Wege für ein klimaneutrales Baden-Württemberg 2040
Baden-Württemberg strebt bis 2040 Treibhausgasneutralität und bis 2030 eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Land um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 an. Diese Ziele sind bereits gesetzlich verankert. Ein Forschungskonsortium unter Beteiligung des Öko-Instituts legt nun konkrete Vorschläge vor, wie diese Ziele erreicht werden können. Wichtigste Maßnahmen für ein treibhausgasneutrales Baden-Württemberg: die vollständig CO2-freie Energienutzung in Industrie, Verkehr, im Gebäudesektor sowie der Strom- und Fernwärmeerzeugung. Dazu müssen insbesondere die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden, aber auch die Effizienz in Gebäuden und in der Industrie muss weiter steigen.
Folgende Maßnahmen sollten frühzeitig angegangen werden:
- Gebäude: höhere Effizienzanforderungen für Sanierung und Neubau, differenzierte Landesförderung für Sanierungsmaßnahmen, Gebäude-Coaching, Heizungsberatung, Verbrennungs-Stopp fossiler Brennstoffe in Heizsystemen ab 2040, Verbot fossiler Heizsysteme im Neubau
- Verkehr: verpflichtende kommunale Klimamobilitätsplanung, Drittnutzerfinanzierung ÖPNV etwa durch Arbeitgeber, verkehrswendetaugliche Landesbauordnung
- Industrie: Bündnis für die Transformation der Schwerindustrie, Förderung Schnellstart Hochtemperatur-Wärmepumpen in der Industrie, CO2-Transportnetz in Baden-Württemberg
- Energiewirtschaft: Fortschreibung der Flächenziele für Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen, Prüfung einer Ausweitung der PV-Pflicht, Ziele für CO2-freie Wärmenetze
- Landwirtschaft: Förderung ökologischer Landwirtschaft, Weiterentwicklung und Umsetzung Ernährungsstrategie BW
Treibhausgasneutralität nur über die Nutzung von Senken erreichbar
Langfristig bleiben jedoch Restemissionen insbesondere aus der Landwirtschaft, Industrieprozessen wie der Zementherstellung sowie der Abfallwirtschaft – insgesamt 2,4 Millionen Tonnen Treibhausgase im Jahr 2040. Um Treibhausgasneutralität zu erreichen, müssen deshalb unvermeidbaren Emissionen aus der Atmosphäre entzogen werden. In Baden-Württemberg ist der Wald die bedeutendste Senke zur Speicherung von Kohlenstoff.
„Natürliche Senken sind allerdings bei der Berechnung zukünftiger Treibhausgasemissionen mit einem hohen Risiko verbunden, etwa weil der Klimawandel selbst die Leistung von Bäumen CO2 zu speichern negativ beeinträchtigt“, erläutert Dr. Veit Bürger, Leiter des Bereichs Energie & Klimaschutz. „Deshalb kann es auch nötig werden, CO2 mittels technischer Lösungen zu erfassen und zu speichern, zum Beispiel über das sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS)-Verfahren.“
Da Baden-Württemberg selbst nicht über geeignete technische Lagerstätten für CO2 verfügt, muss das Land Infrastrukturen für den Transport zu geeigneten Lagerstätten in anderen Bundesländern entwickeln.
Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern
Im Rahmen der Gesamtstudie hat sich das Öko-Institut insbesondere mit der Lastenverteilung zwischen den Bundesländern auseinandergesetzt, also der Frage, welchen Beitrag die verschiedenen Länder leisten müssen, um das Klimaziel des Bundes zu erreichen. Denn zum einen liegen wirkmächtige Klimaschutzinstrumente in der Hand des Bundes, wie etwa das Gebäudeenergiegesetz oder das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), zum anderen hängen die Potenziale der Bundesländer zur Minderung und Speicherung überschüssiger Treibhausgasemissionen stark von den lokalen Gegebenheiten ab, zum Beispiel davon, über welche Landwirtschafts- oder Waldflächen ein Land verfügt.
Grundsätzlich gilt: Alle Bundesländer müssen ihre Treibhausgase äußerst ambitioniert mindern. Daher müssen die Länder ihre energiebedingten Emissionen in allen Sektoren durch Effizienz und erneuerbare Energien auf Null reduzieren. Der Ausgleich von Emissionen durch natürliche oder technische Senken ist mengenmäßig begrenzt, daher verbleibt nur für unvermeidbare Restemissionen die Optionen für einen Ausgleich. Dies gilt unabhängig davon, welches Bundesland über die Senke verfügt. Die Länder müssten untereinander die Regeln für den entsprechenden Lastenausgleich aushandeln. Im vorliegenden Vorhaben werden zwei Varianten skizziert, wie die Länderziele diesen Lastenausgleich reflektieren könnten.