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Im Fokus

Genug Geld für Strom und Heizung

Umweltpolitik und bezahlbares Wohnen

Christiane Weihe

Das Licht im Wohnzimmer brennt. Die Wohnräume sind gut geheizt. Die Badewanne füllt sich mit warmem Wasser. Hierzulande eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch immer mehr Menschen machen sich Sorgen, ob sie sich auch morgen noch die Kosten für Strom und Wärme leisten können. Schon heute geben einkommensschwache Haushalte etwa zehn Prozent ihres Einkommens für Strom und Heizung aus. Schon heute müssen viele Menschen umziehen, weil sie sich ihre Wohnung nach einer Modernisierung nicht mehr leisten können. Gerade im Gebäudebereich ist ein deutliches Umsteuern unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen. Wie auf diesem Weg auch soziale Wirkungen berücksichtigt und besonders vulnerable Haushalte entlastet werden können, damit beschäftigt sich das Öko-Institut seit vielen Jahren.

„Gerade Menschen, die zur Miete wohnen, haben oft wenig Spielraum, um die Energieeffizienz zu steigern und so Kosten zu senken. Sie sind darauf angewiesen, dass die Vermieterinnen und Vermieter die Wohnungen sanieren“, sagt Dr. Katja Schumacher vom Öko-Institut, „gleichzeitig werden sie etwa durch den CO2-Preis auf Heiz- und Kraftstoffe besonders belastet.“ Im Projekt „Verteilungswirkungen und soziale Folgewirkungen klimapolitischer Maßnahmen in den Bereichen Wohnen und Mobilität“ hat sich das Öko-Institut gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausführlich mit der Frage beschäftigt, welche Möglichkeiten es gibt, klimapolitische Maßnahmen sozial verträglich zu gestalten. „Hierfür haben wir nicht nur Vorschläge für Klimaschutzmaßnahmen entwickelt, sondern auch Verteilungseffekte betrachtet sowie Zielkonflikte und Hemmnisse analysiert.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zahlreiche Instrumente betrachtet, von der Begrenzung der Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung und einem stärkeren Fokus auf benachteiligte Gebiete bei der energetischen Stadtsanierung über die flächendeckende Einführung eines Klimabonus in den Transferleistungen für Haushalte mit geringem Einkommen bis hin zu Energieberatungen vor Ort durch so genannte Stromsparchecks.

Aus Sicht von Dr. Sibylle Braungardt, Expertin im Themenfeld Wärmewende am Öko-Institut müssen unter anderem Instrumente im Mittelpunkt stehen, die Modernisierungen einfordern, aber auch fördern – „also Mindesteffizienzanforderungen für Bestandsbauten, aber auch gute Förderbedingungen, um diese zu erreichen.“ Denn die aktuellen Sanierungsraten müssten mindestens verdoppelt werden. „In Frankreich dürfen beispielsweise bei Gebäuden in den schlechtesten Effizienzklassen keine Mieterhöhungen erfolgen und ab 2023 soll ein Vermietungsverbot für diese Gebäude gelten. Für das Jahr 2028 ist dort zudem geplant, dass alle Gebäude mindestens der Effizienzklasse E entsprechen müssen.“

