Fast alles im Sack
Christiane Weihe
Eigentlich sollte es nur ein Abendessen unter Freundinnen werden. Doch als das Essen auf dem Tisch stand, lag daneben fast genauso viel Verpackungsmüll. Am Tisch saß Milena Glimbowski, die an diesem Abend beschloss, das verpackungsfreie Einkaufen möglich zu machen, und Original Unverpackt gründete. Eine überaus erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne und viel logistische Arbeit später eröffnete der Unverpackt-Laden 2014 in Berlin-Kreuzberg, im Oktober 2019 kam eine zweite Filiale dazu. „Bei der Einrichtung gab es natürlich viel zu bedenken. Von Hygienevorschriften über ein sinnvolles System der Warenanordnung bis hin zum Platz, den die Kundinnen und Kunden für ihre Behälter brauchen“, sagt Ria Schäfli, Marketing Managerin bei Original Unverpackt, „im ersten Laden gibt es gut 600, im neuen ungefähr 1.000 Produkte ohne Einwegverpackungen – und vielfältige Zuliefererbetriebe.“ Geliefert werden diese Produkte in sehr unterschiedlichen Verpackungen: Trockenprodukte wie Linsen, Nudeln oder Reis kommen in 5- bis 25-Kilo-Säcken, die größtenteils aus Papier sind und recycelt werden können. Öl und Essig werden in wiederverwendbaren Gefäßen geliefert, Non-Food-Produkte in Kartons, die für den Onlineshop wiederverwendet werden. Eine kreative Lösung hat das Team von Original Unverpackt für die Kanister gefunden, in denen Wasch- und Spülmittel in den Laden kommen. „Daraus werden Flöße gebaut“, so Ria Schäfli.
Das Team von Original Unverpackt spürt einen Wandel in Richtung weniger Verpackung. „Immer mehr Hersteller bieten ihre Waren unverpackt an, das bringt deutlich mehr Auswahl“, erklärt die Marketing Managerin, „zum Teil konnten wir dazu auch beitragen: Zahnpasta-Tabletten gab es zum Beispiel 2014 nur einzeln verpackt und in Tüten, wir haben nachgefragt und bekommen heute unverpackte Großmengen in Säcken.“ Aus dem Sortiment genommen hat der Laden hingegen frisches Obst und Gemüse: „Es gibt mittlerweile genug Orte, wo man das ohne Verpackung kaufen kann.“ Und manche Produkte sind eine bislang unlösbare Aufgabe. „Chips sind so ein Beispiel“, sagt Ria Schäfli, „die krümeln extrem schnell und müssen sehr dicht verschlossen werden, damit sie nicht weich werden.“ Ein besonderes Augenmerk legen die Beschäftigten bei Original Unverpackt auf die Kundenkommunikation. „Es gibt natürlich immer noch viele Menschen, die das Konzept nicht kennen, da muss man viel erklären“, so Schäfli, „eine Hürde ist für viele außerdem das Mitnehmen der Behälter. Wir empfehlen daher, immer einen oder mehrere Baumwollbeutel dabei zu haben, in die kann man auch spontan Reis, Müsli oder Nudeln füllen.“
Wenn sich die Macherinnen von Original Unverpackt heute zum Abendessen treffen, landet neben dem Tisch heute natürlich kein Verpackungsmüll mehr. Sondern höchstens ein Mehrwegbehälter, der am nächsten Tag im Unverpackt-Laden wieder aufgefüllt werden kann.