„Der Aktionsplan der Europäischen Kommission verfolgt eine vielversprechende Strategie“
Christiane Weihe
Die EU hat vielfältige Schritte unternommen, um den Plastikverbrauch in Europa zu begrenzen und die Recyclingquoten zu erhöhen. Piotr Barczak, Senior Policy Officer for Waste beim European Environmental Bureau (EEB), einem Netzwerk europäischer Umweltorganisationen, ist ein Experte für die Reduzierung des Plastikkonsums. Im Interview spricht er über die Chancen der Einweg-Plastik-Richtlinie der EU, die unter anderem Mindestquoten für den Einsatz von recyceltem Kunststoff sowie das Verbot bestimmter Kunststoffprodukte vorsieht. Auch den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, den die Europäische Kommission im März 2020 vorgestellt hat, bewertet Barczak. Dieser sieht vor, dass Müll vermieden und möglichst viel recycelt wird.
Piotr Barczak, wo stehen wir in Europa mit Blick auf Plastikrecycling?
Bei den Plastikverpackungen haben wir in Europa derzeit eine Quote von 42 Prozent, die Recyclingrate wächst langsam. Besorgniserregend ist jedoch, dass die Produktion von neuem Plastik wächst und ebenso die Verbrennung von Plastik zur Energiegewinnung.
Wie beurteilen Sie die Einweg-Plastik-Richtlinie der EU?
Wir sind sehr glücklich über diese Richtlinie, weil sie unter anderem ein schnelles Prozedere vorsieht, eine breite Unterstützung hat, die Industrie in die Verantwortung nimmt und Anforderungen an das Produktdesign stellt. Das chinesische Einfuhrverbot für Plastikmüll hat dies natürlich beschleunigt. Gleichzeitig sollte die Richtlinie aus unserer Sicht auf weitere Produkte aus Einweg-Plastik erweitert werden, so zum Beispiel Luftballons oder auch Hygieneprodukte.
Braucht es nicht auch strengere Vorschriften für Plastiktüten?
Ja. Viele Länder haben nach wie vor Schwierigkeiten damit, die entsprechende Richtlinie von 2016 korrekt umzusetzen. Auf der Produktebene kommt es vor allem auf die Art der Nutzung an. Eine Plastiktüte muss nicht schlecht sein, wenn ich sie mehrfach benutze. Eine Papiertüte oder ein Baumwollbeutel sind auf der anderen Seite auch nicht nachhaltig, wenn ich sie nur einmal verwende.
Wie schätzen Sie den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft ein?
Es ist der ambitionierteste Plan, den die Europäische Kommission jemals veröffentlicht hat, deswegen begrüßen wir ihn natürlich. Dahinter stehen vielversprechende Maßnahmen, die verschiedene relevante Punkte adressieren. So etwa die Reyclingfähigkeit, das Ökodesign und die Abfallvermeidung. Zudem unterstreicht er die Bedeutung der Abfallreduzierung in Sektoren, die Textilien und Elektrogeräte herstellen, das war bislang nicht der Fall, und bezieht etwa die Autobranche sowie Informations- und Kommunikationstechnologien mit ein.
Wie kann mehr Recycling ermöglicht werden?
Wir halten eine Mindestquote von rezykliertem Material von 25 Prozent bis 2025 für zielführend – aber nicht nur für Verpackungen, sondern auch für andere Produkte aus Plastik. Ziel ist es, eine Marktnachfrage zu schaffen. Eine solche Quote wäre auch ein guter Anreiz, um Plastikmüll nicht länger in so hohem Umfang zu verbrennen. Hilfreich wäre auch, die getrennte Sammlung verschiedener Arten von Haushaltsabfällen zu fördern.
Welche Punkte fehlen im Aktionsplan der Europäischen Kommission?
Wir brauchen ein übergeordnetes politisches Ziel für die Reduzierung der Ressourcennutzung, um so den Plastikverbrauch von dieser zu entkoppeln. Zudem muss aus unserer Sicht der Marktwert von Plastik künstlich erhöht werden, etwa über eine Steuer, um seine Wiederverwendung zu erhöhen. Hier müsste allerdings sichergestellt sein, dass dieses Geld zurück ins Abfallmanagement fließt.
Welche Anforderungen an die Wirtschaft halten Sie darüber hinaus für sinnvoll?
Es braucht bei den herstellenden Unternehmen volle Transparenz bei der Frage, welche Materialien sie benutzen. Nur so kann die komplette Lieferkette nachhaltiger werden. Das hilft nicht nur Verbraucherinnen und Verbrauchern, sondern vor allem auch den Recyclingunternehmen, die dann genau wissen, welche Art von Plastik sie vor sich haben und ob dieses vielleicht auch giftige Stoffe enthält. Das gilt natürlich nicht nur für Europa, sondern auch für Unternehmen, die in die EU importieren. Hier braucht es eine bessere und größere Marktüberwachung. Transparenz wird letztendlich dem Umweltschutz zu Gute kommen indem sie Nachhaltigkeit zu einem Hauptkriterium für Geschäftstätigkeiten macht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Christiane Weihe.
Im Interview mit eco@work: Piotr Barczak, Senior Policy Officer for Waste beim European Environmental Bureau (EEB)