jeden Menschen eine maximale Strahlendosis von zehn Mikrosievert im Kalenderjahr eingehalten werden muss. Dies bedeutet für eine Deponie, die bereits seit geraumer Zeit mit kontaminiertem Material gefüllt ist und weiterhin befüllt wird, dass sowohl in der Gegenwart als auch noch Jahrhunderte nach ihrer Stilllegung ein Strahlenwert von zehn Mikrosievert für einen vor Ort lebenden oder arbeitenden Menschen im Jahr nicht überschritten werden darf.
Um dies für den ungünstigsten Fall herauszufinden, hat Küppers das Szenario einer Wohnsiedlung durchgespielt, die auf einer ehemaligen Deponie errichtet wurde. Dabei stellte er sich die Frage, welcher Strahlung ein Kind ausgeliefert wäre, wenn es sich an 300 Tagen im Jahr acht Stunden pro Tag im Freien aufhalten würde und dabei nur durch einen Meter Erde von der ehemaligen Deponie abgeschirmt wird. „Selbst für den Fall, dass ausschließlich freigegebener Abfall im Untergrund lagern würde, wurde am Beispiel des Radionuklids Kobalt-60 eine Dosis von maximal 1,4 Mikrosievert pro Jahr berechnet. Bei Cäsium-137 würde die Dosis 0,031 Mikrosievert pro Jahr betragen. Damit ist mit den von uns errechneten Strahlenwerten die direkte Nutzung der Flächen für nachfolgende Generationen sicher“, fasst Küppers die Werte zusammen.