Energiearmut, Vulnerabilität und Klimaschutz: Maßnahmen zur Unterstützung betroffener Haushalte
Etwa 10 Prozent der Haushalte in Deutschland sind vulnerabel gegenüber steigenden Energiepreisen, das heißt, sie können nicht nach Bedarf heizen oder sind durch ihre Energiekosten sehr stark belastet. Dies entspricht ungefähr drei Millionen der insgesamt 30 Millionen Haushalte, die derzeit noch mit fossilen Brennstoffen heizen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Öko-Instituts, die im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellt wurde.
Eine Frage der Definition
Konkrete Definitionen von „Energiearmut“ und „Vulnerabilität“ waren Ausgangspunkt der Untersuchung. Diese braucht es, damit die Bezugsgruppe definiert und der Finanzierungsbedarfe sowie geeignete Maßnahmen ermittelt werden können. Die Studie hebt dabei hervor, dass Energiearmut und Vulnerabilität nicht als Teil der allgemeinen Armut zu verstehen sind, sondern als eigenes strukturelles Problem. Auf einen Anstieg fossiler Energiepreise, etwa infolge der CO2-Bepreisung, können betroffene Haushalte aufgrund von Budgetrestriktionen oder mangelnden Entscheidungsbefugnissen nicht ausreichend mit Investitionen in die energetische Sanierung oder erneuerbare Wärme reagieren.
Bei der Abschätzung der Größenordnung der betroffenen Haushalte gilt es weiterhin Datenlücken, vor allem hinsichtlich des Gebäudebestandes, zu schließen. Das Einkommen, die Ausgaben für fossile Heizkosten sowie die Gebäudeeffizienz bieten sich als Indikatoren zur Begriffsbestimmung an. Bislang gibt es allerdings nur wenige Daten über die Energieeffizienz des Gebäudebestands in Deutschland und es fehlen Informationen, die die Energieeffizienz der Gebäude mit den sozioökonomischen Daten der Bewohner verknüpfen.
Widerstandskraft vulnerabler Haushalte erhöhen
Dafür braucht es einen Perspektivwechsel, der durch EU-Regularien nach Deutschland kommt. So wird in 2026 der EU-Klima-Sozialfonds eingeführt, der einen Fokus auf vulnerable Gruppen legt. Und die neue Energieeffizienz-Richtlinie (EED) enthält beispielsweise eine Definition für Energiearmut und denkt energiearme Haushalte mit.
Ein sozial differenziertes Förderprogramm initiieren: MaPrimeRénov‘ als Vorbild
Das französische Förderprogramm MaPrimeRénov‘ (Meine Renovierungsprämie) zeichnet sich vor allem durch Inklusivität aus, da es einkommensschwachen Haushalten eine höhere finanzielle Förderung bei der energetischen Gebäudesanierung bietet. Darüber hinaus spiegeln die darin enthaltenen Fördersätze das Niveau der Effizienzverbesserung gegenüber dem ineffizienten Ausgangszustand wider.
Auch für Deutschland bietet sich die Entwicklung eines sozial differenzierten, einkommensabhängigen Förderprogramms für Energieeffizienzverbesserungen im Wohnbereich an. Dr. Katja Schumacher erklärt: „Ein solches Programm würde über den derzeitigen Einkommensbonus für den Heizungstausch hinausgehen und sich auf die vollständige Sanierung und den damit erzielbaren Effizienzgewinn konzentrieren. Es zielt damit auf vulnerable Gruppen ab und fördert gleichzeitig die Energieeffizienz sowie CO2-Minderung.“
Die Finanzierung eines solchen sozial differenzierten Programms könnte aus der bestehenden Bundesförderung für effiziente Gebäude stammen, die zur Zeit allen Gebäudeeigentümer*innen unabhängig vom Einkommen den gleichen Fördersatz bietet. Insbesondere für vulnerable Haushalte könnten auch Mittel aus dem Klima-Sozialfonds zur Verbesserung der Gebäudeeffizienz eingesetzt werden. Eine Umstrukturierung der aktuellen nationalen Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude oder die Verwendung zusätzlicher Mittel aus ETS-2-Einnahmen und Klima-Sozialfonds wären Optionen zur Finanzierung des sozial differenzierten Programms für energieeffiziente Gebäude.
Auch die Ausweitung von Informationskampagnen und Beratungsangeboten wie dem Stromspar-Check unterstützen vulnerable Haushalte wesentlich dabei, ihren Energieverbrauch zu senken. Hier stehen zumeist Verhaltensänderungen und kleinere technische Verbesserungen im Vordergrund.
Bericht „Identifying and supporting vulnerable households in light of rising fossil energy costs“ des Öko-Instituts
Soziale Aspekte und Klimaschutz beim Wohnen
Umfangreiche Daten, Grafiken, Studien und Projektergebnisse zum sozialen, klimafreundlichen und flächeneffizienten Wohnen bietet die Website wohnen.oeko.info des Öko-Instituts.