Die Rolle natürlicher Senken für die Klimaneutralität
Mit Hilfe des Landnutzungssektors soll das Ziel des Bundes-Klimaschutzgesetzes, bis 2045 Klimaneutralität zu erlangen, erreicht werden. Welche Potenziale natürliche Senken in Deutschland für den Klimaschutz haben und wie sie dazu beitragen können, das Ziel von minus 40 Millionen CO2-Äquivalenten zu erreichen, zeigt ein Kurzgutachten, welches das Öko-Institut im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur (dena) erstellt hat.
Mehr CO2 binden als ausstoßen
Der Landnutzungssektor (Land use, land use change and forestry – LULUCF) ist auf dem Weg zur Klimaneutralität Deutschlands fest als sogenannte Netto-Senke eingeplant. LULUCF umfasst alle Emissionen, die durch die Bewirtschaftung von Wäldern (Holzentnahme) und mineralischen sowie organischen Acker- und Grünlandböden entstehen, sowie aus Feuchtgebieten und Siedlungen. Außerdem werden die Emissionen erfasst, die durch die geänderte Landnutzung entstehen sowie durch Senken entzogen werden.
Eine Netto-Senke liegt dann vor, wenn insgesamt mehr CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen und gebunden wird, als durch das Ökosystem wieder in die Atmosphäre gelangen. Die wichtigste natürliche Senke in Deutschland ist der Wald, wo die Bäume auf elf Millionen Hektar Fläche CO2 aufnehmen und speichern. Die Senkenleistung des Waldes liegt derzeit bei minus 60 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr, wird aber aktuellen Projektionen zufolge stark zurückgehen.
Restemissionen durch Netto-Senkenleistung ausgleichen
Bis zum Jahr 2045, in dem Deutschland treibhausgasneutral sein will, müsste der LULUCF-Sektor die verbleibenden Emissionen durch eine Netto-Senkenleistung ausgleichen. Um diese zu erreichen, müssen unter anderem die heutigen Emissionen aus der Landnutzung aus Acker- und Grünland von über 40 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten mehr als halbiert werden.
Moorböden wiedervernässen, Torfabbau stoppen
Damit der LULUCF-Sektor eine Netto-Senke bleibt, müssen vor allem die Emissionen, die aus der Bewirtschaftung von Moorböden entstehen, deutlich vermindert werden. Derzeit stammen aus dieser Quelle etwa zwei Drittel der Gesamtemissionen aus dem LULUCF-Sektor.
Vermeidung, Wiedervernässung, Waldwachstum
Besonders relevant zur Vermeidung von Emissionen im Landnutzungssektor in Deutschland ist die Wiedervernässung von Moorböden und das Ende des Torfabbaus, da sie das höchste Minderungspotenzial pro Flächeneinheit zeigen.
„Alleine das wird ein Kraftakt“, sagt Judith Reise, die das Gutachten mit erstellt hat. „Aber es lohnt sich: Studien zeigen, dass eine Wiedervernässung von 20 Prozent (278.000 Hektar) der trockengelegten Moore, die derzeit landwirtschaftliche Fläche sind, bis zu 27 Tonnen CO2-Äquivalente pro Hektar bis 2030 gegenüber 2020 einsparen kann.“ Diese können dann entweder als Moore geschützt werden oder als Kulturland für entsprechende Pflanzen (Paludikultur) und extensives Feuchtgrünland weiter genutzt werden.
Extensive Nutzung der Wälder in Mischwaldbeständen
Um mehr CO2 aus der Atmosphäre zu binden und langfristig zu speichern, ist die extensive Nutzung der Wälder in resilienten, naturnahen Mischwaldbeständen wichtig. Denn diese führt zu einem Aufbau von Kohlenstoff im Wald. Außerdem kann über Aufforstungen und die Etablierung von Gehölzstrukturen auf Ackerflächen (Agroforst) effektiv Kohlenstoffbindung erreicht werden.
Sechs Optionen zur Rettung natürlicher Senken
Das Forschungsteam um Judith Reise hat in dem Gutachten sechs Optionen zusammengestellt, wie der LULUCF-Sektor durch extensive Nutzung, Renaturierung und den Schutz von natürlichen Senken einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität leisten kann.