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Im Fokus

Klimaschutz unterm Asphalt

Kohlenstoff im Berliner Untergrund

Christiane Weihe

Als sie auf dem Tempelhofer Feld bohrten, war sogar eine Kampfmittelräumungstruppe dabei. Für den Fall, dass beim Graben doch eine Weltkriegsbombe auftaucht. Aber auch an vielen anderen Orten Berlins war dieses Projekt eine Herausforderung: An 52 Standorten entnahmen Forscherinnen der HU Berlin dem Untergrund der Hauptstadt 803 Bodenproben. Sie wollten herausfinden, wie viel Kohlenstoff in ver- und entsiegelten Böden zu finden ist (Projekt Kosie). „Bislang gibt es kein systematisches Management der Kohlenstoffspeicher in den Böden Berlins“, erklärt Prof. Dr. Jutta Zeitz, Projektleiterin und Universitätsprofessorin a.D. „Dabei kann ein genaueres Wissen darüber beim Boden- und Klimaschutz helfen.“

In einem Vorgängerprojekt hatten die Wissenschaftlerinnen ein Planungsinstrument entwickelt, um den Kohlenstoff in Böden zu bestimmen und zu bewerten, sowie den Kohlenstoff im Boden unterschiedlicher Nutzungstypen wie Parks, Kleingärten oder Forsten analysiert. „Etwa ein Drittel der Fläche Berlins ist aber versiegelt, daher ist es wichtig, auch diese sehr speziellen Böden zu betrachten.“ Das Projektteam analysierte, unterstützt durch das Land Berlin, in 12 Stadtbezirken Böden, die etwa mit Asphalt, Beton oder Pflastersteinen belegt sind, sowie bereits bekannte, entsiegelte Flächen. „Es war gar nicht so einfach, geeignete Flächen zu finden. Zum einen, weil es in Berlin bislang keine gute Dokumentation entsiegelter Böden gibt. Zum anderen, weil wir erst mal versiegelte Flächen finden mussten, bei denen wir ohne allzu großen Aufwand Bodenproben entnehmen konnten. Immer, wenn wir auf eine fachlich passende Baustelle getroffen sind, haben wir gefragt, ob das möglich ist.“

Die Proben analysierten die Expertinnen dann mit einem neuen technogenen Verfahren. „Dies war nötig, um humusbürtigen organischen Kohlenstoff etwa von altem Teer zu unterscheiden.“ Die Ergebnisse zeigen, dass vollversiegelte Böden nur geringe Mengen des schützenswerten Kohlenstoffs speichern. Hier sind es im Mittel 1,4 Kilogramm pro Quadratmeter Boden, bei entsiegelten Flächen 3,6 Kilogramm. „Die höchsten Werte haben wir übrigens bei Kleingärten gesehen. Hier liegen die Werte bei bis zu gut 18 Kilogramm. Dies liegt an der Nutzung, aber auch oft an Böden, die zu feucht zum Bauen sind und deswegen für Kleingärten genutzt werden. Nur in Mooren wird in Berlin mehr Kohlenstoff gespeichert.“ Neben einem niedrigen Versiegelungsgrad erhöht sich die natürliche Kohlenstoffspeicherung zudem unter anderem durch eine intensive und tiefwurzelnde Vegetation sowie das Fehlen von künstlichen Substraten oder Schutt im Boden. „Unser Fazit ist daher unter anderem, dass Versiegelungsflächen möglichst klein sein sollten, es große Fugen in Oberflächenbelägen braucht und entsiegelte Flächen möglichst vollständig mit Pflanzen bedeckt werden“, so Professorin Zeitz.

Die in den Projekten gewonnenen Daten stehen dem Berliner Senat zur Verfügung, die Stadtbezirke können sie für ihre Planung nutzen. So können sie dafür sorgen, Böden mit hohem Kohlenstoffvorrat zu schützen. Sie wissen nun aber auch, wie viel Kohlenstoff durch Baumaßnahmen verloren geht, und können ihn an anderer Stelle kompensieren. „Schön wäre natürlich auch, wenn Kosie einen Anreiz gibt, weniger Böden zu versiegeln.“