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Im Fokus

„Die Aufenthaltsqualität muss noch besser werden“

Im Interview: Dr. Konrad Götz (ISOE)

Christiane Weihe

Wenn man will, dass Menschen sich nachhaltig fortbewegen, muss man ihnen auch etwas bieten, sagt Dr. Konrad Götz. Bequemes Carsharing, attraktive und angenehme Bahnhöfe, aber auch Trinkbrunnen und Sitzgelegenheiten in den Innenstädten. Der Mobilitätsexperte vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt/Main erzählt im Interview mit eco@work, wie die Mobilität in den Städten und auf dem Land nachhaltiger werden kann und was es mit der so genannten Aufenthaltsqualität auf sich hat.

Dr. Götz, wie verliebt sind die Deutschen noch in ihre Autos?
Es zeigt sich, dass immer mehr Menschen in urbanen, verdichteten Räumen nicht mehr unbedingt ein eigenes Auto wollen – in Städten wie Berlin steigt die Zahl der Haushalte, die kein Auto haben. Hier gibt es eine gute Infrastruktur für die bequeme Fortbewegung. Außerdem nimmt die hohe Emotionalität ab: Das Auto ist nicht mehr in gleichem Maße ein Statussymbol wie früher.

In ländlichen Räumen verzichten viele Menschen sicher nur ungern auf ihr Auto.
Die nachhaltige Mobilität auf dem Land ist ein wichtiges und derzeit sehr heiß diskutiertes Thema sowie eine große Herausforderung. Viele Regionen entvölkern sich – etwa in Brandenburg – und die Finanzierung des ÖPNV wird problematisch. Gleichzeitig wäre zum Beispiel beim Carsharing die Fahrzeugdichte im ländlichen Raum zu gering. Das ist für kommerzielle Anbieter hier zudem nicht profitabel umsetzbar.

Welche Ansätze gibt es hier?
Leider gibt es bislang nur überwiegend aus der Not geborene Lösungen. So werden etwa sporadische Rufbusse und kleinere Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr eingesetzt. Zum Teil werden auf dem Land zudem schon gemeinnützige Bürgerbusse betrieben. Irgendwann kann hier aber vielleicht auch Carsharing eingesetzt werden: mit dem selbstfahrenden Auto. Dieses könnte den Nutzer dann quasi einfach abholen.

Wie sieht es in der Stadt aus – wie kann man in urbanen Räumen noch mehr nachhaltige Mobilität erreichen?
Die Mobilitätskultur muss aus Sicht des Nutzers multioptional und hinsichtlich der Technik intermodal verknüpft sein. Das läuft noch nicht überall so optimal – zum Beispiel, was die Anschlussmobilität betrifft. In Frankfurt etwa, wo Zigtausende zu den Messen kommen, gibt es null Orientierung für Fußgänger, wenn sie am Bahnhof ankommen. Es braucht außerdem eine Verbindung von Fahrrädern und Carsharing. So etwa gesicherte und geschützte Fahrradstellplätze an Sharingstationen oder Mitnahmemöglichkeiten an den Fahrzeugen. Und nicht zu vergessen: Wir brauchen eine bessere Gestaltung nachhaltiger Verkehrsmittel. Denn natürlich hat jede Gestaltung einen direkten Einfluss auf die Nutzung – egal, ob es sich um einen Computer, die Bushaltestelle oder den Fahrradparkplatz handelt. Die Aufenthaltsqualität muss noch besser werden, in Bahnhöfen ebenso wie in den Innenstädten.

Was verstehen Sie unter Aufenthaltsqualität?
Wir müssen Räume so gestalten, dass die Menschen sie bequem nutzen können und sie gleichzeitig attraktiv sind. Die Stadtbewohner gehen sehr viel lieber spazieren, wenn wir ihnen Trinkbrunnen, ausreichend Toiletten und bequeme Bänke für eine kurze Pause zur Verfügung stellen. Sie fahren sicher häufiger mit dem Fahrrad durch die Stadt, wenn es gute Wege gibt oder sie das sogar an einem schönen Flussufer tun können. Sie nutzen die U-Bahn eher, wenn die Züge und Stationen attraktiv und angenehm zu nutzen sind.

Damit wird dem Nutzer einiges geboten. Wird auch etwas von ihm gefordert?
Ja, natürlich. Der Autofahrer muss sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen gewöhnen. Wir brauchen eine Verstetigung des Verkehrs – in den Städten, aber auch auf der Autobahn. Wir müssen mit Blick auf die Fahrradfahrer zudem dafür sorgen, dass diese eine gute Kompetenz auf dem Rad haben und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden. Meiner Ansicht nach braucht es eine richtige Fahrradsozialisation. Und ohne Zweifel auch Kontrollen und Strafen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Im Interview mit eco@work:
Dr. Konrad Götz vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung.

Das Interview führte Christiane Weihe.