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Im Fokus

Der Second Hand-Schaum

Ein Verfahren zum Matratzenrecycling

Christiane Weihe

Worauf wir jede Nacht liegen, liegt irgendwann auf einem ungenutzten Müllberg: Jedes Jahr mustern die Deutschen über acht Millionen Matratzen aus. Über 95 Prozent davon werden geschreddert und zur Energiegewinnung verbrannt, nur ein sehr kleiner Teil wird wiederverwertet – so Eisenschrott aus Sprungfedern für Sekundärstahl oder zerkleinerter Matratzenschaum zur Dämmung. Dabei gibt es Verfahren, mit denen sich Matratzen recyceln lassen – mechanische und chemische. Letzteren widmet sich H&S Anlagentechnik mit Sitz im niedersächsischen Sulingen. „Wir haben vor mehr als 15 Jahren angefangen, uns mit diesem Thema zu beschäftigen. Damals wusste ein Hersteller nicht, was er mit seinen Produktionsabfällen machen soll – und wir haben angefangen zu forschen“, erzählt Mila Skokova, stellvertretende Geschäftsführerin Vertrieb. H&S entwickelte ein chemisches Verfahren, das geschredderte Weichschäume zu recyceltem Polyol umwandelt – einem der wichtigsten Ausgangsstoffe für Polyur-ethan, aus dem viele Matratzen hergestellt werden. „Man kann mit diesem Produkt allerdings nicht 100 Prozent des Original-

Polyols ersetzen. Bei Matratzen können derzeit 30 bis 40 Prozent davon eingesetzt werden. Ein höherer Anteil würde zum Beispiel dazu führen, dass diese zu schnell ihre Elastizität verlieren. Wir arbeiten aber daran, diese Menge zu erhöhen.“

In Deutschland gibt es bislang keine Verpflichtung, Matratzen getrennt zu sammeln, und auch keine erweiterte Herstellerverantwortung (Extented Producer Responsibility, EPR) wie etwa in Belgien. Dort besteht ein solches System seit 2021, es schreibt unter anderem vor, dass bis 2030 insgesamt 80 Prozent der auf den Markt gebrachten Matratzen eingesammelt und 75 Prozent wiederverwendet oder recycelt werden müssen. „Wir verkaufen unsere Anlagen vor allem in Länder, in denen es die erweiterte Herstellerverantwortung gibt – so auch nach Frankreich oder in die Niederlande. Denn diese Regeln sorgen dafür, dass ausreichende Mengen ausgedienter Matratzen zustande kommen und sich das Recycling im großen Stil lohnt. Hierzulande ist es immer noch vor allem eine Technik für jene, die Produktionsabfälle wiederverwenden wollen.“

Einfacher ist das Recycling von Matratzen übrigens, wenn sie vorher nicht auf einem Müllberg lagen. „Sie sollten möglichst trocken und sauber sein – normale organische Verschmutzungen sind aber kein Problem“, sagt Skokova, die bei H&S auch die Forschung und Entwicklung koordiniert. Und auch Ökodesignanforderungen können helfen, sagt sie. „Je weniger Schichten eine Matratze hat, desto einfacher ist sie zu recyceln. Und nach meiner Erfahrung schläft man auf einer Ma-tratze mit drei Schichten genauso gut wie auf einer mit acht.“