Konkrete Unterstützung

Unterstützt werden müssen auch die Mietenden, die von steigenden Energiepreisen besonders belastet sind. „Bislang kann zum Beispiel die CO2-Bepreisung von Heizstoffen vollständig auf sie umgelegt werden, das muss begrenzt werden. Nicht zuletzt, weil so auch keine Sanierungen angereizt werden, die schließlich von den Vermietenden initiiert werden müssen“, sagt Dr. Katja Schumacher. Im Projekt „CO2-Bepreisung und die Reform der Steuern und Umlagen auf Strom: Die Umfinanzierung der Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts untersucht, wie es möglich ist, die Einnahmen aus dem CO2-Preis sozial ausgewogen an die Bürgerinnen und Bürger zurück zu geben. „Ein CO2-Preis, der sogar deutlich höher ist als heute, muss ein zentraler Bestandteil der deutschen Klimapolitik sein, da er fossile Energien unwirtschaftlich macht und dadurch klimaschonende Technologien und klimaschonendes Verhalten fördert“, sagt die Expertin, „auf der Seite der Einnahmenverwendung fehlt jedoch bisher noch die konkrete, schnell umsetzbare und sozial gerechte Ausgestaltung.“ Die Analyse für die Stiftung Klimaneutralität schlägt unter anderem vor, den CO2-Preis bis 2023 auf 60 Euro und bis 2025 auf mindestens 80 zu erhöhen. „Gleichzeitig sollten Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, indem die Erneuerbare-Energien-Umlage bis 2025 abgeschafft und vorher schrittweise gesenkt wird. Mit steigenden Einnahmen sind weitere Entlastungen, etwa durch eine Reduzierung der Stromsteuer oder auch durch ein Klimabürgergeld, möglich.“ Die Untersuchung zeigt, dass diese Umfinanzierung möglich ist. „Zudem entstehen so Anreize, Gebäude und Verkehr zu elektrifizieren, und Schlüsseltechnologien wie Wärmepumpen und Elektroautos werden unterstützt“, sagt Schumacher. Auch mit Blick auf die Verteilungseffekte einer solchen Reform überzeugt das Konzept: Die einkommensschwächeren Haushalte werden relativ am stärksten entlastet. „Das ist wichtig, denn schon heute sind die Kosten für umweltpolitische Maßnahmen ungerecht verteilt und finanziell stark belastete Haushalte haben sicher nicht den größten Anteil an den Treibhausgasemissionen.“

Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Analyse identifiziert zudem weitere Instrumente, um Umweltpolitik sozial zu gestalten. „Wichtig ist auch eine Klimakomponente im Wohngeld, die mögliche höhere Mietkosten nach einer Sanierung abdeckt. Und die Inanspruchnahme von Wohngeld muss attraktiver gestaltet werden, denn derzeit beantragt es nur etwa die Hälfte jener, die darauf Anspruch hätten“, sagt Schumacher, „Regelungen für Härtefälle sind zudem ebenfalls wichtig.“ Auch die Möglichkeit, Modernisierungskosten auf die Mietenden umzulegen – derzeit liegt sie bei acht Prozent – könnte reduziert werden. „Sinnvoll könnte es außerdem sein, einen Klimabonus für Transferleistungsempfangende, wie es derzeit in Berlin und einigen anderen Städten schon etabliert ist, flächendeckend einzuführen, um Mietsteigerungen durch energetische Sanierung abzufangen.“ Besonders wichtig seien auch umfangreichere Informations- und Beratungsprogramme – für Mietende und Vermietende gleichermaßen. „Und natürlich muss die Wirksamkeit der Instrumente nach einer gewissen Zeit detailliert überprüft werden.“

Soziale Maßnahmen zum bezahlbaren Wohnen müssen immer auch mit Anreizen für ambitionierte Energieeffizienzsanierung verbunden sein, so Schumacher. „Das Wohnen hat an den Konsumausgaben privater Haushalte den höchsten Anteil und die damit verbundenen Kosten sind ein wesentlicher Hebel zur Entlastung von Menschen mit geringem Einkommen“, sagt sie, „gleichzeitig sollte man soziale Aspekte nie isoliert betrachten, sondern weitere Bereiche wie etwa Mobilität, Kleidung und Ernährung mit betrachten.“ Denn Ziel sollte es sein, dass Haushalte am Klimaschutz teilhaben können, sich aber in Zukunft so wenig wie möglich Sorgen darüber machen müssen, dass sie genug Geld für das Licht im Wohnzimmer und die Heizung in der Küche, aber eben auch für das U-Bahn-Ticket und eine gesunde Mahlzeit haben.

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Dr. Katja Schumacher ist stellvertretende Leiterin des Bereichs Energie & Klimaschutz (Berlin). Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen unter anderem auf den Verteilungseffekten von sowie Strategien und Instrumenten der Energie- und Klimapolitik. Dr. Sibylle Braungardt widmet sich im Bereich Energie & Klimaschutz unter anderem Politikinstrumenten zu erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz im Wärmebereich.