Jetzt endlich Wärmewende?
Verfehlte Klimaziele, niedrige Sanierungsraten, viel zu viel fossile Energien: Im Gebäudebereich geht es nach wie vor nicht schnell genug voran. Dabei müssen schon heute Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden – schließlich bleibt eine neue Heizung in der Regel etwa zwei Jahrzehnte im Keller. Mehr Tempo bei der Wärmewende soll die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bringen, die der Bundestag im September 2023 beschlossen hat. Davor stand ein intensives Ringen um die Regelungen und dadurch auch viel Verunsicherung in der Bevölkerung. Dabei ist es wesentlich, dass die Bürger*innen auf diesem Weg mitgenommen werden, dass sie wissen, was zu tun ist.
Das GEG sieht nun vor, dass neue Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen – also etwa durch Wärmepumpen, Solarthermie, Holz oder auch Fernwärme. Ursprünglich war dies ab dem 1. Januar 2024 vorgesehen, mit der Verzahnung des Gesetzes mit der Wärmeplanung wurde das Startdatum allerdings für die allermeisten Gebäude verschoben: Für viele Neubauten gilt die Regelung ab 2024, für Bestandsgebäude in Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohner*innen ab Juli 2026 und für größere Kommunen ab Juli 2028. Flankiert wird dies durch ein neues Förderprogramm, bei dem es einen Geschwindigkeitsbonus geben soll, wenn man früher wechselt: Bis einschließlich 2028 gibt es einen Bonus von 20 Prozent, dieser schmilzt in den Folgejahren kontinuierlich ab. Das GEG enthält außerdem Vorschriften für Energieberatungen, die ich allen Eigentümer*innen so oder so wärmstens ans Herz lege.
Bei der Frage, wie die eigenen vier Wände in Zukunft beheizt werden sollen, spielen natürlich nicht nur ökologische Aspekte eine Rolle. Die Eigentümer*innen und Mieter*innen müssen sich die Wärmewende auch leisten können. Wo diese steht und wie sie sozial gerecht gelingen kann, damit haben wir uns vor Kurzem im Projekt „Großbaustelle Gebäudesektor – Lokal und sozial die Wärmewende entfachen“ für den WWF Deutschland beschäftigt. Dabei zeigt sich: Mit den aktuellen Instrumenten – ohne Berücksichtigung der GEG-Novelle – sind die Klimaziele des Gebäudesektors bis 2030 nicht zu erreichen. Mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 macht sich eine riesige Lücke von 498 Megatonnen CO2-Äquivalenten auf. Diese Lücke kann mit zusätzlichen Instrumenten geschlossen werden, die unter anderem in der GEG-Novelle enthalten sind. Hier spielt insbesondere die oben genannte 65-Prozent-Regel eine wichtige Rolle, zusätzlich braucht es unter anderem aber auch Mindesteffizienzstandards für Bestandsgebäude.
In der Analyse betrachten wir zudem regionale Unterschiede bei der Sozialverträglichkeit der Wärmewende. Denn wie sie sich auswirkt, hängt von vielen Faktoren ab – etwa dem Potenzial für erneuerbare Energien, der Sozialstruktur der Eigentümer*innen, dem Gebäudebestand oder auch der Nachfrage nach Wohnraum. Eine sinnvolle Maßnahme für den vermieteten Bestand ist etwa die neue Modernisierungsumlage, die gemeinsam mit der Novelle des GEG geregelt wird: Eigentümer*innen sollen in Zukunft zehn Prozent der Kosten eines Heizungsaustauschs auf die Miete umlegen (statt wie bislang acht Prozent), allerdings nur, wenn die neue Heizanlage GEG-konform ist und wenn Förderung in Anspruch genommen wird. Zudem ist eine neue Kappungsgrenze von 50 Cent pro Quadratmeter vorgesehen. Wichtig sind aus unserer Sicht zudem höhere Sätze bei Förderungen für Haushalte mit geringem Einkommen wie sie ebenfalls in der mit der GEG-Novelle angekündigten Umgestaltung der Förderung vorgesehen sind: Wer wenig hat, bekommt einen Bonus.
Ehrlich gesagt: Das neue GEG löst bei mir gemischte Gefühle aus. Es hat gute Bausteine. Aber gleichzeitig wird der Klimaschutz vertagt, schon wieder. Umso wichtiger ist es nun, dass Hausbesitzer*innen sich jetzt wirklich damit beschäftigen, wie ihr Heizungssystem aussehen soll. Fossile Energien, das sollte klar sein, haben keine Zukunft. Wer über sie nachdenkt, sollte noch mal einen Blick auf die Preissteigerungen im vergangenen Jahr und die Entwicklung des CO2-Preises werfen. Und sich für echte Zukunftsenergien entscheiden.
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Dr. Sibylle Braungardt ist Physikerin und Umweltwissenschaftlerin, sie promovierte am Institut für Photonik in Barcelona. Am Öko-Institut, für das sie seit 2017 als Senior Researcher tätig ist, entwickelt und evaluiert sie unter anderem politische Maßnahmen im Gebäudesektor, sie erstellt und bewertet zudem Szenarien zur Transformation des Energiesystems.