Globale Lieferketten: freiwillige Standards analysiert
Ob Textilien, Soja oder Gold – nicht selten stammen Produkte und Rohstoffe aus Ländern, in denen Umwelt- und Sozialstandards nicht den Anforderungen der EU oder Deutschlands entsprechen. Gleichzeitig gibt es in zahlreichen Ländern Defizite in der politischen Steuerung und staatlichen Durchsetzung von Standards für den Arbeits- oder Umweltschutz. Ein aktuelles Eigenprojekt des Öko-Instituts hat nun untersucht, welchen Beitrag freiwillige private Initiativen leisten, um Sozial- und Umweltstandards zu verbessern. Die Untersuchung systematisiert die verschiedenen Ansätze und zeigt anhand von Best-Practice-Beispielen ihre Wirkungsweisen auf.
Vielzahl privater Initiativen mit verschiedenen Schwerpunkten
Das Working Paper des Öko-Institut zeigt, dass es eine Vielzahl solcher privater Initiativen gibt, die sehr verschiedene Schwerpunkte setzen. So geben sie etwa Lieferanten vor, welche Verhaltenskodexe diese einhalten müssen. Sie sind entweder als übergreifende Leitlinien für die nachhaltige Unternehmensführung formuliert, wie beispielsweise die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, oder sprechen bestimmte Schwerpunkte an wie etwa die ILO-Kernarbeitsnormen für den Arbeitsschutz. Einige der Initiativen gelten themenübergreifend für bestimmte Branchen etwa die Bergbau- oder die Textilindustrie; andere befassen sich branchenübergreifend mit einem spezifischen Thema wie zum Beispiel Zwangsarbeit.
„Dabei gibt es grundsätzlich ein Spannungsverhältnis zwischen der Höhe der Anforderungen und der Zahl der teilnehmenden Unternehmen“, erläutert Dr. Nele Kampffmeyer, Leiterin des Projekts am Öko-Institut. „Je strenger der Standard, desto weniger Unternehmen lassen sich in der Regel zertifizieren und die Initiative bleibt entsprechend in der Nische, wie beispielsweise Fairtrade. Anders weichere Standards, wie etwa der Global Compact der Vereinten Nationen, die von sehr viel mehr Unternehmen genutzt werden. Allerdings bleiben diese in der Ausgestaltung häufig viel unverbindlicher.“
Best Practice: Gute Beispiele im Detail analysiert
Das Working Paper identifiziert zu zentralen Herausforderungen des Lieferketten-Managements Best-Practice-Beispiele, die vorbildlich die beschriebenen Probleme angehen. So wird beispielsweise der Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh als Beispiel für die Verbesserung staatlicher Institutionen genannt. In dieser Initiative arbeiten Textilunternehmen, Arbeitnehmerorganisationen und staatliche Akteure zusammen, um die Bedingungen im Textilsektor in Bangladesch zu verbessern. Ihr Ziel ist nicht zuletzt, Druck auf die Regierung in Bangladesch auszuüben, um die Gesetzgebung zur Arbeits- und Gebäudesicherheit langfristig zu verbessern und sie bei der Durchsetzung dieser Gesetze zu unterstützen.
Ein weiteres zentrales Problem für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement ist die Transparenz. Als gutes Beispiel für hohe Transparenzstandards führen die Autorinnen und Autoren die Fear Wear Foundation an. Sie veröffentlicht Auditergebnisse und ordnet sie einzelnen Abnehmerfirmen zu. Zudem sind Unterlagen zum weiteren Vorgehen einsehbar. Dort wird beschrieben, wie sowohl die Käuferfirma als auch der Hersteller auf Beanstandungen reagiert haben und welche Maßnahmen getroffen wurden, um das Problem zu lösen.
„Unser Analyse zeigt, dass die freiwilligen Initiativen schon heute einen Beitrag zu Verbesserungen beim Umwelt-, Arbeits- und Gesundheitsschutz leisten“, fasst Kampffmeyer zusammen. „Damit diese Ansätze aber aus der „Nische“ herauskommen, sind ergänzende staatliche Maßnahmen in den Industrieländer dringend notwendig“ So sollte beispielsweise auf mehr Kohärenz in der Außenhandelspolitik etwa beim Abschluss von Handelsverträgen oder auf Sozial- und Umweltstandards in der öffentlichen Beschaffung geachtet werden.