Spenden

Transdisziplinäre Forschung durch institutionelle Verankerung stärken und voranbringen

  • Dr. Melanie Mbah
    Forschungskoordinatorin für Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung / Senior Researcher Nukleartechnik & Anlagensicherheit

Steuerungsgruppe der tdAcademy mit Staatssekretär Dr. Karl-Eugen Huthmacher*

Auf der ersten Jahrestagung der Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung e.V. (GTPF) standen „Neue Horizonte in der transdisziplinären Forschung“ im Vordergrund des Programms. Am 2. und 3. April wurden bisherige Arbeitsergebnisse ausgetauscht sowie nächste Schritte für die Stärkung der transdisziplinären Forschung – also einem Forschungsmodus der gemeinsam mit der Praxis Wissen erarbeitet – diskutiert. Erste Schritte für eine Institutionalisierung transdisziplinärer Forschung sind mit der tdAcademy – einer Forschungs- und Community-Plattform für Transdisziplinarität – und deren Verstetigung in der GTPF erfolgt, nun gilt es diese fortzuführen und Transdisziplinarität in der Forschung noch stärker institutionell zu verankern.

Potenziale transdisziplinärer und partizipativer Forschung

Eröffnet wurde die zweitägige Veranstaltung in Frankfurt am Main von Dr. Karl-Eugen Huthmacher, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der aufzeigte, wie wichtig transdisziplinäre Forschung gerade auch in Krisenzeiten ist: „Wissenschaft und Forschung sind von entscheidender Bedeutung, um drängende Herausforderungen wie die Klimaerwärmung und den Artenverlust zu bewältigen. Es ist eine große Chance, wenn dabei das Praxis- und Erfahrungswissen aus Unternehmen, Kommunen und Zivilgesellschaft frühzeitig und eng in den Forschungsprozess eingebunden wird. So entstehen Innovationen, die in der Realität auch tatsächlich funktionieren und die von den Menschen angenommen werden.“

Neben der Metaforschung über Transdisziplinarität, welche in der tdAcademy entlang vier zentraler Themenlinien – wissenschaftliche Wirkungen, gesellschaftliche Wirkungen, Kontextabhängigkeiten und neue Formate – durchgeführt wurde stand bei der Jahrestagung insbesondere die Frage nach der Stärkung transdisziplinärer Forschung im Wissenschaftssystem und in der Politik im Fokus.  

Etablierung im Wissenschaftssystem

Erster Ansatzpunkt für die Stärkung des transdisziplinären Forschungsmodus ist die Wissenschaft selbst. Hier gilt es bereits bestehende transdisziplinäre Projekte wie auch Strukturen an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen, sichtbar zu machen. Im nächsten Schritt sollte eine dafür notwendige Forschungsinfrastruktur aufgebaut bzw. Vorhandene an den Bedarfen transdisziplinärer Forschung ausgerichtet werden, so dass sie transdisziplinär Forschende unterstützen und entlasten kann.

Darüber hinaus sollte ein neues Exzellenzverständnis entwickelt werden, das weniger stark klassische Publikationsleistungen von Forschenden in den Blick nimmt, sondern Beiträge zu gesellschaftlicher Transformation durch beispielsweise Verständigungsprozesse und die Entwicklung und Stärkung neuer Netzwerke und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Praxis mit eher gesellschaftlich orientierten Outputs honoriert.
Dr. Melanie Mbah
Forschungskoordinatorin für Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung

Hierbei ist die Qualität transdisziplinärer Forschung zentral, für welche ein gemeinsames Verständnis über Qualitätskriterien notwendig ist, um diese auch gegenüber Politik und Forschungsfördernden zu stärken. Zudem würde dadurch die Attraktivität transdisziplinärer Ansätze in der Wissenschaft selbst erhöht.

Auf der PartWiss – einer vom BMBF finanzierten Konferenzreihe, bei der die GTPF zu den assoziierten Partner*innen gehört – wurde bereits ein "Leitfaden für Partizipation in der Forschung" entwickelt. In diesem finden Akteure praktische Hilfestellungen für Start und Durchführung partizipativer Projekte. Geplant sind zwei weitere Konferenzen, an denen jeweils die Mitgliederversammlung der GTPF stattfindet. Diese Tagungsreihe dient der Vernetzung und dem Austausch der unterschiedlichen Forschungs-Communities aus der partizipativen und transdisziplinären Forschung und stellt daher eine wichtige Säule für die Stärkung dieser Forschungsmodi dar.

Capacity Building: Weiterbildungsformate ausbauen

Damit mehr Wissenschaftler*innen transdisziplinär arbeiten können, braucht es zudem mehr Weiterbildungsformate, in denen Prozesse und Vorteile des Forschungsansatzes erfahrbar werden. Während der Jahrestagung gab es Einblicke in einige der Lehr- und Weiterbildungs-Formate, die im Rahmen der tdAcademy entwickelt und durchgeführt wurden. Ein Lehrformat basiert auf transdisziplinären Fallstudien, mittels derer Studierende in Rollenspielen unterschiedliche Perspektiven einnehmen und transdisziplinäre Forschung erfahren können. Ein anderes Lehrformat ist das Konzept (trinationaler) Summer Schools, das ca. 20 PhD-Kandidat*innen und Masterand*innen aus diversen Disziplinen die Möglichkeit bietet, interaktiv innovative Formate und Methoden  transdisziplinärer Forschung an einem Fallbeispiel zu erproben. Und auch für Projektmitarbeitende und -leitende wurden Weiterbildungs-/Unterstützungs-Formate entwickelt, beispielsweise zu gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Wirkungen.

*Personen auf dem Foto (von links nach rechts): Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer (ZTG/TU Berlin), Prof. Dr. Daniel Lang (ITAS am KIT), Dr. Melanie Mbah (Öko-Institut), Dr. Alexandra Lux (ISOE), Dr. Karl-Eugen Huthmacher (Staatssekretär im BMBF), Dr. Michael Kreß-Ludwig (ISOE)

Die Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung e.V. (GTPF), die 2023 von Wissenschaftler*'innen auf Initiative der tdAcademy und ihres Partner*innenkreises gegründet wurde, versteht sich als Anlaufstelle und unabhängige Interessensvertretung für transdisziplinär und partizipativ Forschende, auch gegenüber Politik und Förderinstitutionen. Sie dient als Plattform für Interessenvertretung, Vernetzung und Austausch – auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Dr. Melanie Mbah, Forschungskoordinatorin für Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung am Öko-Institut ist Gründungsmitglied der neuen Gesellschaft. Zur Homepage der GTPF: https://www.gtpf.science/.