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Perspektive

Klare Leitplanken

Aus der Arbeit der Kohlekommission

Die Stromerzeugung aus Kohle ist ein Auslaufmodell. Sie muss es sein, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Und endlich hat sie auch ein Enddatum: Zwischen 2035 und 2038 soll das letzte deutsche Kohlekraftwerk abgeschaltet werden. Das hat die so genannte Kohlekommission empfohlen, an der auch das Öko-Institut beteiligt war.

Das Enddatum selbst ist aus meiner Sicht aber gar nicht das Wichtigste an dem Kompromiss, den die Mitglieder aus Politik, Industrie, Wirtschaft, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Tagebaubetroffenen und Wissenschaft Anfang des Jahres erreicht haben. Natürlich hätte auch ich mir ein früheres Enddatum gewünscht und eine schnellere Stilllegung von Kohlekraftwerken, das will ich gar nicht verbergen. Aber es ist eben ein Kompromiss. Und der hat auch gute Seiten. So gibt es nun für den Umbau des Energiesystems endlich klare Leitplanken: Die Braun- und Steinkohle-Kraftwerkskapazitäten sollen bis 2022 auf jeweils 15 Gigawatt (GW) reduziert werden, bis 2030 sollen sie noch bei 9 GW (Braunkohle) beziehungsweise 8 GW (Steinkohle) liegen. Für die Zeit dazwischen empfiehlt die Kohlekommission eine möglichst stetige Verringerung, eine eher offene Formulierung. Über die konkreten Stilllegungen muss jetzt mit den Kraftwerksbetreibern verhandelt werden. Die Grafik rechts zeigt, welchen Weg die Stilllegungen in den kommenden Jahren nehmen werden. In der Folge werden viele Braunkohletagebaue verkleinert werden müssen. Neben der Stilllegung von Kohlekraftwerken hat die Kohlekommission auch empfohlen, dass der Hambacher Wald erhalten bleiben soll. Dies bedeutet, dass der Tagebau Hambach verkleinert wird. Dies ist sehr wichtig für den Klimaschutz, da er der Tagebau mit den absolut höchsten Braunkohlevorräten ist. Nur wenn die Kohle im Boden bleibt, wird Klimaschutz umgesetzt.

Die Kohlekommission hat sich natürlich auch mit der Frage beschäftigt, was der Kohleausstieg für die Menschen bedeutet – mit Blick auf die Strompreise ebenso wie auf jene Gebiete, in denen die Kohleverstromung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Daher beschreibt der Abschlussbericht der Kommission auch Perspektiven für den notwendigen Strukturwandel in diesen Regionen. Hinsichtlich der Strompreise hat das Öko-Institut in einer aktuellen Studie gezeigt, dass sich ein schrittweiser Ausstieg in überschaubarem Maß auswirkt: Im Mittel könnten die Preise um rund 0,4 Cent pro Kilowattstunde steigen. Gleichzeitig sinken die Großhandelspreise jedoch mindestens in gleicher Höhe durch den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Die Energiewirtschaft ist nun der erste Sektor, in dem es einen konkreten Fahrplan für eine fast vollständige Reduzierung der Treibhausgasemissionen gibt. Die Arbeit in der Kohlekommission hat auch gezeigt: In den langen Sitzungen, in denen unsere Analysen und Berechnungen eine wertvolle Grundlage der Diskussionen und Kompromissfindung waren, konnte die Arbeit des Öko-Instituts in hohem Maße zu einer Transformation in Richtung Nachhaltigkeit beitragen. Dies hat mir ein weiteres Mal verdeutlicht, dass unsere Arbeit den Weg in eine nachhaltigere Zukunft wesentlich unterstützt. Übrigens auch für einen klaren Pfad zum Klimaschutz in anderen Sektoren wie dem Verkehr, der Landwirtschaft oder dem Gebäudebereich.

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Hauke Hermann widmet sich im Bereich Energie & Klimaschutz des Öko-Instituts unter anderem marktbasierten Instrumenten der Klimapolitik wie etwa dem Emissionshandel oder auch Projektionen für den Kraftwerkspark und erneuerbaren Energien. Der Senior Researcher war als so genannter Sherpa in die Kohlekommission eingebunden. In dieser Funktion war er unter anderem verantwortlich für Verhandlungen mit anderen Sherpas auf Arbeitsebene zu Textentwürfen für den Kommissionsbericht.