Ein Plan mit Mängeln
Christiane Weihe
84 Millionen Tonnen CO2 statt der geplanten 60 Millionen – der erste Entwurf des Netzentwicklungsplans (NEP) Strom 2035 hält die für 2040 vorgegebene CO2-Emissionsobergrenze nicht ein. Das verdeutlicht das Öko-Institut in seiner Kommentierung des Entwurfs. Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber hatten den NEP Ende Januar veröffentlicht und darin unter anderem neue Wechselstromtrassen und Wind-Offshore-Anbindungen mit einem Planungshorizont bis 2040 festgelegt. „Aus diesem erweiterten Planungshorizont ergibt sich auch, dass nun ein NEP-Szenario ein passendes Stromnetz für höhere Klimaschutzziele entwerfen muss. Die CO2-Emissionsobergrenze wurde im NEP für 2035 bei 120 Millionen Tonnen CO2 angesetzt, bis 2040 müssen die Emissionen dann auf maximal 60 Millionen Tonnen sinken. Um das zu erreichen, muss modelliert werden, wie der Strommarkt dann aussehen kann“, sagt Franziska Flachsbarth, Senior Researcher am Öko-Institut.
Dies tue der Netzentwicklungsplan aber nicht. „So bleibt nichts anderes übrig, als die Emissionsobergrenze nicht einzuhalten und die Mehremissionen auszuweisen.“ Der NEP behilft sich damit, einen „Bedarf an CO2-neutralem Brennstoff“ auszuweisen, mit dem die Emissionsobergrenze eingehalten wäre. Ob hiermit jedoch Wasserstoff oder Biomasse gemeint ist und ob er inländisch erzeugt oder importiert wird, dazu gibt der NEP keine Auskunft. Auch Nutzungskonflikte werden durch den Verzicht auf die Modellierung nicht adressiert. „Darüber hinaus ist im NEP auch die Möglichkeit offen, durch die unterirdische Speicherung von CO2 die Mehremissionen einzusparen“, so Flachsbarth.
Die Wissenschaftlerin kritisiert zudem, dass der Netzentwicklungsplan den aktuellen deutschen Klimaschutzzielen hinterherhinke und auf zu wenig ambitionierten Klimaschutzszenarien basiere. „Wir fordern schon länger, das Stromnetz vom Ziel her zu planen, also von ambitionierten Szenarien mit 100 Prozent erneuerbaren Energien auszugehen“, sagt die Expertin aus dem Bereich Energie & Klimaschutz, „von da aus kann man rückwärts rechnen, welche Leitungen ab wann gebraucht werden – das wäre ein Schritt hin zu einem robusten Stromnetz der Zukunft.“ Flachsbarth fordert, dass diese und weitere Punkte beim nächsten NEP verbessert werden. „Seine Modellierung beruht noch viel zu sehr auf der alten Welt der Stromerzeugung und konventionellen Kraftwerken statt auf dem zielgerichteten Einsatz von Wärmepumpen und Elektromobilität.“