Neue Strukturen
Die Batterie boomt. Auch in Afrika steigt ihre Nutzung deutlich und wir rechnen bis 2030 mindestens mit einer Versiebenfachung der Nachfrage. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Batterien werden dort eingesetzt, wo es keine Stromnetze gibt und Versorgungslücken dezentral geschlossen werden. Wo einzelne Dörfer über eigene Netzwerke versorgt sind oder die Menschen den Strom, den sie über Solaranlagen gewinnen, zu Hause speichern.
Es ist ein guter Trend, dass erneuerbare Energien global mehr und mehr an Boden gewinnen. Zwangsläufig werden damit mehr Batterien benötigt und eingesetzt und zwangsläufig fallen dadurch auch immer mehr Altbatterien an, für die es in afrikanischen Staaten zumeist keine nachhaltigen Recyclingwege gibt und die in der Regel unter hoch problematischen Bedingungen entsorgt werden. Das heißt für mich nicht, dass eine Rückkehr zu Dieselgeneratoren oder anderen klimaschädlichen Formen der Energiebereitstellung angeraten ist. Sondern, dass es Wege braucht, um ausgediente Batterien sachgerecht zu recyceln.
Auf der Suche nach Lösungen wird es aber kompliziert, denn die verschiedenen Batterietypen haben grundsätzlich unterschiedliche Eigenschaften: Während die Blei-Säure-Batterien einen hohen Materialwert haben und deshalb von vielen, aber zumeist schlechten Verwertungsanlagen vor Ort gekauft und recycelt werden, sind die modernen Lithium-Ionen-Batterien vor allem ein Problem, dessen Lösung Kosten verursacht. Dadurch bleiben diese Batterien oft zurück und verursachen Verschmutzungen und Brandrisiken in Müllbergen und Deponien. Entsprechend muss sich die Suche nach Lösungen an die Realitäten anpassen. Während für Blei-Säure-Batterien eine konsequente Durchsetzung von klaren Regeln für das Recycling nötig ist, müssen für Lithium-Ionen-Batterien erst einmal effektive Sammel- und Rücknahmesysteme geschaffen werden.
Beim ersten Punkt arbeiten wir derzeit im Rahmen des Sustainable Recycling Industries Projekt (SRI) eng mit der ghanaischen Umweltbehörde sowie der globalen Batterie- und Recyclingindustrie zusammen und erstellen so genannte Standard Operating Procedures, die grundlegende Anforderungen an den Recyclingprozess verständlich darstellen. Im Auftrag des World Economic Forum widmen wir uns außerdem der Frage, wie sich in afrikanischen Staaten der Zugang zu Energie verbessern und gleichzeitig ein Recycling oder eine Verwertung der dafür benötigten Batterien gewährleisten lassen. Dabei zeigt sich unter anderem, dass Recyclings- und Entsorgungsstandards nicht nur von den Behörden und Regierungen eingefordert werden müssen: Auch Unternehmen und Banken, die die Elektrifizierung in Afrika vorantreiben, müssen die Entsorgung der Batterien an solche Anforderungen knüpfen.
Beim Aufbau von Rücknahme- und Sammelsystemen für Lithium-Ionen-Batterien macht Ghana gerade eine großen Schritt nach vorne: Dort gibt es seit einigen Monaten ein anreizbasiertes System, wo Schrottsammler und -sammlerinnen Batterien an einer Sammelstelle abgeben können und dafür per Handyzahlung eine monetäre Kompensation erhalten. Zwar befindet sich das Modell noch in einer Testphase, es kann und sollte aber langfristig von den Firmen finanziert werden, die Batterien dort auf den Markt bringen. Denn schließlich verdienen diese Firmen am schnell wachsenden Markt für Speicherlösungen, so dass man durchaus erwarten kann, dass sie einen Teil ihrer Gewinne in die Lösung des Abfallproblems investieren. Dieses Konzept ist landläufig unter dem Begriff der erweiterten Produzentenverantwortung bekannt und wird gerade in einigen afrikanischen Ländern in Gesetzesform gegossen.
Insofern gibt es gute Gründe, bei diesem Thema optimistisch zu sein: Die Probleme rund um Batterieentsorgung sind zwar beträchtlich, aber doch lösbar. Und viele lokale Akteurinnen und Akteure unternehmen bereits wichtige Schritte in die richtige Richtung. Aber die Nachfrage nach Batterien boomt natürlich nicht nur in Afrika. Auch hierzulande steigt das Aufkommen insbesondere von Lithium-Ionen-Batterien, wie sie etwa in der Elektromobilität eingesetzt werden. Immer wieder werden Gedanken laut, diese zur Weiterverwendung in afrikanische Länder zu exportieren, anstatt sie hierzulande aufwändig zu recyclen. Von unseren Partnerinnen und Partnern in Afrika hören wir allerdings immer wieder, dass die Zeiten, in den Afrika als Absatzmarkt für zweitrangige Produkte diente, endgültig vorbei sein sollten.
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Wie können Sozial- und Umweltstandards in globalisierten Produktionsketten gewährleistet werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Andreas Manhart seit 2005 am Öko-Institut. Er widmet sich dabei im Bereich Produkte & Stoffströme auch der Frage, welche sozialen und ökologischen Auswirkungen Elektro- und Elektronikschrott (E-Waste) in afrikanischen Ländern hat und wie die Sammlung und Aufbereitung von E-Waste verbessert werden kann.