Jetzt ein Gesetz
Ein wichtiges Projekt wurde in diesem Sommer abgeschlossen: Mit der 34. Sitzung und der Vorstellung des Abschlussberichtes am 5. Juli 2016 endete die Arbeit der Endlagerkommission, die etwa zwei Jahre zuvor begonnen hatte. Bundestagsabgeordnete und Ländervertreter, Wissenschaftler und Repräsentanten von Umweltverbänden, Gewerkschaften, Wirtschaft und Kirchen haben nun die Grundlagen für die Auswahl eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle in Deutschland gelegt.
Als Mitglied dieser Kommission muss ich zugeben: Es war nicht immer einfach. Wir haben viel diskutiert und um Einigungen gerungen, manchmal wurde intensiv gestritten. Aber, und das ist der weit wichtigere Punkt: Im Laufe der Arbeit ist ein wechselseitiges Verständnis entstanden, die zum Teil sehr unterschiedlichen Mitglieder haben sich gegenseitig zugehört. Wir haben einen tragfähigen Kompromiss gefunden und einen Abschlussbericht vorgelegt, der mit nur einer Gegenstimme verabschiedet wurde. Bundestag und Bundesrat sind nun gefragt. Die Novellierung des Standortauswahlgesetzes (StandAG) möglichst noch in diesem Jahr ist der zentrale nächste Schritt. Dann kann endlich die Endlagersuche beginnen.
Die Kommission hat die Grundlagen für diesen Prozess gelegt, so etwa mit der Ausarbeitung eines neuen Modells für die Organisation der Endlagersuche. Wir empfehlen eine Lösung, in der es neben einer Genehmigungs-, Aufsichts- und Regulierungsbehörde, dem Bundesamt für kerntechnische Entsorgung (BfE), einen privatwirtschaftlich organisierten Endlagerbetreiber gibt, der in Besitz der öffentlichen Hand ist. Diese Bundes-Gesellschaft für kerntechnische Entsorgung (BGE) soll verantwortlich sein für die Suche nach einem Standort, aber auch für Errichtung, Betrieb und Stilllegung von deutschen Endlagern für atomare Abfälle. Sie soll unternehmerisch freie Hand haben, aber nur im Rahmen der Genehmigungen und der Aufsicht durch das BfE.
Drei Gesteinsarten kommen für das Endlager grundsätzlich in Frage: Kristallin (zum Beispiel Granit), Salz und Tonstein. Für die Standortsuche hat die Endlagerkommission klare Kriterien formuliert, wie mögliche Standorte beurteilt werden sollen, was bei der Auswahl zu berücksichtigen ist und welche Punkte dabei vorrangig sind. So liegt zum Beispiel ein klarer Fokus auf der Gewährleistung der Sicherheit. Viele Kriterien befassen sich daher mit der Frage, welche geowissenschaftlichen Voraussetzungen nötig sind, damit das Endlager dicht und stabil bleibt – so etwa mit Blick auf die Gebirgsdurchlässigkeit. Auch der Ausschluss von Gebieten mit seismischer oder vulkanischer Aktivität gehört in diesen Kriterienkatalog.
Ein besonderer Fokus unserer Arbeit lag außerdem auf der Frage, wie die Öffentlichkeit am Prozess der Endlagersuche beteiligt wird. Es wird keine Geheimverfahren mehr geben: Im Abschlussbericht ist ein umfassendes Verfahren beschrieben, wie die Öffentlichkeit partizipieren kann, zu welchen Zeitpunkten welche Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen. Es wird Diskussionen geben und Konflikte, das ist uns allen klar. Doch ich bin der Überzeugung, dass wir einen Weg gefunden haben, mit ihnen umzugehen, die Öffentlichkeit bestmöglich in die Endlagersuche einzubeziehen und ihre Anliegen zu berücksichtigen.
Übrigens hatte die Arbeit der Kommission einen wertvollen Nebeneffekt: Eine erhebliche Erweiterung des Wissensstandes der Mitglieder zu fachlichen Details der Endlagersicherheit ebenso wie zur Methodik der Öffentlichkeitsbeteiligung. Als Wissenschaftler ist mir die Erhebung, Vertiefung und Verbreitung von Wissen stets ein besonderes Anliegen. Dass auch das im Rahmen der Endlagerkommission gelungen ist, freut mich sehr – nicht nur mit Blick auf den weiteren Prozess der Endlagersuche.