Schnell und ambitioniert: Empfehlungen für den Wandel zur Green Economy
Die ökologischen Ziele erreichen und gleichzeitig Wertschöpfung und Beschäftigung erhalten: Das ist die zentrale Herausforderung beim Wandel zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft. Dieser läuft erfolgreicher, wenn Trends und Herausforderungen früh erkannt und die notwendigen Transformationsschritte vorausplanend und zielgerichtet angegangen werden. Das zeigt die Analyse vergangener Strukturwandelprozesse.
Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft
Einen klaren Blick auf anstehende Veränderungen können regelmäßige Branchen-Screenings bringen. Sie zeigen, welche Wirtschaftszweige wegen hoher Umweltbelastungen oder wegen Klimawandel und Digitalisierung unter Druck geraten.
Die Politik muss den anstehenden Wandel zur Green Economy durch klare, ambitionierte und langfristige Ziele und verlässliche Rahmenbedingungen mitgestalten.
Eine sektorübergreifende und transnationale Roadmap, beispielsweise für die Chemieindustrie und andere energieintensive Branchen, kann Fragen klären wie: Welche grünen Strom- und Wasserstoffmengen werden benötigt? Wo kommen diese her? Wo liegen geeignete Schnittstellen zwischen in- und ausländischen Wertschöpfungsketten?
Die Unternehmen selbst müssen sich schnell auf den Wandel einstellen und ihre Strategie bestimmen. Sie müssen rechtzeitig Kompetenzen – und womöglich auch neue Geschäftsfelder – sowie verlässliche Lieferketten mit neuen Akteuren aufbauen.
Lange Planungs- und Investitionszyklen berücksichtigen
Diese Handlungsempfehlungen hat ein Forschungsteam vom Öko-Institut und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI im Projekt „Ökologischer Strukturwandel“ (2018-2021) im Auftrag des Umweltbundesamts entwickelt. Die Wissenschaftler*innen haben dazu qualitative und quantitative Analysen sowie Stakeholder-Workshops durchgeführt. Manche Empfehlungen gewinnen durch den Krieg in der Ukraine noch einmal an Dringlichkeit.
Das Forschungsteam betrachtete zwei Branchen genauer: die Automobil- und die Chemieindustrie, letztere mit Fokus auf sogenannte Basis-Chemikalien. Das sind wenig differenzierte aber in großen Mengen hergestellte Ausgangsprodukte. Beide Branchen haben lange Planungs- und Investitionszyklen: Der Planungsvorlauf beispielsweise für Pkw-Modelle liegt bei mehreren Jahren und die Fahrzeuge sind dann für zehn bis zwanzig Jahre auf der Straße. Große Produktionsanlagen in der Chemieindustrie haben in der Regel eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten.
„Um Investitionsfehlentscheidungen oder gar spätere Strukturbrüche zu vermeiden und den Wandel zur Green Economy auch sozial gerecht auszurichten, muss er schnell angegangen und frühzeitig gestaltet werden. Abwarten und den Kopf in den Sand zu stecken, wäre die schlechteste aller Optionen“, sagt Dirk Arne Heyen, Senior Researcher beim Öko-Institut und Leiter des Projekts.
Unterschiedliche Strukturwandeltypen
Aus dem breiten Branchen-Screening im Projekt hat die Forschungsgruppe verschiedene Strukturwandeltypen abgeleitet. Diese präzisieren, wo der Änderungsdruck einer Branche besonders groß ist:
- Ressourcenbezogener Strukturwandel: Der Änderungsdruck entsteht durch die Verknappung oder Verteuerung von Energie oder von bisher benötigten Rohstoffen. Dies kann ökonomisch oder umweltpolitisch bedingt sein.
- Produktionsbezogener Strukturwandel: Der Änderungsdruck entsteht durch neue, effizientere Verfahren in der Produktion oder durch ökologische Probleme und umweltpolitische Beschränkung der bisherigen Produktionsweise.
- Produktbezogener Strukturwandel: Der Änderungsdruck entsteht durch ökologische Probleme auf Ebene des Endprodukts.
Zum überwiegenden Teil handelt es sich in den zehn ermittelten „Hotspot-Branchen“ um einen ressourcenbezogenen Strukturwandel, wie zum Beispiel bei der Chemieindustrie. Seltener ist der produktionstechnologische und produktbezogene. Die Automobilwirtschaft steht in erster Linie vor einem produktbezogenen Strukturwandel. Bei manchen Branchen ist es auch eine Mischung. So steht etwa die Landwirtschaft vor einem ressourcen- und produktionstechnisch bedingten Wandel.
Alle Umweltdimensionen beachten
Die Betrachtung von unterschiedlichen Umweltdimensionen im Branchen-Screening zeigt, dass nicht nur Klimawandel und -schutz wesentliche Treiber für strukturelle Änderungen sind. Auch ökologische Probleme wie Flächeninanspruchnahme, Rohstoffnutzung, Wasserverbrauch – und entsprechende Knappheiten – sowie Luftverschmutzung oder Abfallaufkommen üben Druck. Nur die ganzheitliche Betrachtung von Herausforderungen unterstützt dabei, Handlungsnotwendigkeiten und Risiken von Problemverlagerungen möglichst früh zu erkennen.
Broschüre „Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft: Den Strukturwandel erfolgreich gestalten“ von Öko-Institut und Fraunhofer ISI (auch auf Englisch verfügbar)
Das Projekt „Ökologischer Strukturwandel“ von Öko-Institut und Fraunhofer ISI